12 Gründe, warum progressives Christentum aussterben wird

In einem viel beachteten Artikel führt der US-amerikanische katholische Priester und Autor Dwight Longenecker 12 Gründe an, warum „progressives“ Christentum keine Zukunft hat. Seine Analyse dürfte auch die Situation in Deutschland relativ gut beschreiben. Nachfolgend einige Auszüge daraus in einer deutschen Übersetzung. Der vollständige englische Originalartikel wurde hier veröffentlicht.
Hervorhebungen wurden nachträglich eingefügt.

Historische Christen glauben, dass ihre Religion von Gott in der Person seines Sohne Jesus Christus offenbart wurde und dass die Schrift das wichtigste Zeugnis dieser Offenbarung ist. Sie glauben, dass die Kirche die Verkörperung des auferstandenen Herrn Jesus in der Welt ist und dass sein Auftrag, die Verlorenen zu suchen und zu retten, immer noch gültig und wichtig ist.

Progressive Christen glauben, dass Jesus Christus bestenfalls ein göttlich inspirierter Lehrer ist, dass die Schriften fehlerhafte, menschliche Dokumente sind und dass die Kirche ein Leib von spirituell gesinnten Menschen ist, die gerne Frieden und Gerechtigkeit zu Allen bringen und die Welt zu einem besseren Ort machen möchten.

Ich weiß, ich verallgemeinere hier sehr stark, aber die grundlegende Trennung ist klar erkennbar, und Gläubige auf beiden Seiten geben zu, dass „historische“ und „progressive“ Christen in allen Denominationen existieren. Die reale Trennung in der Christenheit verläuft nicht mehr zwischen Protestanten und Katholiken, sondern zwischen progressiven und historischen Christen.

Schaut man sich die Dynamik der progressiven Christenheit genauer an, dann wird sie am Ende dieses Jahrhunderts entweder ausgestorben sein oder aufgehört haben, Christentum zu sein. Momentan tritt der Modernismus noch im christlichen Gewand auf, sowohl in den großen protestantischen Kirchen als auch in Teilen der katholischen Kirche. Das wird nicht mehr sehr lange der Fall sein aus 12 sehr einfachen Gründen:

1. Modernisten bezweifeln das Übernatürliche und sind deshalb nicht wirklich religiös. Bei Religion geht es um einen Austausch mit der anderen Welt. Es geht um die Rettung von Seelen, Erlösung von der Sünde, Himmel, Höllenverdammnis, das Leben nach dem Tod, Engel und Dämonen und ähnliche Themen. Progressive befassen sich mit all dem nicht. Für sie geht es bei Religion darum, für Gleichberechtigung zu kämpfen, die Welt zu einem besseren Ort zu machen, nett zu allen zu sein, und es geht ihnen um „Spiritualität“. Es dauert nicht lange, bis die Menschen realisieren, dass man dafür nicht in die Kirche gehen muss, und das bedeutet schließlich den Tod für die progressive Christenheit. Sie werden schlussfolgern, dass dann, wenn es bei Religion um nicht mehr als um gute Werke geht, das religiöse Ritual überflüssig ist… und sie hätten damit recht.

2. Progressive Religion ist im Wesentlichen individualistisch und nicht gemeinschaftsorientiert.

3. Progressives Christentum ist subjektiv und gefühlsbetont. Es meidet die Dogmatik. Wenn diese Einstellung vorherrscht, stirbt die modernistische Religion, weil ihre Anhänger es nicht mehr als nötig ansehen, sich irgendwo anzuschließen oder bestimmte Inhalte zu glauben.

4. Indem sie sich selbst von der Tradition abschneiden, werden sie (d.h. Progressive) nur das neueste religiöse Gimmick, die neueste Mode oder Anpassung an die aktuelle Kultur haben. Eine Religion, die Tradition zerstört, zerstört sich selbst.

5. Das Verwerfen der Verlässlichkeit der Bibel basiert auf einer rationalistischen Denkschule, die längst ihr Verfallsdatum überschritten hat.

6. Die progressive Christenheit wird aussterben, weil sie keine Forderungen an ihre Anhänger stellt. Frag irgendeinen Modernisten: „Warum sollte ein Christ zur Kirche kommen?“ Was wird er antworten? „Du musst nicht zur Kirche kommen. Sie ist da, wenn Du sie möchtest. Wenn es Dir gut tut und Du Dich dadurch besser fühlst sind wir da, um Dir zu dienen.“ Dieses Mitgefühl ist zwar lobenswert, aber sie sollten nicht überrascht sein, wenn niemand kommt.

8. Anhänger aller übernatürlichen Religionen verlangen moralische Reinheit, Selbstdisziplin und Selbstbeherrschung. Die Modernisten sehen Religion nicht als Infragestellung, sondern als Erfüllung der eigenen Bedürfnisse. Hedonisten werden bald begreifen, dass Religion – selbst in ihrer verwässerten modernen Form – den Stress nicht wert ist.

