Nutzlose Anbetung?

Menschen sind Anbeter. Gott hat in unseren Herzen ein tiefes Bedürfnis angelegt, ihn anzubeten. Tun wir das nicht nehmen zwangsläufig Götzen Gottes Platz in unseren Herzen ein. Das können Dinge wie Reichtum, Macht oder Ansehen sein bzw. alles, was uns dazu verhilft. Oder auch Menschen, Gruppen oder Ideologien, die wir vergöttern.

Besonders schlimm ist, wenn die Kirche nicht anbetet. Dann verliert sie ihre Mitte. Dann tritt Tradition und Institution an die Stelle der Liebe zu Jesus. Dann wird Glaube gesetzlich, rechthaberisch und förmlich. Dann wird Kirche geistlos, lieblos und konfliktgeladen. Dann trocknet Kirche aus und schrumpft sich zu Tode.

Man sollte meinen, die Kirche wäre gegen diese Gefahr gefeit. Schließlich sind alle Gottesdienste – egal ob modern oder traditionell – voller Anbetung. In allen Konfessionen und Traditionen leiten neue und alte Lieder, Liturgien und Gebete die Menschen an, Gott anzubeten.

Die große Frage ist: Warum erleben wir trotzdem so wenig Liebe und Leidenschaft für Jesus in der Kirche? Warum sind all die oben genannten Symptome fehlender Anbetung so offensichtlich vorhanden, wenn Anbetung doch so weit verbreitet ist?

Jesus gibt eine klare Antwort darauf: Anbetung ist kein Selbstläufer! Anbetung kann tatsächlich nutzlos sein:

„Diese Menschen ehren mich mit ihren Worten, aber nicht mit ihrem Herzen. Ihre Anbetung ist nutzlos, denn sie ersetzen die Gebote Gottes durch ihre eigenen Lehren.“ (Matthäus 15, 8+9)

2 Fehlentwicklungen nennt Jesus hier, die die segensreichen Auswirkungen von Anbetung blockieren:

Wenn die Anbetung nicht von Herzen kommt

Landauf landab streiten sich Christen, ob neue Lobpreislieder gegenüber den alten Chorälen ein Fortschritt oder ein Rückschritt sind. Jesus macht deutlich: Wir streiten um die völlig falsche Frage! Die richtige Frage ist: Singen wir von Herzen? Singen wir authentisch? Solange wir beim Liedersingen nicht von Herzen meinen, was wir singen, ist das keine Anbetung – egal ob es sich um einen tiefsinnigen Choral oder einen hippen neuen Worshipsong handelt.

In Jesaja 29, 13 klagt Gott: „Dieses Volk sucht meine Nähe nur mit dem Mund und ehrt mich nur mit Lippenbekenntnissen. In seinem Herzen aber hält es einen weiten Abstand von mir. Seine Furcht vor mir erschöpft sich in auswendig gelernten Sprüchen.“

Gott sieht das Herz an, nicht unsere Formen. Die große Herausforderung für Gottesdienst- und Lobpreisleiter ist es, Lieder so auszuwählen und das Singen so anzuleiten, dass die Oberflächlichkeit durchbrochen wird. Ob wir mit neuen oder alten Liedern anbeten ist letztlich egal. Wichtig ist, dass wir dabei von Herzen auf Gott schauen und ehrlich das meinen, was in den Liedtexten steht!

Wenn der Anbetung die Ehrfurcht vor Gottes Worten fehlt

Es reicht nicht, sich in emotionale Worshipevents zu stürzen. Anbetung muss Hand in Hand gehen mit einer Liebe und Ehrfurcht für Gottes Wort. Denn echte Liebe zu Gott führt immer auch zu einer demütigen, hörenden Herzenshaltung seinem Wort gegenüber: „Wer meine Gebote kennt und sie befolgt, der liebt mich.“ (Johannes 14, 21)

Anders als wir empfindet Gott unseren Lobpreis nicht dann als Lärm, wenn die Lobpreiser zu laut sind oder die Töne nicht treffen. Was Gott wirklich nervt ist, wenn die Lebensführung der Lobpreiser nicht Gottes Geboten und Gerechtigkeit entspricht (Amos 5, 23+24)!

Deshalb müssen wir in unseren Gemeinden immer beides fördern: Eine authentische Kultur der Herzens-Anbetung. Und Liebe und Ehrfurcht für die Bibel. Wenn wir das tun wird unsere Anbetung ihre ganze segensreiche Kraft entfalten für unser eigenes Leben, unsere Familien, unsere Gemeinden und unsere Gesellschaft. Denn wo Gott im Geist und in der Wahrheit angebetet wird breitet sich sein Friedensreich aus. Der Vater sucht Menschen, die ihn so anbeten (Johannes 4, 23). Wirst Du einer davon sein?

Siehe auch:

Hat Daniel das Datum der Kreuzigung vorhergesagt?

Das Alte Testament ist voller Vorhersagen über Jesus: Abstammung, Jungfrauengeburt, Geburtsort, Einzug auf einem Esel in Jerusalem, Kreuzigung… Besonders spannend finde ich die Vorhersagen in Daniel 9, 24-26:

24 Über dein Volk und über deine heilige Stadt sind 70 Wochen (das sind Jahrwochen, d.h. Abschnitte zu je 7 Jahren) bestimmt, um der Übertretung ein Ende zu machen und die Sünden abzutun, um die Missetat zu sühnen und eine ewige Gerechtigkeit herbeizuführen, um Gesicht und Weissagung zu versiegeln und ein Allerheiligstes zu salben. 

25 So wisse und verstehe: Vom Erlass des Befehls zur Wiederherstellung und zum Aufbau Jerusalems bis zu dem Gesalbten (oder Messias, griechisch Christus), dem Fürsten, vergehen 7 Wochen und 62 Wochen; Straßen und Gräben werden wieder gebaut, und zwar in bedrängter Zeit. 

26 Und nach den 62 Wochen wird der Gesalbte ausgerottet werden, und ihm wird nichts zuteil werden; die Stadt aber samt dem Heiligtum wird das Volk des zukünftigen Fürsten zerstören, und sie geht unter in der überströmenden Flut; und bis ans Ende wird es Krieg geben, fest beschlossene Verwüstungen.”

Wer diesen Text aus der Sicht des Neuen Testaments liest, kann gar nicht anders als zu denken: Hier geht es um Jesus und die Kreuzigung! Die Sünden werden „abgetan“ und “gesühnt” durch den Christus-Messias, der „ausgerottet“ wird. Spannend ist, dass hier für dieses Ereignis ein Zeitpunkt angegeben wird, und zwar gemäß V. 24 genau 70 Jahrwochen (= 490 Jahre) nach dem Erlass zur Wiederherstellung Jerusalems. Wenn es hier wirklich um die Kreuzigung geht stellt sich natürlich die Frage: Hat sich diese Vorhersage erfüllt?

Im Alten Testament gibt es 4 Dekrete zum Aufbau Jerusalems, nämlich von König Kyrus (Esra 1, 1-4), Darius (Esra 6, 1-12) und 2 von Artaxerxes (Esra 7, 11-26, Nehemia 2, 1-8). Welches ist gemeint? Wenn Daniels Prophetie sich tatsächlich auf Jesus bezieht, müsste sie ja 490 Jahre vor der Kreuzigung erlassen worden sein.

Auch das Datum der Kreuzigung ist umstritten. Als plausibelste Termine gelten der 7. April 30 und der 3. April 33, wobei für nicht wenige Forscher das Jahr 33 als Favorit gilt (siehe auch hier oder hier). Wenn das stimmt, müsste der Erlass also aus dem Jahr 458 v.Chr. stammen (beim Rechnen beachten, dass das Jahr 0 nicht gezählt wird). Aber passt eines der 4 Dekrete dazu?

In Esra 7, 7+9 lesen wir, dass Esra im 7. Jahr der Herrschaft von Artaxerxes am 1. Tag des 1. Monats den königlichen Erlass im Gepäck hatte, als er nach Jerusalem aufbrach. Glücklicherweise kann laut der Neues Leben-Bibel „eine ganze Reihe von Ereignissen in Esra anhand der Daten in erhaltenen babylonischen/persischen Dokumenten überpüft und zu unserem heutigen Kalender in Beziehung gesetzt werden.“ Konkret vermerkt die NL-Bibel zum Datum in Esra 7, 9a: “Das Ereignis (also die Abreise Esras nach Jerusalem) fand am 8. April des Jahres 458 v.Chr. statt.“

Was für ein Volltreffer!!! Nicht nur das Jahr stimmt. Auch noch der Monat und sogar der Tag (kurz vor der Abreise am 8. April) könnte passen. Auch wenn man berücksichtigt, dass es sowohl für das Dekret als auch für die Kreuzigung mehrere Datums-Kandidaten gibt, finde ich das doch äußerst verblüffend. Schließlich konnte Daniel nicht annähernd wissen, wann der Messias kommt – so wie er ja auch nicht wissen konnte, dass er zur Sühnung von Sünden „ausgerottet“ wird. Fakt ist zudem, dass der Daniel-Text lange vor Jesus fertig vorlag. Die Prophetie kann also unmöglich nachträglich angepasst worden sein.

