Wer ist Gott?

Eine göttliche Visitenkarte

Wir Menschen können über Gott nur dann etwas herausfinden, wenn er sich uns offenbart. Ohne Offenbarung bleibt alles Reden von Gott pure Spekulation. Wie gut, dass die Bibel diesen ganz besonderen Anspruch hat, genau das zu sein: Eine Selbstoffenbarung Gottes. Und wie gut, dass es im Fall der Bibel tatsächlich viele vernünftige Gründe gibt, diesen Selbstanspruch für gut begründet und glaubwürdig zu halten.

Umso mehr lohnt sich die Frage: Wie stellt sich uns dieser Gott denn in der Bibel vor? Was sagt er uns über sich selbst, sein Wesen und sein Handeln? In Jesaja 42, 24 – Jesaja 44,5 finden wir etwas ganz Besonderes: In wenigen Versen fasst Gott in einer ungewöhnlich verdichteten Form wesentliche Merkmale seines Wesens sowie die Grundprinzipien seines Handelns zusammen. Man könnte sagen: Der Abschnitt ist eine Art „göttliche Visitenkarte“.

Willst Du wissen, wer und wie Gott ist? Dann lies Dir seine Visitenkarte durch. Sie kann Dir helfen, auch viele andere biblische Texte zu verstehen und richtig einzuordnen. Und vor allem: Sie kann Dir helfen, diesen Gott besser zu verstehen und ihm tiefer zu vertrauen.

So ist unser Gott:

Der einzige und der souveräne Gott

»Es gibt keinen Gott, der vor mir erschaffen worden wäre und auch nach mir wird es keinen geben. Ich allein bin der Herr, es gibt keinen anderen Retter. Ich habe es selbst verkündigt und es euch wissen lassen. Dies kann man von dem fremden Gott, den ihr bei euch habt, nicht behaupten. Ihr seid meine Zeugen, dass ich der einzige Gott bin«, spricht der Herr. »Das bin ich auch weiterhin. Keiner kann aus meiner Hand entkommen. Ich wirke und niemand kann mich hindern.« (43, 10b-13)

Lange Zeit glaubten die meisten Menschen, es gäbe eine Vielzahl an Göttern, die sich gegenseitig in die Quere kommen. Mit diesem Gerücht räumt Gott hier vollständig auf. Er sagt: Es gibt nur mich! Und ich handle und entscheide absolut souverän!

Ein Gott, der in der Geschichte handelt

So spricht der Herr, der einen Weg durch das Meer bahnte, einen trockenen Pfad durch mächtige Fluten. Ich rief Streitwagen und Pferde, Heer und Befehlshaber herbei und ließ sie umkommen, damit sie nie mehr aufstehen. Sie wurden ausgelöscht und sind wie ein Docht verglommen. (43, 16-17)

Dieser Gott identifiziert sich nicht nur mit bestimmten Personen („der Gott Abrahams, Isaaks und Jakobs“) sondern ausdrücklich auch mit biblischen Ereignissen, von denen er sagt: Das war ich! Dieses Wunder habe ich vollbracht! Er ist also nicht nur ein ferner Gott jenseits von Raum und Zeit sondern ein naher Gott, der ganz real und konkret mit Menschen und Völkern Geschichte schreibt und jederzeit kraftvoll eingreifen kann.

Ein Gott, der die Weltgeschichte lenkt

Fürchte dich nicht, denn ich bin bei dir. Ich werde deine Kinder aus dem Osten holen und dich aus dem Westen sammeln. Zum Norden sage ich: `Gib her!´ Und zum Süden: `Halte niemanden zurück!´ Bring meine Söhne aus der Ferne, meine Töchter aus allen Winkeln der Erde – alle, die nach meinem Namen benannt sind, die ich zu meiner Ehre gemacht habe, die ich gebildet und erschaffen habe.« Bringt das Volk her, das blind ist, obwohl es Augen hat. Holt diejenigen herbei, die taub sind, obwohl sie Ohren haben. (43, 5-8)

Was Gott mit diesen Worten vor 2700 Jahren angekündigt hat, geschieht gerade jetzt live vor unseren Augen: Gott holt sein Volk Israel aus allen Himmelsrichtungen und aus allen Winkeln der Erde zurück und sammelt es in dem Land, das er Israel verheißen hat – ein absolut einmaliger Vorgang, für den es in der Weltgeschichte keine Parallele gibt! Bemerkenswert an dieser Vorhersage ist zudem das Detail, dass das Volk zum Zeitpunkt seiner Sammlung noch „blind“ und „taub“ ist. Das heißt vor allem: Es hat seinen Messias noch nicht erkannt (siehe dazu Römer 9 – 11, v.a. 11, 8). Umso mehr ist diese Passage ein starker Beweis dafür, dass dieser Gott die Zukunft kennt, dass er wirklich regiert und dass die Weltgeschichte tatsächlich auf das Ziel zuläuft, das dieser Gott festgelegt hat.