10. Progressive dachten immer, sie seien die Radikalen, aber sie sind mittlerweile Teil des Establishments. Sie gehen immer mit der Mehrheit, vor allem wenn die Mehrheit vorgibt, „radikal“ oder „subversiv“ zu sein. Das Ziel, von möglichst vielen Menschen respektiert zu werden, ist der Todeskuss für jede echte Religion.

11. Die historischen Christen sind jetzt die Radikalen. Wenn die ganze Welt liberal wird, sind es die Konservativen, die die Radikalen sind. Wenn moralische Dekadenz auf der ganzen Welt vorherrscht, wird Keuschheit radikal. Wenn die ganze Welt von Relativismus verschlungen wird, ist der Dogmatiker der Radikale. Wenn die ganze Welt von Materialismus geblendet wird, ist derjenige radikal, der an Wunder und Übernatürliches glaubt.

12. Das Dogma der Progressiven ist, dass „alle willkommen sind“. Sie verstehen nicht, dass eine Religion nur dann eine Religion sein kann, wenn es Grenzen gibt. Kein Club ohne Regeln für die Mitglieder und keine Kirche ohne Dogma und moralische Erwartungen. Die Türen der progressiven Kirchen mögen weit offen sein… aber das führt letztlich dazu, dass die Menschen die Kirchen so schnell wie möglich verlassen werden.

Siehe auch:

  • These 56: Die Kirche wächst auf Dauer nur, wenn sie der Bibel vertraut – Erfahrungen aus der weltweiten Kirche und der Kirchengeschichte

nonbiblipedia

4 Gedanken zu „12 Gründe, warum progressives Christentum aussterben wird“

  1. Ich weiß nicht, wo das progressive Christentum endet. Ich kann mir sogar vorstellen, dass sich die Christen in den Gemeinden und Kirchen derart filtern, dass sie letztlich gar nicht anders können, als sich zu wenigen. Einige Zeit später hätten wir zwei Religionen: Die historische Christenheit und eine neue, andere Religion.

    Wie auch immer es ist. Weder wir noch sie haben es in der Hand. Es ist Gott, der uns führt. Und ohne IHN ist das Bauen der Bauleute umsonst.

    Antworten
  2. Hallo Markus,
    ich frage mich, ob die Beschreibung von progressiven Christen stimmt. Jesus Christus sei bei ihnen bestenfalls ein göttlich inspirierter Lehrer. Ich habe mir einige Folgen von HossaTalk angehört und zumindest einer von den beiden (Jay), bezeichnet sich als progressiven Christen. Markus, du bist doch demnächst bei den beiden zu Gast, oder? Mich würde interessieren was die beiden zu dieser Beschreibung sagen.
    Viele Grüße
    Gerald

    Antworten
    • Hallo Gerald, der Text ist ja nicht von mir und entspricht nicht in allen Details meiner Meinung. Der Autor räumt außerdem ja auch selber ein, dass er vereinfachend schreibt. Bei Hossa Talk bin ich mir sicher, dass sie in Jesus mehr sehen als einen inspirierten Lehrer. Sie glauben z.B. an eine leibliche Auferstehung. Also man darf solche Beschreibungen und Schubladen nie anderen Individuen überstülpen. Aber in der Tendenz glaube ich trotzdem, dass hier etwas Reales beschrieben wird. Und ja: Ich bin im Frühjahr bei Hossa zu Gast. Mal sehen, über was wir da alles reden werden. Bin sehr gespannt darauf!

      Antworten
  3. “Die reale Trennung in der Christenheit verläuft nicht mehr zwischen Protestanten und Katholiken, sondern zwischen progressiven und historischen Christen.”
    Diesem Satz kann ich zustimmen, auch wenn ich anmerken muss, das dabei die Orthodoxen vergessen wurden.

    Wunder- und Dogmenglaube wider besseres Wissen ist für den Autor eine Voraussetzung dafür, zu den überlebensfähigen sog. historischen Christen zu gehören. Damit bin ich raus, obwohl ich mich ansonsten in vielen schlechten Tendenzen und Eigenschaften, die er den Progressiven gern zuordnen möchte, nicht wiederfinde.

    Aber ich werde weiter nach der Wahrheit suchen und versuchen, mich durch Jesus zu Gott führen zu lassen, dazu die Bibel lesen, Meister Eckhart, Dietrich Bonhoeffer und verschiedene andere als Berater hinzuziehen, Beten, Gemeinschaft mit anderen Christen haben und mich bemühen, Gutes zu tun. Totgesagte leben länger. Das gilt auch für das progressive Christentum.

    Antworten

Schreibe einen Kommentar zu Markus Antworten abbrechen