Dazu kommt: Unter den 4 oben genannten königlichen Dekreten ist dieses aus dem Jahr 458 sicher besonders passend, denn bei Kyrus und Darius ging es nur um den Wiederaufbau des Tempels. Erst beim Dekret von 458 v.Chr. sollen auch Richter und Obrigkeiten eingesetzt werden. Und erst in der Zeit von Artaxerxes wird auch berichtet, dass Jerusalems Mauer wieder aufgebaut wird. Der Erlass, den Nehemia 13 Jahre später erhielt, war wohl nur eine Bestätigung des ersten Dekrets, weil es angesichts zahlreicher Widerstände nicht voranging mit dem Aufbau. Das scheint also gut zu passen!

Aber das ist noch nicht alles, worüber man in Bezug auf Daniels Jahrwochen staunen kann.

Die Kreuzigung fand am Passahfest und somit an einem extrem symbolträchtigen Datum statt: Sie war DIE Erfüllung dessen, was Israel beim Auszug aus Ägypten (dem Ursprung des Passahfestes) erlebte: Das Blut des Lammes schützt vor Gericht und Tod. Daniels Jahrwochen bringen nun noch eine zusätzliche tiefgründige Symbolik ins Spiel: In Moses Gesetz war festgelegt worden, dass nach 7 x 7 (=49) Jahren ein sogenanntes Jubeljahr oder Erlassjahr folgen sollte, in dem alle Schulden erlassen werden. Hier ist aber nicht nur von 7 x 7 sondern von 70 x 7 Jahren die Rede. Das macht deutlich: Die Gnade Jesu ist noch einmal eine Dimension größer als die Gnade des Alten Bundes! Jesus hat mit seinem Sühnetod das ultimative Erlassjahr eingeläutet. Damit wird plötzlich verständlich, warum Jesus genau diese Zahlen verwendet, als er Petrus erklärte, wie oft wir unseren Schuldnern vergeben sollen (Matth. 18, 21-22)!

Mir zeigt das: Es geht hier um sehr viel mehr als um Zahlenspiele für Bibel-Freaks. Zahlen, Geschichten und Prophetien der Bibel sind oft höchst bedeutungsgeladen. Was nicht heißt, dass sie immer nur symbolisch gemeint sind. Gott ist der Herr der Geschichte! Reales Geschehen und Symbolik fließen bei ihm ineinander. Das zeigt sich auch, wenn man noch tiefer in diesen Daniel-Text eindringt:

Warum spricht Daniel in Vers 25 und 26 plötzlich nur noch von 69 (7+62) statt 70 Wochen? Gemäß Vers 25 sind es 69 Jahrwochen (also 483 Jahre) „bis zu dem Gesalbten“ bzw. Messias. Das kann man so verstehen, dass nach 69 Jahrwochen die „messianische Zeit“ beginnt, demnach also im Jahr 26 n.Chr., 7 Jahre vor der Kreuzigung. Da Jesus nur etwa 3 ½ Jahre öffentlich auftrat kann sich das nicht auf den Beginn seines Wirkens beziehen. Die Geschichte von Jesus beginnt allerdings in allen Evangelien bereits mit dem Wirken von Johannes dem Täufer, der auch von alttestamentlichen Propheten als Wegbereiter des Messias angekündigt war. Gemäß Lukas 3, 1 begann Johannes seinen Dienst im 15. Jahr der Regierung von Tiberius. Das könnte im Zeitraum von 26 – 29 n.Chr. gewesen sein, je nachdem, welche Zeitrechnung und welchen Herrschaftsbeginn von Tiberius man ansetzt. Gut möglich also, dass Johannes seinen Dienst tatsächlich im Jahr 26 begonnen hat. Damit wäre die 70. Jahrwoche mit je 3 ½ Jahren Dienstzeit von Johannes und Jesus gefüllt!

Allerdings führte der Ablauf der 70. Jahrwoche nicht dazu, dass der Messias sein Königreich aufrichtete (ihm wurde „nichts zuteil“, V. 26), obwohl das im Alten Testaments vorhergesagt wurde und von den Juden deshalb erwartet worden war. Für Israel begann noch einmal eine Wüstenzeit – so wie damals, als es am Eingang des gelobten Landes trotz Gottes Verheißung noch einmal durch die Wüste gehen musste. Genau wie von Daniel vorhergesagt wurde die Stadt und der Tempel (das Heiligtum) zerstört.

Ist das alles nicht erstaunlich? In Daniel 12, 4 lesen wir: „Du aber, Daniel, verschließe diese Worte und versiegle das Buch bis zur Zeit des Endes! Viele werden darin forschen, und die Erkenntnis wird zunehmen.“ Auch hier hat Daniel Recht behalten: Zahlreiche Theologen haben sich inzwischen mit den Vorhersagen Daniels befasst. Noch gehen ihre Interpretationen z.T. ziemlich auseinander*. Ob die hier geschilderten Deutungen und Daten alle so stimmen, weiß ich natürlich auch nicht genau. Ich finde: Das ist im Detail auch nicht so wichtig und bestimmt kein Grund zum Streiten.

Aber für mich sind die 70 Jahrwochen Daniels ein weiteres Beispiel für die vielen faszinierenden buchübergreifenden Zusammenhänge und Querverweise in der Bibel und für die unglaubliche Treffsicherheit biblischer Prophetie. Daniel hat ja noch viel mehr phantastisch genaue Vorhersagen gemacht, vor allem über die nach ihm kommenden Königreiche, zum Teil sogar mit der genauen Nennung von Namen! Außerdem sind viele der Vorhersagen in Bezug auf die Neuzeit, die Daniel und andere biblische Autoren gemacht haben, bereits in beeindruckender Weise eingetroffen.

Für mich sind das ganz einfach jede Menge gute Gründe, der Bibel wirklich zu vertrauen.

*Weit verbreitet ist eine Deutung und Berechnung von Robert Anderson (weiter entwickelt von Harold Hoehner), in der ausgehend vom Nehemia-Dekret mit 360-Tage-Jahren bis zur Kreuzigung gerechnet wird. In dieser Kritik legt der Theologe Derek Walker dar, warum das nicht sachgerecht erscheint.

Siehe auch:

Bibel für Alle: Die Klarheit der Schrift

Macht die Bibel eindeutige, unmissverständliche Aussagen? Scheinbar nicht! Schließlich kann man heute zu praktisch jeder theologischen Lehre Theologen finden, die genau das Gegenteil behaupten, selbst in zentralsten Fragen, in denen sich die Kirche bisher quer durch die Jahrhunderte hindurch vollkommen einig war. Immer öfter äußern Theologen ihre Meinung außerdem mit dem Zusatz: Aber das kann man auch ganz anders sehen! Ganz dem Trend der Postmoderne folgend sind eindeutige theologische Aussagen zunehmend verpönt. Sie werden mit Arroganz und Lieblosigkeit gleichgesetzt. So wird die Theologie dem in der Postmoderne so angesagten Relativismus und Subjektivismus unterworfen.

Natürlich ist klar, dass man zu vielen modernen Bibelauslegungen nicht durch einfaches Bibelstudium gelangt sondern nur durch die moderne Bibelkritik, die den Glauben an die Fehler- und Widerspruchsfreiheit der Bibel aufgegeben hat. Damit einher geht oft die Schlussfolgerung: Laien, die nicht eingeweiht sind in moderne Theologie, Archäologie, historische Wissenschaften und antike Sprachen hätten eigentlich keine Chance, sich selbst ein angemessenes Bild von den Aussagen der Bibel zu machen. Schließlich wissen sie nichts über die Überlieferungsgeschichte, über die antiken Weltbilder und über die historischen Hintergründe der biblischen Texte. Somit könnten sie auch die Aussageabsicht nicht verstehen und nicht einschätzen, wie verlässlich und gültig die biblischen Aussagen heute sind.

Ist das so? Ist fehlende wissenschaftliche Kenntnis (so wie früher die fehlende Lateinkenntnis) ein unüberwindliches Hindernis für das Verständnis der Bibel?

Blogbild Bibel für Alle

Im März 2016 hat Kevin deYoung bei der Evangelium21-Konferenz in Hamburg einen Vortrag gehalten, der zu diesem Thema ein wahrer Augenöffner ist. Es geht dabei um die Lehre von der „Klarheit der Schrift“. Eindrücklich macht deYoung deutlich: Wer behauptet, dass die Bibel nicht aus sich heraus klar verständlich sei und (auch von Laien) nicht eindeutig verstanden werden könnte verspielt die zentralsten Errungenschaft der Reformation! Denn Luther hat mit seiner Übersetzung die Bibel in die Hand der einfachen Menschen gegeben. Damit hat er die Grundlage für die heutige Denk- und Religionsfreiheit gelegt und eine weitreichende geistliche Erneuerungsbewegung ausgelöst (die im Pietismus mit ihren “Stunden”, in denen Laien die Bibel auslegen durften, eine großartige Fortsetzung fand).

Deshalb, ihr lieben „Laien“ und ganz gewöhnlichen Christen: Lasst Euch nicht verwirren und nicht entmutigen! Die Bibel ist Gottes Wort. Und sie ist so einfach und klar geschrieben, dass alles Wesentliche vom JEDEM verstanden werden kann, der die Bibel mit einem hörenden Herzen studiert und dabei vertraut, dass Gott durch dieses Buch zu uns spricht. Gebt Eure Erkenntnisse, die Ihr in Eurem persönlichen Bibelstudium gewinnt, mutig weiter in Euren Gruppen, Kreisen und Treffen! Tragt mit dazu bei, dass das Wort Christi reichlich unter uns wohnt (Kol. 3, 16)! Nicht immer werden unsere Auslegungen zu 100 % stimmen, aber das ist bei studierten Theologen und Wissenschaftlern auch nicht anders. Wir haben einen Vater im Himmel, der Wohlgefallen daran hat, Dinge den Weisen und Klugen zu verbergen und es den Unmündigen zu offenbaren (Lukas 10, 21). Gerade im Jahr des Reformationsjubiläums dürfen wir die zentrale reformatorische Errungenschaft der „Bibel für Alle“ neu mutig in Anspruch nehmen.