Ein richtender und zorniger Gott

Wer hat denn zugelassen, dass Jakob geplündert und Israel ausgeraubt wurde? War es nicht der Herr, gegen den wir gesündigt hatten? Das Volk wollte seinem Weg nicht folgen und gehorchte seinem Gesetz nicht. Deshalb hat er es seinen Zorn spüren lassen und in schreckliche Kriegsnot kommen lassen. Es brannte ringsherum, aber niemand begriff. Er setzte es in Brand, doch niemand nahm es sich zu Herzen. (42, 24-25)

Dieser Gott lässt keinen Zweifel daran, dass ihn unser menschliches Verhalten in keiner Weise kalt lässt. Eigentlich ist das kein Wunder, wenn man darüber nachdenkt, was für himmelschreiende Grausamkeiten sich dieser Gott permanent mit anschauen muss. Ein Gott, der die Liebe in Person ist (1. Johannes 4, 16), kann unmöglich kühl und distanziert bleiben, wenn seinen geliebten Geschöpften unfassbares Leid zugefügt wird, weil wir Menschen Gottes guten Geboten für ein gesundes Miteinander nicht folgen wollen. Auch wenn es heute kaum jemand hören will: Dieser Gott kann tatsächlich zornig werden. Er sorgt selbst dafür, dass unser menschliches Handeln (manchmal knallharte) Konsequenzen hat. Es ist weise und es gibt berechtigten Grund, diesen Gott zu fürchten (Psalm 111, 10).

Ein treuer Bündnis-Gott

Doch nun spricht der Herr, der dich, Jakob, geschaffen hat und der dich, Israel, gebildet hat: »Hab keine Angst, ich habe dich erlöst. Ich habe dich bei deinem Namen gerufen; du gehörst mir. Wenn du durch Wasser gehst, werde ich bei dir sein. Ströme sollen dich nicht überfluten! Wenn du durch Feuer gehst, wirst du nicht verbrennen; die Flammen werden dich nicht verzehren! Denn ich bin der Herr, dein Gott, der Heilige Israels, dein Heiland. (43, 1-3a)

Dieser Gott geht verbindliche Bündnisse mit Menschen ein und erweist sich darin als absolut treu. Selbst wenn solch ein Bündnis wie im Falle Israels durch schwere Krisen geht und selbst wenn wir Menschen unseren Bund mit Gott vergessen: Dieser Gott ist treu. Er benennt sich selbst trotz unserer Untreue und Fehlerhaftigkeit nach den Menschen, mit denen er den Bund geschlossen hat („Ich bin der Heilige Israels“). Zugleich ist er ein “Heiland”, ein Erretter. Er sorgt dafür, dass das Heil die Oberhand behält und der Bund bestehen bleibt. Wie gut, das zu wissen – vor allem, wenn ich auf mein eigenes wankelmütiges Herz schaue.

Ein Erlöser-Gott

Doch du hast mich nicht gerufen, Jakob. Um mich hast du dich nicht bemüht, Israel! Du hast mir keine Lämmer als Brandopfer gebracht und hast mich nicht mit Schlachtopfern geehrt. Ich habe dich nicht zu Speiseopfern gezwungen oder dir auferlegt, mir Weihrauch zu bringen. Du hast keine Gewürze für mich gekauft, hast mich nicht mit dem Fett von Opfertieren erfreut, nein, du hast mich mit deinen Sünden bedrängt und mich mit deinen bösen Taten ermüdet. Ich – ich allein – bin es, der deine Übertretungen um meiner selbst willen tilgt und nicht mehr an deine Sünden denkt. (43, 22-25)

In wenigen Worten fasst Gott hier das Drama der Menschheit und den göttlichen Erlösungsplan zusammen: Wir Menschen sind in einem Zustand, aus dem heraus wir Gott überhaupt nichts bringen können – außer unserer Sünde, die Gott schwer zu schaffen macht. Er selbst und er allein ist es, der unsere Sünden um seiner selbst willen tilgt. In Christus hat er am Kreuz genau das getan: Er ist stellvertretend für unsere Schuld gestorben, um unsere Sünden tilgen (und vergessen) zu können, und zwar nicht nur, um uns Menschen mit Gott zu versöhnen sondern auch „um seiner selbst willen“, das heißt um seinem eigenen Wesen, seiner Gnade und seiner Gerechtigkeit Genüge zu tun.