Allen, die sich mit der Auslegung der Bibel beschäftigen und Verantwortung in der Gemeinde Jesu tragen, sei dieser wichtige Grundlagenvortrag herzlich empfohlen. Für die, die keine 73 Minuten dafür aufbringen können oder wollen, wurden nachfolgend die zentralen Aussagen zusammengefasst:

Bild Vortrag Kevin deYoung

Die Klarheit seines Wortes

Vortrag von Kevin deYoung bei der E21-Konferenz im Hamburg vom 12. März 2016
Video: https://www.youtube.com/watch?v=050737-oy74
mp3-Download: https://www.evangelium21.net/downloads/audio/2016_e21konferenz/2016-03-12_10_DeYoung_Kevin.mp3

Im Bekenntnis von Westminster wurde die Lehre von der Klarheit der Schrift wie folgt definiert:

„In der Schrift sind nicht alle Dinge gleichermaßen in sich selbst klar und auch nicht gleichermaßen klar für alle; aber diejenigen Dinge, die zu erkennen, zu glauben und zu beobachten zum Heil notwendig sind, sind an der einen oder der anderen Stelle der Schrift so klar dargelegt und aufgedeckt, dass nicht nur die Gelehrten, sondern auch die Ungelehrten bei rechtem Gebrauch der gewöhnlichen Hilfsmittel zu einem hinreichenden Verständnis gelangen können.“

Hier wird also gesagt: Die Hauptgedanken der Schrift sind so klar und verständlich, dass selbst einfache Menschen sie verstehen können, wenn sie bereit sind, die Bibel zu studieren und ihr aufmerksam zuzuhören.

Gegen diese Lehre von der Klarheit der Schrift werden heute hauptsächlich 3 Einwände vorgebracht:

1. Mystischer Einwand:
Gott ist so anders, dass die menschliche Sprache gar nicht in der Lage ist, ihn in ausreichendem Maße zu beschreiben. Der christliche Glaube ist so geheimnisvoll, dass er gar nicht in Worte gefasst werden kann. Wenn wir versuchen, Gott in Worte zu pressen, dann haben wir in diesem Moment Gott zu etwas gemacht, was er nicht ist. Das Geheimnis ist die Wahrheit.

2. „Katholischer“ Einwand:
Es ist problematisch, wenn gewöhnliche Menschen die Bibel lesen, weil sie es falsch verstehen und falsch anwenden werden. Vor der Reformation wollte die katholische Kirche die Bibel deshalb lieber nicht übersetzen. Das Studium und die Auslegung der Schrift sollte lieber einer Klasse von gelehrten Priestern vorbehalten bleiben, weil normale Menschen nicht in der Lage sind, die Bibel richtig zu interpretieren.

3. Pluralistischer Einwand:
Wenn die Schrift so klar wäre, warum gibt es dann so viele verschiedene Auslegungen? Hat nicht die Kirche einst an die Sklaverei geglaubt? Hat sie nicht geglaubt, dass die Erde das Zentrum des Universums sei? Woher sollen wir uns heute sicher sein, dass wir jetzt die richtige Auslegung haben? Deshalb können wir es doch gar nicht wagen, zu behaupten, dass unsere eigene Auslegung richtig wäre. So hört man heute z.B. oft: Ich halte zwar Homosexualität für falsch. Aber andere halten das für mit der Bibel vereinbar. Und das ist genauso O.K. Das ist eben genau wie bei der Taufe, auch da gibt es viele verschiedene Meinungen wie bei vielen anderen Themen, bei dem man dieser oder jener Meinung sein kann.

Das Problem an dieser scheinbar demütigen Haltung ist: Das Thema Homosexualität ist eben kein Thema, bei dem man bei der Auslegung der Bibel verschiedener Meinung sein kann aus mehreren Gründen:

  • Bei diesem Thema hatten die Christen praktisch immer eine einheitliche Meinung. Wir sollten skeptisch sein, wenn jemand plötzlich das über den Haufen wirft, was in 99 % der Kirchengeschichte und auch heute noch weltweit weit überwiegend die einhellige Sichtweise der Kirche war und ist.
  • Die Bibel verurteilt homosexuelles Verhalten klar und deutlich, wiederholt und durchgehend im Alten wie auch im Neuen Testament. Selbst Jesus hat darüber gesprochen, als er gegen die Sünde der „Porneia“ (das griechische Wort für sexuelle Unzucht inklusive Homosexualität) predigte.

Wenn die Bibel derart eindeutig ist, ist es nicht liebevoll, wenn wir das nicht eindeutig sagen. Es ist nicht liebevoll, wenn wir zulassen, dass Menschen auf einem Weg bleiben, der nicht gut ist. Wenn unser Evangelium nicht die Sünder zur Buße ruft, dann ist es ein anderes Evangelium.

In 5. Mose 30, 11-14 lehrte Mose die Israeliten folgendes: „Dieses Gesetz, das ich euch heute gebe, ist nicht zu schwer für euch, als dass ihr es nicht verstehen und befolgen könntet. Es ist nicht hoch oben im Himmel, so unerreichbar, dass ihr fragen müsstet: `Wer soll für uns in den Himmel hinaufsteigen und es herabholen, damit wir es hören und befolgen können?´ Es ist nicht auf der anderen Seite des Meeres, so weit entfernt, dass ihr fragen müsstet: `Wer soll übers Meer fahren, um es zu holen, damit wir es hören und befolgen können?´ Nein, seine Botschaft ist euch ganz nah; sie liegt auf euren Lippen und in eurem Herzen, sodass ihr sie befolgen könnt.“

Mose sagte also: Gottes Wort ist hörbar, verständlich, es ist so klar, dass wir es verstehen können. Was Gott von seinem Volk wollte war nie verborgen. Das Gesetz war so klar, dass es sogar den Kindern gelehrt werden sollte (5. Mose 6).

In 5. Mose 29, 28 steht: „Was verborgen ist, ist des HERRN, unseres Gottes; was aber offenbart ist, das gilt uns und unseren Kindern ewiglich, dass wir tun sollen alle Worte dieses Gesetzes.“

Es gibt somit 2 Kategorien: Es gibt tatsächlich Geheimnisse bei Gott. Aber es gibt auch das geoffenbarte Wort Gottes, das wir hören, verstehen und befolgen können. Entsprechend gibt es in den Psalmen oft das Bild vom Licht („Das Wort ist ein Licht auf meinem Weg.“), das den Unverständigen weise macht und die Augen erleuchtet. Gott offenbart sich uns nicht, um uns noch mehr zu verwirren. Gottes Wort funktioniert! Gottes Worte erreichen ihre Absichten!

Was wäre die Bibel denn sonst auch wert? Was für einen Wert hätten die Verheißungen für die Suchenden und Verzweifelten, wenn sie nicht verständlich wären? Warum sollte Gott Warnungen oder Verheißungen geben, wenn er nicht glauben würde, dass wir das verstehen können?

Als Josia und das Volk Israel das Gesetz wieder entdeckten, lasen sie es. Und sie verstanden es! Und sie wussten, was sie als Reaktion tun mussten. Sie saßen nicht herum, tranken Kaffee und sagten: Was könnte das wohl bedeuten? Vielleicht müsste man eine Doktorarbeit darüber schreiben…

Auch Jesus berief sich auf die Autorität der Schrift. Und er ging davon aus, dass das Wort verständlich ist. Er sagte immer wieder: Habt Ihr nicht gelesen? Und damit sagte er: Würdet ihr die Schrift kennen, dann würdet ihr verstehen und nicht diese Fehler machen! Entsprechend argumentierten die Autoren des Neuen Testaments an vielen Stellen mit der Schrift in der offensichtlichen Überzeugung, dass die Bibel eine klare, eindeutige Bedeutung hat.

Aber warum ist diese Lehre von der Klarheit der Schrift so wichtig? Was steht auf dem Spiel bei dem Thema „Klarheit der Schrift“?

1. Das Geschenk der menschlichen Sprache steht auf dem Spiel!

Wer die Klarheit der Schrift bestreitet, der leugnet auch, dass Gott uns eine Sprache geschenkt hat, die die Möglichkeit beinhaltet, Gott in zutreffender Weise zu beschreiben. Die Schrift wäre dann lediglich ein menschlicher Versuch, über Gott zu sprechen, aber keine eindeutige Beschreibung seines Wesens und seines Willens. Der Teufel hat als allererstes die Klarheit des Wortes Gottes angegriffen, als er sagte: „Hat Gott wirklich gesagt?“ Wie postmodern! Denn er griff ja nicht direkt die Autorität des Wortes Gottes an. Er zweifelte lediglich an, dass Gott klar spricht!

Wir müssen verstehen: Sprache ist ein Geschenk Gottes an uns! Wir schränken diese Gabe ein, wenn wir ihr nicht zutrauen, dass Gott uns damit auch sich selbst beschreiben kann!

2. Die menschliche Freiheit steht auf dem Spiel!

Die protestantische Lehre der Klarheit der Schrift ist eine Grundlage für die Freiheit der westlichen Welt! Denn sie beinhaltet, dass Menschen die Fähigkeit haben, die Schrift selbst auszulegen.

Die Idee, dass jeder Mensch die Schrift selbst auslegen kann, kreiert zwar eine Menge von Problemen. Aber sie beschützt uns vor noch größeren Problemen! So schrieb der holländische Theologen Herman Bavinck vor etwas mehr als 100 Jahren:

„Alles in allem überwiegen die Nachteile nicht gegenüber den Vorteilen, denn aus dem Leugnen der Klarheit der Schrift folgt unweigerlich die Unterordnung eines Laien unter einen Priester sowie die Unterordnung des Gewissens eines Menschen unter die Kirche. Die Religions- und Gewissensfreiheit der Kirche und der Theologie steht und fällt mit der Klarheit der Schrift. Sie allein kann die Freiheit des Christen wahren. Sie allein ist sowohl Ursprung und Garant der Religionsfreiheit als auch unserer politischen Freiheiten. Selbst eine Freiheit, die nicht unabhängig von den Gefahren der Zügellosigkeit und Launenhaftigkeit erlangt und genossen werden kann ist immer noch der Tyrannei, die diese Freiheit unterdrückt, vorzuziehen.“

Zwar kann die Lehre von der Klarheit der Schrift missbraucht werden durch wilde und falsche Interpretationen. Aber es ist von großem Wert, dass wir als Einzelne die Bibel selbst auslegen können. Als Luther die Bibel übersetzte bestand er auf dem Recht, dass jeder Mensch die Schrift auslegen darf. Er bestätigte damit die Klarheit der Schrift. So hat er die Grundlage für die religiöse Freiheit unserer Gesellschaft gelegt.

3. Das Wesen Gottes steht auf dem Spiel!

Ist Gott in der Lage, so zu kommunizieren, dass sein Volk ihn versteht? Es gibt eine alte Geschichte aus Hindustan, die das bezweifelt. In diesem Gleichnis fassen 6 Blinde einen Elefanten an. 1 Mann berührt die Seite und denkt: Das ist eine Wand! 1 Mann berührt das Ohr und denkt: Es ist ein Fächer! 1 Mann berührt den Schwanz und denkt: Das ist ein Seil! 1 Mann fasst den Rüssel an und denkt: Das ist ein Schlauch. Die Aussage ist am Ende: So geht es uns mit Gott! Wir sind alle blind und berühren nur einen Teil von ihm. So sind alle Religionen teilweise zutreffende Interpretation Gottes, aber niemand kennt das ganze Bild.

Das klingt sehr demütig. Aber die Frage ist: Was ist, wenn Gott sprechen kann? Um im Bild dieses Gleichnisses zu bleiben: Was ist, wenn er zu diesen blinden Leuten sagen kann: „Hallo, ich bin ein Elefant!“ Wer dann noch widerspricht und sagt: „Du bist aber ein Hund“, der ist nicht mehr demütig sondern störrisch.

Die Frage, ob Gott sich verständlich machen kann, hat viel zu tun mit unserem Bild von Gott! Ist er weise genug, um sich selbst bekannt zu machen? Ist er gnädig genug, um sich so auszudrücken, dass wir ihn begreifen können? Oder traktiert er uns mit Worten und Geboten, die wir gar nicht wirklich verstehen können? Wer so denkt, ist in Wirklichkeit nicht demütig sondern hochmütig, weil er Gott und seine Fähigkeit zur Kommunikation herabsetzt.

4. Es steht auf dem Spiel, für wen Gott ist!

Ist die Bibel bei Laien nicht in guten Händen? Ist die Bibel nur für Gelehrte und Priester? Brauchen wir einen Lehrkörper, der uns die Bibel erklärt? Braucht man Kenntnisse in griechisch, hebräisch, Archäologie, Quellen-, Form- und Redaktionskritik usw. um die Bibel verstehen zu können? Oder ist die Bibel in der Lage, sogar den einfachen Personen Wahrheit zu lehren? Ist die Botschaft Gottes nur für Intellektuelle und Gelehrte mit einem hohen Abschluss oder ist das eine Botschaft, die von Allen verstanden werden kann? Was wäre das für ein Gott, der seine Liebe und Erlösung so kompliziert offenbart, dass das nur eine Elite entschlüsseln kann!

William Tyndale war (wie Luther in Deutschland) der Mann, der die Bibel in verständliches Englisch übersetzte. Als er von einem Priester dafür zur Rede gestellt wurde sagte er:

„Wenn Gott mein Leben bewahrt werde ich dafür sorgen, dass noch in den nächsten Jahren ein einfacher Junge am Pflug mehr Wissen über die Schrift haben wird als Du!“

Tyndale und Luther verstanden: Die Bibel ist für Alle. Sie kann von Allen verstanden werden! Dieser Glaube hat Tyndale das Leben gekostet. Er wurde erhängt und verbrannt. Seine letzten Worte waren: „Herr, öffne dem König von England die Augen.“ Das ist noch immer unser Gebet: Öffne die Augen der Menschen und unseres Volkes, damit sie aus Deinem Wort all die wunderbaren Dinge entnehmen können, die Du uns dort offenbart hast.

“Billige Gnade ist der Todfeind unserer Kirche”

Direkt vor dem diesjährigen ESC hat eine evangelische Pastorin im Wort zum Sonntag dem deutschen Fernsehpublikum die Bedeutung von Pfingsten so erklärt: „Musik kennt keine Grenzen. Pfingsten übrigens auch nicht. Das ist das christliche Fest an diesem Wochenende, an dem wir feiern, dass Menschen sich verstehen können auch ohne gemeinsame Sprache, dass es universale Sprachen gibt, von Herz zu Herz, über alle Grenzen hinweg. Wie zum Beispiel die Musik.“

Hm. Ich habe nochmal nachgeschaut. Von einer interreligiösen wortlosen Herzenssprache habe ich im Pfingstbericht nirgends etwas gefunden. Ganz im Gegenteil: Da wird wortreich Klartext geredet! Da wird zur Buße gerufen, und zwar nicht wegen einem Mangel an Toleranz:

„Kehrt euch ab von euren Sünden und wendet euch Gott zu. Lasst euch alle taufen im Namen von Jesus Christus zur Vergebung eurer Sünden. Dann werdet ihr die Gabe des Heiligen Geistes empfangen.“ (Apostelgeschichte 2, 38)

Als Antwort darauf haben sich damals 3000 Menschen bekehrt und taufen lassen. Die Kirche war geboren. Aber wie würde meine Kirche wohl heute auf diese wortmächtige Pfingstpredigt antworten?

Dass man doch bitte keine Juden missionieren soll? Dass doch niemand für sich in Anspruch nehmen darf, wirklich zu wissen, was richtig und was falsch, was Sünde, was Wahrheit und was ein Irrweg ist? Dass ein Absolutheitsanspruch der Sündenvergebung nur durch Jesus doch intolerant gegenüber anderen Religionen sei? Dass Jesus nur aus Solidarität mit menschlichem Leid am Kreuz starb und nicht als Sühneopfer für unsere Sünden? Dass die in der Kindertaufe ausgedrückte vorauseilende, bedingungslose Gnade die Menschen unabhängig von ihrem Lebensstil rettet, weil es ja nur auf Gnade und nicht auf Werke ankommt? Hoffentlich nicht.

Bereits im Jahr 1937 hat sich Dietrich Bonhoeffer mit dem Phänomen beschäftigt, dass die Kirche dazu neigt, den Menschen grenzenlose Annahme zu predigen und dabei den Preis der Nachfolge zu verschweigen. Er hat dieses Phänomen als „billige Gnade“ bezeichnet und behauptet: Daran geht die Kirche zugrunde! Seine Worte sind noch heute aktuell. Ich finde: Wir sollten mehr denn je auf ihn hören.

Dietrich Bonhoeffer: Die teure Gnade

Billige Gnade ist der Todfeind unserer Kirche. Unser Kampf geht heute um die teure Gnade.

Billige Gnade heißt Gnade als Schleuderware, verschleuderte Vergebung, verschleuderten Trost, verschleudertes Sakrament; Gnade als unerschöpfliche Vorratskammer der Kirche, aus der mit leichtfertigen Händen bedenkenlos und grenzenlos ausgeschüttet wird; Gnade ohne Preis, ohne Kosten. … Wer sie bejaht, der hat schon Vergebung seiner Sünden. … In dieser Kirche findet die Welt billige Bedeckung ihrer Sünden, die sie nicht bereut und von denen frei zu werden sie erst recht nicht wünscht. …

Das ist billige Gnade als Rechtfertigung der Sünde, aber nicht als Rechtfertigung des bußfertigen Sünders, der von seiner Sünde lässt und umkehrt. … Billige Gnade ist die Gnade, die wir mit uns selbst haben.

Billige Gnade ist Predigt der Vergebung ohne Buße, ist Taufe ohne Gemeindezucht, ist Abendmahl ohne Bekenntnis der Sünden, ist Absolution ohne persönliche Beichte. Billige Gnade ist Gnade ohne Nachfolge, Gnade ohne Kreuz, Gnade ohne den lebendigen, menschgewordenen Jesus Christus.

Teure Gnade ist der verborgene Schatz im Acker, um dessentwillen der Mensch hingeht und mit Freuden alles verkauft, was er hatte; die köstliche Perle, für deren Preis der Kaufmann alle seine Güter hingibt; die Königsherrschaft Christi, … der Ruf Jesu Christi, auf den hin der Jünger seine Netze verlässt und nachfolgt.