Ein sich offenbarender Gott

Denn ich werde Wasser auf Durstige ausschütten und das trockene Land mit Bächen bewässern. Ich werde meinen Geist auf deine Nachkommen und meinen Segen über deinen Kindern ausgießen. Sie werden wachsen wie Gras am Ufer, wie Weiden am Fluss. Manche werden von sich sagen: `Ich gehöre dem Herrn.´ Andere werden sich nach Jakob nennen. Wieder andere werden sich `Eigentum des Herrn´ auf die Hände schreiben und den Ehrennamen Israel annehmen. (44, 3-5)

Gott möchte, dass wir Menschen uns entscheiden, ganz zu ihm gehören zu wollen. Aber das tun wir Menschen nur dann, wenn Gott sich uns durch seinen Geist offenbart. Wo sein Geist ausgegossen wird, da wächst gute Frucht in Form von Menschen, die sich ganz bewusst der Herrschaft Gottes unterordnen und sich zu seinem Volk zählen. Seit Pfingsten geschieht das in der ganzen Welt. Und Paulus hat bestätigt, dass Gott das eines Tages auch in Israel tun wird (Römer 11, 25-27, vgl. Sacharja 12, 10!).

Ein berufender und erwählender Gott

Doch nun hör mir zu, Jakob, mein Diener, und Israel, mein Erwählter. So spricht der Herr, der dich geschaffen und gebildet hat und dir vom Mutterleib an beisteht: »Hab keine Angst, Jakob, mein Diener. Jeschurun[1], den ich erwählt habe. (44, 1-2)

Warum hat Gott ausgerechnet Abraham, Isaak und Jakob erwählt, um mit ihnen eine unfassbar spannende Geschichte zu starten? Warum hat er aus allen Nationen gerade das Volk Israel ausgesucht? Warum wurden gerade diese 12 Apostel ausgewählt, um die Kirchengeschichte zu beginnen? Wir wissen es nicht. Es gehört zur notwendigen Ehrfurcht vor diesem Gott, seine souveränen Entscheidungen dankbar anzuerkennen. Heute ist es unsere Aufgabe, unsere Berufung als Nachfolger Jesu anzunehmen und zugleich für das erwählte Volk Israel zu beten und es zu segnen (1. Mose 12, 3).

Ein Gott der unscheinbaren Neuanfänge

Seht hin; ich mache etwas Neues; schon keimt es auf. Seht ihr es nicht? Ich bahne einen Weg durch die Wüste und lasse Flüsse in der Einöde entstehen. Die wilden Tiere auf den Feldern werden mir danken, ebenso die Schakale und Strauße, weil ich meinem erwählten Volk Wasser in der Wüste und Ströme in der Einöde schaffe, damit es zu trinken hat. Ja, ich will in der Wüste Quellen entspringen lassen, damit mein auserwähltes Volk sich erfrischen kann. Es ist das Volk, das ich mir dazu erschaffen habe, von meinem Ruhm zu erzählen. (43, 19-21)

Abraham, Isaak, Jakob, Israel, David, Petrus, Paulus, Jesus: Die wichtigsten Player in Gottes Heilsgeschichte waren in den Augen der Welt unbekannte Nobodys in bedeutungslosen Provinzgegenden. Zur Zeit der Entstehung des Christentums hießen die wirklich bedeutenden Leute Cäsar und Nero. Aber heute nennen wir unsere Hunde nach den damaligen Weltstars und unsere Kinder Peter und Paul nach den christlichen Aposteln. Dieser Gott liebt es, seinen Ruhm dadurch deutlich werden zu lassen, dass er das Unscheinbare, das für Menschen kaum Sichtbare benutzt, um letztlich ganze Wüsten in erfrischende Quellorte zu verwandeln. Wir dürfen aus gutem Grund auch heute hoffen, dass aus kleinen Anfängen Großes erwachsen kann.

Was für ein unglaublicher Gott ist es doch, der sich uns in der Bibel vorstellt! Ich finde: Das ist ein Gott, in den man sich zurecht verlieben kann. Das ist ein Gott, dem zurecht unsere Hingabe und unsere Anbetung gebührt.

„Wo ist ein Gott wie du, der die Sünden vergibt und die Missetaten seines Volkes verzeiht? Der nicht für immer an seinem Zorn festhält, sondern der sich freut, wenn er barmherzig sein kann? Er wird sich wieder über uns erbarmen, alle unsere Sünden zertreten und alle unsere Verfehlungen ins tiefe Meer werfen!“ (Micha 7, 18-19)


[1] Eine poetische Variante des Namens Israel oder ein Kose- bzw. Ehrenname Israels

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