Teuer ist sie, weil sie in die Nachfolge ruft, Gnade ist sie, weil sie in die Nachfolge Jesu Christi ruft; teuer ist sie, weil sie dem Menschen das Leben kostet, Gnade ist sie, weil sie ihm so das Leben erst schenkt; teuer ist sie, weil sie die Sünde verdammt, Gnade, weil sie den Sünder rechtfertigt. Teuer ist die Gnade vor allem darum, weil sie Gott teuer gewesen ist, weil sie Gott das Leben seines Sohnes gekostet hat – „ihr seid teuer erkauft“ -, und weil uns nicht billig sein kann, was Gott teuer ist. Gnade ist sie vor allem darum, weil Gott sein Sohn nicht zu teuer war für unser Leben, sondern ihn für uns hingab. … Teuer ist die Gnade, weil sie den Menschen unter das Joch der Nachfolge Jesu Christi zwingt, Gnade ist es, dass Jesus sagt: „Mein Joch ist sanft und meine Last ist leicht.“ …

Wie die Raben haben wir uns um den Leichnam der billi­gen Gnade gesammelt, von ihr empfingen wir das Gift, an dem die Nachfolge Jesu unter uns starb. … Aber wissen wir auch, dass diese billige Gnade in höchstem Maße unbarmherzig gegen uns gewesen ist? Ist der Preis, den wir heute mit dem Zusammenbruch der organisierten Kirchen zu zahlen haben, etwas anderes als eine notwendige Folge der zu billig erworbenen Gnade? Man gab die Ver­kündigung und die Sakramente billig, man taufte, man konfirmierte, man absolvierte ein ganzes Volk, ungefragt und bedingungslos, man gab das Heiligtum aus menschli­cher Liebe den Spöttern und Ungläubigen, man spendete Gnadenströme ohne Ende, aber der Ruf in die strenge Nachfolge Christi wurde seltener gehört. Wo blieben die Erkenntnisse der alten Kirche, die im Taufkatechumenat so sorgsam über der Grenze zwischen Kirche und Welt, über der teuren Gnade wachte? Wo blieben die Warnungen Lu­thers vor einer Verkündung des Evangeliums, die die Men­schen sicher machte in ihrem gottlosen Leben? …

Unbarmherzig ist die billige Gnade gewiss auch den mei­sten von uns ganz persönlich gewesen. Sie hat uns den Weg zu Christus nicht geöffnet, sondern verschlossen. Sie hat uns nicht in die Nachfolge gerufen, sondern in Ungehorsam hart gemacht. … Der glimmende Docht wurde unbarmherzig ausgelöscht. Es war unbarmherzig, zu einem Menschen so zu reden, weil er, durch solches billiges Angebot verwirrt, seinen Weg verlassen musste, auf den ihn Christus rief, weil er nun nach der billigen Gnade griff, die ihm die Erkenntnis der teuren Gnade für immer versperrte. Es konnte ja auch nicht anders kommen, als dass der betrogene schwache Mensch sich im Besitz der billigen Gnade auf einmal stark fühlte und in Wirklichkeit die Kraft zum Gehorsam, zur Nachfolge verloren hatte. Das Wort von der billigen Gnade hat mehr Christen zugrunde gerichtet als irgendein Gebot der Werke.

Aus: Dietrich Bonhoeffer, Nachfolge, Kapitel 1. Es lohnt sich, das ganze Kapitel zu lesen!

Siehe auch: 

  • Change! Ein Plädoyer für eine Kirche mit Profil

Zeit zum Aufatmen

Der AiGG-Glaubenskurs (Aufatmen in Gottes Gegenwart”) 2016 in Weil im Schönbuch ist Geschichte. Und was für eine! Obwohl wir den Kurs jetzt schon zum 6. Mal durchgeführt haben ist keine Routine eingekehrt – im Gegenteil: Die stetige Weiterentwicklung des Konzepts scheint Früchte zu tragen. In 89% der 23 eingegangenen Feedbackbögen war angekreuzt: “Der Kurs war eine große Hilfe. Er hat mich sehr weitergebracht.” Dazu haben offenbar alle Kurselemente beigetragen:

Unverzichtbar an jedem AiGG-Kursabend ist eine Lobpreiszeit. Die Rückmeldungen haben bestätigt, wie wertvoll das ist: Auf einer Skala von 1 bis 5 wurde die Aussage „Die Lobpreiszeiten sind mir sehr zu Herzen gegangen“ durchschnittlich mit 4,7 (!) bewertet.

Im Mittelpunkt jedes Kursabends steht ein Vortrag zu einem biblischen Thema. Auch hier waren die Feedbacks sehr gut. Besonders erfreulich: Die beste Bewertung hat die Botschaft über das Kreuz bekommen, obwohl das ein wirklich anspruchsvoller Vortrag war. Viele sind danach zum Kreuz gegangen und haben symbolisch einen Stein abgelegt als Zeichen, dass sie sich ein erneuertes Herz wünschen (gemäß Hesekiel 36, 26: „Ich werde euch ein neues Herz geben und einen neuen Geist schenken. Ich werde das Herz aus Stein aus eurem Körper nehmen und euch ein Herz aus Fleisch geben.“). Nach dem anschließenden Vortrag über den Heiligen Geist haben wir uns in den Kleingruppen gegenseitig gesegnet – und so manche Träne ist dabei geflossen.

Blogbild AiGG Kurs 2016

Erfreulicherweise haben die Rückmeldungen auch gezeigt, dass die Materialien zur Vertiefung der Kursinhalte (Begleitbuch, AiGG-Blogartikel, Vortragsaufnahmen, CD mit Liedern zum Kurs) gut genutzt wurden. Das hat sicher dazu beigetragen, dass der Kurs gemäß Rückmeldung vieler Teilnehmer geholfen hat, die Bibel besser zu verstehen.

Zu einem AiGG-Kursabend gehört auch eine Kleingruppenzeit, in der sich bis zu 5 Personen über das Thema austauschen und – sofern die Teilnehmer das wünschen – füreinander beten. Erfreulich auch hier die Rückmeldungen: Die meisten haben sich dabei sehr wohl gefühlt und – was noch wichtiger ist – konnten auch über persönliche Themen und Gefühle reden. Es bewährt sich offenbar, dass die Zusammensetzung der Kleingruppen den Kurs über konstant bleibt, so dass Vertrauen wachsen kann.

Der Altersdurchschnitt der 10 Mitarbeiter und der rund 40 Teilnehmer war bunt gemischt: Ab 17 Jahren waren alle Altersgruppen dabei. Es ist also möglich, generationenübergreifend über Gott zu reden und Gott zu begegnen. Auch das ist für mich ein wichtiges Ergebnis dieses Kurses.

Und noch etwas war bemerkenswert: Offenbar ist es gelungen, „alte Glaubenshasen“ genauso anzusprechen wie Glaubensneulinge. Der AiGG-Kurs ist ja eigentlich kein evangelistisches Konzept wie z.B. der ALPHA-Kurs. Schon am 2. Abend wird bei AiGG dazu aufgerufen, sich für Jesus als die Nr. 1 unseres Lebens zu entscheiden. Erfreulicherweise sind aber auch die, die das zu diesem Zeitpunkt noch nicht mitsprechen konnten, nicht ausgestiegen. Im Gegenteil: 12 Teilnehmer haben in ihrem Feedback der Aussage „Der Kurs hat mein Leben verändert“ 4 oder sogar 5 von 5 Punkten gegeben! Auch wenn ich nicht direkt in die Herzen sehen kann und auch nicht genau weiß, was in den Kleingruppen geschah (darüber haben wir Stillschweigen vereinbart) scheint mir: Da hat es einige Male eine Party im Himmel gegeben…

Hier noch einige Rückmeldungen von Teilnehmern und Mitarbeitern:

  • „Ich will einfach ehrlich zu euch sein und euch mitteilen dass dieser Kurs mein komplettes Leben und meinen kompletten Lebensstil verändert hat. Der Spruch in Amos 5, 4: “Sucht mich, so werdet ihr leben“ ist einfach so wahr. Ich habe nicht nur an Dankbarkeit oder glücklich zu sein gewonnen sondern auch durch euch und durch Gott meinen Weg erkannt.“
  • „Es erstaunt mich immer wieder, was ich alles aus dem Kurs mitnehme. Immer wieder bin ich tief berührt von der Gegenwart Gottes.“
  • „Die Mischung von Theorie, Lieder und den Gruppengesprächen war goldrichtig. Es wäre schön, wenn es wieder in der Art einen Kurs geben würde.“
  • „Ich habe mich an jedem Abend sehr wohl gefühlt. Ich ging jedesmal gefüllt nach Hause und konnte neue Erkenntnisse und Bibeleindrücke mitnehmen.“
  • „Es war eine sehr wertvolle und auch heilsame Zeit für mich!“
  • „Liebevolle Dekoration, Kursbuch sehr ansprechend, super freundliche Atmosphäre, man spürt, dass man willkommen ist.“
  • „Der Kurs war super! Jedes Thema wurde erschöpfend behandelt. Die Liedtexte, passten super zu jedem Thema. Eure Themen wurden souverän vorgetragen, es war eine gesunde Mischung von ernsthaftem und lustigem.“
  • “Der Aufatmen Kurs ist der Hit! Ideal für eine noch lebendigere Gemeinde. Bitte weitermachen.”

Und wie geht es weiter? So wie es aussieht werden wohl 2 neue Gruppen aus dem Kurs hervorgehen. Aber das Wichtigste kann man nicht sehen und nicht zählen: Der ausgestreute Samen von Gottes Wort verändert Herzen und bringt (hoffentlich bleibende) Frucht. Wieder hat sich gezeigt: „Das Wort Gottes ist lebendig und kräftig und schärfer als jedes zweischneidige Schwert“ (Hebräer 4, 12) und es „wird nicht ohne Frucht zurückkommen.“ (Jesaja 55, 11) Es gibt für mich keine größere Freude, als die Kraft von Gottes lebendigem Wort zu erleben!

Wer einmal ein wenig „AiGG-Atmosphäre“ schnuppern möchte kann sich jetzt die AiGG-Vorträge anhören, z.B.: „Befreit durch das Kreuz und verwandelt durch Gnade“ (verfügbar als mp3-Download Teil 1 und Teil 2). Noch mehr Infos zum AiGG-Projekt und die Kursmaterialien findest Du auf der AiGG-Homepage unter www.aigg.de, z.B. das Begleitbuch als PDF oder gedruckt zum Selbstkostenpreis. Schau mal rein!

Preach it!

Egal ob man es nun Andacht, Impuls, Message oder sonstwie nennt: Gepredigt wird nicht nur in Gottesdiensten sondern auch in Hauskreisen, Jungscharen, Jugendkreisen, Seniorentreffs… – halt überall, wo Christen zusammenkommen. Aber was macht eine gute Predigt aus? Über diese Frage kann man bücherfüllend diskutieren. Am Ende scheinen mir die folgenden 3 Punkte entscheidend zu sein:

1. Predige die Bibel

Deine persönlichen Weisheiten, Einsichten und Geschichtchen mögen ja ganz nett sein. Aber wirklich relevant ist letztlich nur, was Gott zu sagen hat! Deshalb muss in Deiner Predigt von Anfang bis Ende deutlich werden: Was hier gesagt wird ist die Botschaft der Bibel! Predige deshalb immer auf der Basis von biblischen Texten und Aussagen. Sonst kochst Du eine dünne Suppe, für die sich zurecht niemand wirklich interessiert.

2. Predige eine Botschaft

Hört sich trivial an, ist es aber nicht. Zu viele Predigten sind theologische Ausarbeitungen mit mehr oder weniger interessanten Informationen aber ohne eine Botschaft, die Konsequenzen für die Zuhörer hat. Deshalb stell dir vor der Predigt die Frage: Welche dringende Botschaft müssen diese Menschen jetzt unbedingt hören? Welche Veränderung will ich ganz praktisch mit meiner Predigt auslösen? Wenn Du keine Botschaft hast wird Deine Predigt bestenfalls schön und interessant – aber letztlich doch frucht- und folgenlos.

3. Predige mit dem Feuer des Heiligen Geistes

Das hört sich vielleicht pathetisch an, aber es stimmt wirklich: Wenn Dein Glaube lau ist, ist auch Deine Botschaft lau. Dann hilft auch keine noch so perfekte Rethorik oder Theologie. Wenn Du in Menschen ein Feuer anzünden willst muss ein Feuer in Dir brennen! Das heißt nicht unbedingt, dass Du laut und emotional werden musst. Aber in jedem Fall muss eine authentische Leidenschaft, Vollmacht und Dringlichkeit spürbar sein, die nur der Heilige Geist in uns wecken kann.

Die entscheidende Basis für eine gute Predigt liegt deshalb in einer engen Verbindung mit Gott und seinem Wort. Lies die Bibel und mach Dich mit ihr vertraut. Sei in engem Kontakt mit dem Autor der Bibel. Und bete darum, immer wieder neu erfüllt zu sein mit dem Heiligen Geist. Lass Dich von Gott berufen, ein Botschafter des Königs zu sein.

Eins noch: Es gibt Situationen, in denen Menschen vom Geist geleitet spontan vollmächtig predigen. Aber das sind Ausnahmen. Im Allgemeinen gilt: Eine gute Predigt braucht eine gute Vorbereitung. Vergeude nicht die Zeit Deiner Mitmenschen mit halbgaren, wenig durchdachten Ideen. Prüfe genau, welche Botschaft wirklich zentral ist und arbeite sie heraus. Bedenke, dass Zuhörer am Ende oft nur 1-2 Gedanken wirklich mitnehmen. Schlage lieber wenige Nägel ganz tief ein statt viele Nägel oberflächlich anzutippen.

Persönlich mache ich es oft so, dass ich eine Predigt wörtlich aufschreibe und sie dann für mich alleine „trocken predige“. Dadurch finde ich heraus, wo die Predigt noch nicht „fließt“, wo es hakelige Gedankensprünge gibt und wo ich die Botschaft selbst noch nicht wirklich verinnerlicht habe. Am Ende habe ich mein Skript zwar vor mir liegen, aber ich brauche es eigentlich nicht mehr, weil mir die Botschaft so in Fleisch und Blut übergegangen ist, dass ich frei predigen kann. Dadurch kann ich leidenschaftlicher und authentischer sprechen und besser mit den Zuhörern kommunizieren. Zentrale Aussagen und Bibeltexte lasse ich meine Zuhörer mitlesen, so dass die Botschaft nicht nur über die Ohren sondern auch über die Augen aufgenommen werden kann.

So musst Du das nicht machen. Finde Deinen eigenen Stil. Aber sei Dir Deiner hohen Verantwortung bewusst. Gott kann es nicht ausstehen, wenn wir Unfug verbreiten, der nicht seinem Wort entspricht. Deshalb tu mir einen Gefallen: Predige mit dem Feuer des Heiligen Geistes eine durch und durch biblische Botschaft. Tu es! Die Welt wartet darauf!

Siehe auch:

Jenseits unseres Horizonts

Neulich sah ich ein Video, in dem erklärt wird, wie ein LCD-Monitor funktioniert. Der Produzent des Videos hat sich wirklich Mühe gegeben. Aber ganz ehrlich: Am Schluss war ich fast so schlau (bzw. dumm) wie zuvor, so wenig habe ich verstanden. Und ich musste mir eingestehen: So ein LCD-Monitor ist offenbar so kompliziert, dass ich nicht so einfach dahinter komme, wie und warum das funktioniert.

Blogbild Begreifen und Verstehen

Ist es nicht seltsam? Jeder von uns versteht sofort, dass wir etwas so Alltägliches wie einen LCD-Monitor nicht so einfach begreifen können. Aber gleichzeitig haben wir die Erwartung, dass Gott uns doch gefälligst erklären können muss wie die ganze Welt funktioniert. Und warum es in der Welt so läuft, wie es nun einmal läuft. Warum es Leid und Katastrophen gibt. Warum nicht jedes unserer Gebete sofort erhört wird. DAS müsste Gott uns doch verständlich machen können. Und wenn nicht, dann kann dieser Gott ja wohl nichts taugen…

Ist das nicht ungeheuer anmaßend? Wie viele Leute habe ich schon sagen hören: Gott kann es nicht geben, denn dass ein Gott so handelt ist doch nicht logisch. Ich finde eine solche Aussage in etwa genauso schlüssig wie wenn jemand sagen würde: Ich kaufe mir keinen LCD-Monitor, denn diese Technologie erscheint mir nicht nachvollziehbar. Niemand sagt so etwas. Weil wir verstanden haben, dass es nun einmal komplexe Technologien gibt, die funktionieren, obwohl wir sie nicht verstehen.

Könnte es sein, dass die Welt und zudem die unsichtbare Welt auch nicht so ganz simpel zu verstehen ist? Könnte es sein, dass die Perspektive Gottes das Fassungsvermögen unseres begrenzten Verstands übersteigt?

Und wenn es so ist: Wäre es dann nicht angemessen, dass wir ein wenig demütiger mit Gott umgehen bevor wir seine Vertrauenswürdigkeit wegen unserer unbeantworteten Fragen anzweifeln oder ihn gar ganz links liegen lassen?

In der Bibel lesen wir, wie Hiob Gott bedrängt hat mit der Frage: Warum? Warum lässt Du das zu, Gott??? Gott hat reagiert. Aber anders als erwartet. Er hat Hiobs Frage nicht beantwortet. Stattdessen hat er einfach nur klar gemacht: Ich bin der große und gewaltige Gott, der Schöpfer des Himmels und der Erde. Wer bist Du kleiner Mensch, dass Du mich verklagen und in Frage stellen willst?

Manchmal mutet Gott es uns zu, dass wir ihn nicht verstehen. Vielleicht ja ganz einfach deshalb, weil wir ihn auch gar nicht verstehen könnten, selbst wenn Gott versuchen würde, es uns zu erklären. Weil es vielleicht in der sichtbaren und der unsichtbaren Welt ein paar Dinge gibt, die sogar noch komplexer sind als ein LCD-Monitor…

Gut, wenn wir den Monitor benutzen, auch wir ihn nicht verstehen. Und noch besser, wenn wir auf Gott vertrauen, auch wenn wir ihn manchmal nicht durchschauen! Berücksichtigen wir doch einfach die Erkenntnis des Psalmschreibers:

Unser Herr ist groß und seine Macht ist gewaltig! Seine Erkenntnis übersteigt alles, was wir begreifen können! (Psalm 147, 5)

Geliebtes Feindbild – Geliebter Feind?

Wir Menschen scheinen Feindbilder zu lieben. Das sieht man nirgends so gut wie in Facebook:

Da gibt es ein Milieu, in dem Nachrichten über kriminelle Flüchtlinge förmlich aufgesaugt werden. Jeder Bericht über einen Diebstahl, eine Vergewaltigung oder eine islamistische Äußerung eines Flüchtlings wird fleißig gelesen, geteilt und kommentiert. Positive Nachrichten über Flüchtlinge, die sich für Hilfe bedanken, die freiwillig soziale Tätigkeiten übernehmen oder gefundene Wertsachen zurückbringen werden hingegen ignoriert oder für unglaubwürdig erklärt. Wer sie in diesem Milieu verbreitet gilt schnell als naiver Gutmensch, den man nicht wirklich ernst nehmen kann.

Da gibt es ein anderes Milieu, in dem Nachrichten über rechtsradikale Tendenzen bei der AfD förmlich aufgesaugt werden. Jeder Bericht über eine unflätige Äußerung, eine Beteiligung an einer Anti-Ausländerdemo oder Nähe zur NPD wird fleißig gelesen, geteilt und kommentiert. Positive Nachrichten über AfD-Politiker, die differenzierte Ansichten vertreten, sich für Flüchtlinge engagieren oder gar überzeugte Christen sind werden hingegen ignoriert oder für unglaubwürdig erklärt. Wer sie in diesem Milieu verbreitet gilt schnell als herzloser Reaktionär, den man nicht wirklich ernst nehmen kann.

Die Reihe ließe sich beliebig fortsetzen. Scheinbar lieben wir unsere Feindbilder, ob es nun Flüchtlinge, Evangelikale, Muslime, Juden, Linke oder Rechte sind. Mit Feindbildern können wir die Welt in schwarz und weiß, Gut und Böse einteilen. Und es fühlt sich ja so gut an, auf der Seite der Guten zu sein! Komme mir bloß keiner damit, dass die Wahrheit immer viel komplizierter wird, wenn man sich die Mühe macht, in ein fremdes Milieu einzutauchen und die Welt mit deren Augen zu sehen (wie es z.B. jüngst ein Journalist im AfD-Milieu tat und darüber einen hochspannenden Bericht geschrieben hat).

Wie gut, dass Gott so vollkommen anders ist! Obwohl wir seine Feinde waren hat er uns immer schon geliebt. Er ist ganz in unser irdisches Milieu eingetaucht und hat sogar sein Leben für uns gegeben. Er hat das Böse in uns nicht ignoriert. Aber er hat es überwunden. Und jetzt lehrt er uns, ebenso unsere Feinde zu lieben.

Die Bibel bestätigt zwar, dass es schwarz und weiß, Gut und Böse gibt. Aber die Grenzlinie läuft anders: Gott allein ist gut. Wir Menschen sind alle mit dem Keim des Bösen infiziert. ALLE. Und wir leben ALLE davon, dass Gott uns liebt, obwohl er uns kennt. Wir leben ALLE aus seiner Gnade und Vergebung.

Also seien wir realistisch: DIE Bösen sind weder DIE Flüchtlinge, DIE AFD’ler, DIE Evangelikalen, DIE Linken, DIE Rechten, DIE Muslime oder wen wir auch immer in unsere Schubladen schieben wollen. ALLE Menschen brauchen Erlösung wie wir selber auch. Wir sollen zwar das Böse nicht verdrängen oder kleinreden. Aber wir sollen uns auch nicht darauf fixieren oder uns gar hämisch daran ergötzen, denn „die Liebe freut sich nicht über die Ungerechtigkeit, sie freut sich aber an der Wahrheit; sie erträgt alles, sie glaubt alles, sie hofft alles.“ (1. Kor. 13, 4-7)

Lernen wir, den Daumen nicht so schnell zu senken über Andere. Lernen wir, Hoffnung für alle Menschen zu haben – so wie Jesus sogar im rebellischen Versager Simon schon von Anfang an Petrus, den Felsen sah, auf den er seine Gemeinde bauen kann. Fragen wir uns doch mal: Wie viel Potenzial sieht Gott wohl in den Menschen, die wir momentan mit so viel kritischer Distanz beäugen?

Bei Gott gibt es keine hoffnungslosen Fälle. Seine Gnade reicht aus – für Dich, für mich und für alle die, die wir schon lange verurteilt und aufgegeben haben. ER liebt diese Menschen – deshalb sollten wir es auch tun!

Siehe auch:

Ein Hoch auf das Gesetz!

Stell Dir das mal vor: Eine Welt, in der sich alle Menschen an die 10 Gebote und das Gebot der Nächstenliebe (3. Mose 19, 18) halten. Niemand tötet. Niemand stiehlt. Niemand lügt. Niemand ist neidisch. Niemand bricht die Ehe. Kinder ehren ihre Eltern. Jeder liebt seinen Nächsten wie sich selbst.

Wir könnten Polizei und Armee abschaffen. Gefängnisse, Zäune, Mauern und Türschlösser wären überflüssig. Die Menschen hätten Vertrauen zueinander. Die Wirtschaft würde florieren. Kinder würden geborgen aufwachsen. Jeder würde jeden respekt- und liebevoll behandeln.

Das wäre das Paradies auf Erden.

Komischerweise haben Gebote und Gesetze trotzdem einen schlechten Ruf. Wir halten sie für Spiel- und Spaßverderber. Wir assoziieren damit Einschränkungen, Freiheitsverlust und Strafandrohung. Auch unter Christen wird vor kaum etwas so gewarnt wie vor „Gesetzlichkeit“. Schließlich steht doch die Liebe über dem Gesetz und Christen sind dem Gesetz ohnehin nicht mehr unterworfen. Oder?

Ja und nein:

  • Ja, weil Jesus uns vom Gesetz freigekauft hat. Wir sind keine Sklaven mehr. Gott erzieht uns nicht mehr mit blind zu befolgenden Befehlen sondern als Kinder. Deswegen sind wir nicht mehr unter dem Gesetz sondern unter der Gnade. Und natürlich gelten die Opfer- und Reinigungsvorschriften nicht mehr, weil sie mit Jesu Tod am Kreuz ein für alle Mal erfüllt worden sind.
    x
  • Nein, weil Jesus das Gesetz nicht aufgehoben hat! Die Gebote gelten gerade für uns Christen, denn niemand hat größere Verantwortung, die Gesetze des Königs hochzuhalten als die Söhne und Töchter des Königs!

Jesus sah keinerlei Gegensatz zwischen Liebe und Geboten: „Wer meine Gebote kennt und sie befolgt, der liebt mich.“ (Joh. 14, 21) Gerade das Halten der Gebote ist für ihn Ausdruck wahrer Liebe zu Gott – so wie ich mich aus Liebe zu meiner Frau auch gerne bemühe, mich nach ihren Vorstellungen zu richten.

Auch wenn das mosaische Gesetz so im Neuen Bund nicht mehr gilt will Gott noch immer, dass wir uns an seine Gebote halten. Im neuen Bund hat er aber seine Strategie geändert, um dieses Ziel zu erreichen: Statt nur an unseren Willen und Gehorsam zu appellieren will er eine Herztransplantation an uns vornehmen, so wie er es in Jeremia 31, 33 bereits angekündigt hat: “Ich werde ihr Denken mit meinem Gesetz füllen, und ich werde es in ihr Herz schreiben.” Dafür soll unser alter Mensch am Kreuz mit Jesus sterben und Christus durch den Heiligen Geist Christus in uns lebendig werden, so dass wir wie Paulus sagen können: „Ich lebe, aber nicht mehr ich selbst, sondern Christus lebt in mir.“ Dieser erneuerte Mensch ist wahrhaft frei. Nicht weil er gesetzlos ist sondern weil er Gottes Gebote liebt und von Herzen gerne hält.

Gottes Gebote sind also auch für Christen wichtig, nicht weil wir uns sklavisch daran halten müssen aber weil sie uns Gottes Denkweise und Charakter lehren und uns Richtschnur und Lehrmeister sind! Gesetzlosigkeit hingegen ist die schlimmste Bedrohung für unsere Gesellschaft überhaupt. Jesus hat die furchtbaren Endzeitkatastrophen dadurch charakterisiert, dass „die Gesetzlosigkeit überhand nehmen wird.“ (Matth. 24, 12) Gerade jetzt erlebt unsere Gesellschaft einen Vorgeschmack, was er damit meinte: Linke, rechte und religiöse Extremisten pfeifen immer öfter auf die Gesetze. Sie haben immer weniger Respekt vor dem Staat, der Justiz und der Polizei. Wenn Einbrüche zunehmen, Autos abgefackelt werden, Anschläge passieren, Frauen und Minderheiten bedrängt werden, Parallelgesellschaften wachsen und mafiöse Clans die Macht übernehmen, dann spüren wir: Es gibt keine Sicherheit und keine Freiheit, wenn Gesetze nicht eingehalten werden. Gesetzlosigkeit führt zu Misstrauen, Unrecht, Angst und Gewalt. Gesetzlosigkeit ist die Hölle. Gute Gesetze sind ein Segen!

Deshalb: Ein Hoch auf unser Gesetz! Ich kenne kein besseres Rechtssystem in der Welt als das Unsrige in Deutschland. Ein Hoch auf all die Polizisten und Justizbeamten, die helfen, es hochzuhalten und durchzusetzen!

Und ein Hoch auf die großartigen Gebote des Königs aller Könige! Lassen wir uns erfüllen mit dem Heiligen Geist, der uns hilft, sie in der Bibel zu lesen, zu lieben und zu befolgen. Nicht aus sklavischem Gehorsam sondern aus Liebe heraus. Nicht um uns Gottes Gunst und das Heil zu verdienen sondern in dem festen Wissen, dass Gottes Ja zu uns fest steht und wir durch seine Gnade für immer seine geliebten Kinder bleiben, auch wenn wir scheitern und Fehler machen. Gottes Königreich ist dort, wo Menschen genau das tun. Genau dort breitet sich der Himmel aus.

Siehe auch:

Himmel auf Erden

Warum wir die Gemeinschaft, nach der wir uns sehnen, so oft selbst zerstören

Kennen Sie den Film „Castaway – verschollen“? Tom Hanks spielt darin einen Mann, der auf einer einsamen Insel wie Robinson Crusoe ums Überleben kämpft. Eines Tages spülen die Wellen noch einige Pakete aus seinem abgestürzten Flugzeug an den Strand. In einem findet er einen Volleyball der Marke Wilson. Tom Hanks malt ihm ein Gesicht auf und ab sofort ist „Wilson“ sein täglicher Gesprächspartner. In der dramatischsten Szene des Films verliert er Wilson auf dem Meer. Als Zuschauer leidet man intensiv mit – obwohl es doch nur um einen Volleyball geht! Das hat mir deutlich gemacht: Wir Menschen können nicht alleine sein! Wir brauchen ein Gegenüber. Wir sind auf Beziehung und Gemeinschaft mit einem „Du“ angelegt – selbst wenn das „Du“ nur ein Volleyball ist!

In Römer 12, 5 erklärt Paulus: “Jeder Einzelne ist auf alle anderen angewiesen.” Das heißt: Jeder braucht Hilfe, Trost, Ergänzung und Ermutigung von Anderen. Deshalb ermahnt Paulus auch immer wieder: „Helft euch gegenseitig bei euren Schwierigkeiten und Problemen.“ (Galater 6, 2) Und noch öfter ruft uns die Bibel auf, dass wir einander lieben sollen, und zwar nicht nur irgendwie sondern so wie Jesus uns geliebt hat (Joh. 13, 34): Beständig (1. Petrus 4, 8) und mit aufrichtiger Zuneigung (Römer 12, 10). Die Gemeinschaft der Christen ist Gottes große Tankstelle für unseren Liebestank! Gott will jeden von uns dafür gebrauchen, unsere Mitmenschen mit seiner Liebe zu beschenken.

Blogbild Gemeinschaft1

Allein geht man ein! Das spüren wir alle intuitiv. Wir haben alle Sehnsucht nach gelingenden Beziehungen, in denen wir uns getragen und geborgen wissen dürfen. Und wir alle spüren: Eine liebevolle Gemeinschaft ist so attraktiv, dass sie von ganz alleine wachsen würde. Die große Frage ist: Warum gelingt gute Gemeinschaft trotzdem so selten? Die Bibel redet ungeheuer viel über diese Frage. Dabei zeigt sie uns 2 Hauptgefahren für gelingende Gemeinschaft, die wir unbedingt kennen sollten:

Die erste beschreibt Jakobus in Jakobus 4, 1: „Was verursacht die Kriege und Streitigkeiten unter euch? Sind es nicht die vielen Begierden, die in euch kämpfen? … Ihr seid neidisch auf das, was andere haben … Doch euch fehlt das, was ihr so gerne wollt, weil ihr Gott nicht darum bittet.“ Jakobus sagt: Mangelgefühle sind ein Hauptgrund für Streitigkeiten! Sie lösen all diese Reaktionen aus, die Gemeinschaft zerstören: Neid, Eifersucht, das Gefühl, zu kurz zu kommen und vernachlässigt zu werden.

Dass Menschen Mangel erleben ist ja normal. Das Problem ist, dass wir Gott nicht bitten, unseren Mangel auszufüllen! Statt aus der Quelle der Liebe Gottes zu trinken erwarten wir von anderen Menschen, dass sie unseren Mangel ausfüllen sollen. Das muss zwangsläufig zu Frust und Enttäuschungen führen. Je weniger Menschen in einer Gemeinschaft gelernt haben, ihren Herzens-Liebestank direkt mit der Liebe Gottes zu füllen, umso mehr Mangel entsteht in dieser Gemeinschaft. Und umso mehr Verteilungskämpfe gibt es um Lob, Aufmerksamkeit, Anerkennung und Beachtung. Und entsprechend gibt es mehr Konflikte, Streit und Auseinandersetzungen.

Deshalb ist es traurig, dass viele Christen denken, dass sie sich mit dem Thema der Liebe Gottes nicht mehr beschäftigen müssten. Denn in unseren Gemeinschaften sehen wir Liebes-Mangelwirtschaft an allen Ecken und Enden. Das beweist, dass wir vielleicht mit dem Verstand etwas über die Liebe Gottes wissen, aber wir erleben sie noch viel zu wenig in unseren Herzen. Das müssen wir ändern! Dann werden auch unsere Gemeinschaften zu Orten, in denen Menschen Gottes Liebe begegnen und heil werden können.

Aber das ist noch nicht die ganze Geschichte. Die Bibel nennt noch eine 2. Hauptursache für unsere Gemeinschaftsprobleme: Stolz! Stolz ist die alte Ursünde der Menschheit, Gott gleich sein zu wollen. Dieser Wunsch hat schon Adam und Eva das Paradies und die Gemeinschaft mit Gott gekostet. Und er führt auch heute noch dazu, dass wir statt fröhlicher Gemeinschaft Streit, Spaltung und Probleme haben.

Unser Stolz hat viele Facetten: Wir beurteilen Andere und richten über sie. Wir fühlen uns Anderen überlegen. Wir glauben, dass wir im Mittelpunkt stehen sollten und Beachtung und Lob verdient haben. Wir stellen uns gerne als perfekt, souverän und fehlerlos dar. Dabei steht all das doch nur Gott allein zu!

Die Fassaden und Masken, mit denen wir unser perfektes Image pflegen, schaffen Distanz. Unser Geltungsbedürfnis geht Anderen auf die Nerven. Das Herabschauen auf Andere, das Urteilen und Richten erzeugt Mauern des Misstrauens. All das zerstört die Gemeinschaft, nach der wir uns doch eigentlich so sehr sehnen. Jeder von uns kennt diese Medaille Stolz Mangelzerstörerische Dynamik. Und trotzdem sind wir alle so anfällig dafür!

Mangelgefühle und Stolz sind also die 2 Hauptfeinde guter Gemeinschaft. Letztlich sind sie 2 Seiten der gleichen Medaille. Denn wer keinen Mangel an Liebe und Selbstwert hat, der hat es gar nicht nötig, stolz und überheblich zu sein. Die gute Nachricht ist: Für unser 2-faches Problem gibt es auch eine zweifache Therapie: Gottes Liebe und das Kreuz!

Durch Gottes Liebe wächst in uns ein stabiler Selbstwert, der …

… sich seines Werts gewiss ist auch ohne ständig im Mittelpunkt zu stehen.
… sich nicht aus der Bahn werfen lässt, wenn er von anderen Menschen enttäuscht wird.
… stark genug ist, vergeben und instabile Menschen aushalten zu können.
… über seine Schwächen lachen kann und sie nicht hinter Fassaden verstecken muss.
… zufrieden ist und in sich ruht, auch wenn nicht alles nach den eigenen Wünschen läuft.

Durch das Kreuz wächst in uns ein zerbrochenes Herz, das …

… sich seiner eigenen Fehler und seiner Schwäche wohl bewusst ist.
… kein Überlegenheitsgefühl mehr kennt.
… um seine Ergänzungsbedürftigkeit weiß.
… sich deshalb nur im Team wirklich wohl fühlt.
… sich einfach nicht mit Streit, Spaltung und Misstrauen im Leib Christi abfinden kann.

Menschen mit einem stabilen Selbstwert und einem zerbrochenen Herz: Das sind die Friedensstifter, nach denen Gott sucht, um Gemeinschaften zu formen, in denen Menschen der Liebe des Vaters begegnen und heil werden können.

In Psalm 133 sagt Gott: Sein Segen ist dort, wo seine Kinder in Einheit zusammen sind. Genau dort ist Jesus schon jetzt mitten unter uns. Genau dort können wir schon jetzt ein Stück Himmel auf Erden erleben. Diese wundervolle Erfahrung wünsche ich uns allen!

Mehr dazu:

Mach uns eins

1. Jeder, der hier bei uns steht ist von Dir geliebt.
Jeder, der zu Dir gehört ist an Deinem Leib ein Glied.
Wir brauchen Dich als unser Haupt, dass Du uns zusammenfügst.
Wir nehmen uns einander an, so wie Du uns, Herr, annimmst.

Refr.:  Mach uns eins, eins in Dir, o Herr.
Mach uns eins, eins in Dir, unser Herr.
Nimm fort, was uns trennt, brich den Stolz mit Deiner Liebe,
dass die Welt erkennt, dass Du uns regierst.

2. Jesus, Du hast uns gezeigt, was wahre Liebe ist,
als wir noch Deine Feinde war’n und Du für uns gestorben bist.
Herr, lehre uns vergeben und zu lieben so wie Du:
Bedingungslos und ohne Falsch. Jesus komm, verbinde uns!

Bridge:   Jesus, wir brauchen Dich jetzt hier!
Denn wahre Einheit wächst nur dort, wo Du regierst.

Wir sind eins, eins in Dir, o Herr.
Wir sind eins nur in Dir, unser Herr.
Nimm fort, was uns trennt, brich den Stolz mit Deiner Liebe,
dass die Welt erkennt, dass Du uns regierst.