Einheit zwischen Enge und Beliebigkeit

Wie wächst Einheit? Und was zerstört sie? Das sind entscheidende Zukunftsfragen für die Kirche Jesu. Unser Herr hat nicht nur intensiv für Einheit gebetet. Er hat zudem klar gestellt: Nicht nur unser Zusammenhalt, auch unsere evangelistische Strahlkraft hängt daran (Johannes 17, 21-23). Aber obwohl der Ruf nach Toleranz für mehr Einheit in Vielfalt scheinbar in aller Munde ist – es vergeht doch kaum eine Woche ohne Klagen über Risse, Gräben und Konflikte unter Christen. Könnte es sein, dass wir zu einseitig auf dieses wichtige Thema schauen? Tatsächlich macht die Bibel deutlich: Wenn wir wirklich Einheit wollen, dann müssen wir immer 3 Dinge im Blick behalten:

1. Es ist Christus, der Einheit schafft!

Toleranz schafft keine Einheit. Weite schafft keine Einheit. Echte Einheit kommt immer von Christus:

„Stattdessen lasst uns in Liebe an der Wahrheit festhalten und in jeder Hinsicht Christus ähnlicher werden, der das Haupt seines Leibes – der Gemeinde – ist. Durch ihn wird der ganze Leib zu einer Einheit.“ (Eph.4,15+16a)

Das bedeutet: Echte Herzenseinheit ist etwas Übernatürliches. Sie ist ein Geschenk, das wir aus uns selbst heraus nicht machen, nicht produzieren und deshalb auch nicht einfach so einfordern können. Einheit wächst, wenn wir zu Christus aufschauen. Christus als Fundament und als Haupt seines Leibes fügt die vielfältigen Glieder der Gemeinde zu einer Einheit zusammen.

2. Gottes Geist schützt uns vor Enge

Aber wie macht Jesus das? Bevor Jesus ging, hat er das Kommen seines Geistes angekündigt (Johannes 16, 7). Es ist dieser Geist, der…

… die Liebesbeziehung zum himmlischen Vater lebendig und kraftvoll werden lässt (Galater 4, 6) und „uns tief im Herzen bestätigt, dass wir Gottes Kinder sind.“ (Römer 8, 16) Dieses Wissen kann uns eine feste, gesättigte Identität verleihen. Als geliebte Königskinder sind wir sehr viel weniger anfällig dafür, unsere Identität aus einem einflussreichen Posten oder aus dem Beifall von Menschen zu nähren. Das macht gelassen und einheitsfähig.

… christusgemäße Früchte in uns wachsen lässt, die für harmonische Beziehungen unerlässlich sind: Liebe. Frieden. Geduld. Freundlichkeit. Güte. Treue. Sanftmut. (Galater 5, 22-23)

… uns unsere Schuld und unsere Fehlerhaftigkeit offenbart (Johannes 16, 8) und uns somit spüren lässt: Wir leben alle aus Gottes Gnade und Barmherzigkeit. Das macht demütig. Das hilft uns, auch anderen gegenüber gnädig und barmherzig zu sein. Das hilft uns, zu vergeben, so wie auch uns vergeben wurde.

… uns hilft, die Bibel mit den Augen des Autors zu lesen, damit biblische Lehre nicht menschlich verengt wird und damit Speziallehren nicht zu Spaltpilzen werden.

… uns hilft, die Gebote Jesu zu leben, die wir aus eigener Kraft niemals leben könnten. Eine geist-lose Kirche hat immer nur die Wahl, entweder liberal oder gesetzlich zu werden. Beides spaltet die Kirche gleichermaßen.

Deshalb sind wir unbedingt angewiesen auf diese geistgewirkte Verbindung zu Christus. Sie schützt uns vor der Enge, die unsere Einheit zerstört.

3. Gottes Wort schützt uns vor Beliebigkeit

Paulus sagt aber auch: Wir sollen „in Liebe an der Wahrheit festhalten und in jeder Hinsicht Christus ähnlicher werden.“ Was ist denn die Wahrheit? Wer und wie ist denn dieser Christus, dem wir immer ähnlicher werden sollen? Wie hat er gelebt? Was hat er getan? Was hat er gelehrt? Was denkt er darüber, wie wir leben sollen?

Unsere zentrale und letztlich einzige Informationsquelle zu diesen wichtigen Fragen ist die Bibel. Wenn alle Christen sich diesem biblischen Christus nähern, dann finden Sie automatisch auch immer näher zueinander – trotz aller Vielfalt an Prägungen, Erfahrungen, unterschiedlichen Schwerpunkten und trotz aller Unterschiede in Auslegungsdetails. Wenn aber die biblischen Texte selbst in Frage gestellt sind, dann können sie kein gemeinsamer Maßstab und keine gemeinsame Mitte mehr sein. Wenn wir meinen, dass die Bibel nur alte Erfahrungen enthält, die heute so nicht mehr gelten und die zudem nur mit bibelwissenschaftlichen Mitteln entschlüsselt werden können, dann verlieren wir die Offenbarungsqualität und die Klarheit der Schrift. Dann verirren wir uns in unterschiedliche, ja gegensätzliche Christusbilder.

Auch theologische Experten werden daran nichts ändern können, denn sie sind sich ja selbst nicht einig, wer und wie dieser Christus ist. Wenn die Bibel keine allgemeinverständlichen zeit- und kulturübergreifenden Wahrheiten enthält, dann gibt es für diese Grundlage der Kirche Jesu keinen Ersatz. Dann wird unser Bild von Christus subjektiv und beliebig. Dann wird die gute Nachricht, die die Kirche an Christi statt weitergeben soll (2. Kor. 5, 20), unklar und vielstimmig. Dann gibt es zur Frage nach der Aufgabe und Ausrichtung von Gemeinde keine Einigkeit mehr. Dann haben wir nicht einmal mehr eine gemeinsame Diskussionsbasis für das gemeinsame Ringen um einen „jesusmäßigen“ Kurs der Kirche Jesu. Dann verliert die Kirche ihre gemeinsamen Bekenntnisse, ihre gemeinsame Botschaft und ihre gemeinsame Ausrichtung. Dann fangen wir in unseren Gemeinschaften an, in völlig verschiedene Richtungen zu ziehen. Dann lähmt und spaltet sich die Kirche selbst.

Deshalb sind wir unbedingt angewiesen auf dieses feste Vertrauen in die Verlässlichkeit und Gültigkeit der heiligen Schrift als das zuverlässige Wort Gottes, das unser gemeinsamer Maßstab für alle Fragen des Glaubens und des Lebens ist. Das schützt uns vor der Beliebigkeit, die unsere Einheit zerstört.

Unsere Einheit steht auf 2 Beinen: Gebet und Gottes Wort

Als die Gemeinde in Jerusalem wuchs und es dadurch immer mehr organisatorische Aufgaben zu bewältigen gab, trafen die Apostel eine kluge Entscheidung:

„Wählt unter euch sieben Männer mit gutem Ruf aus, die vom Heiligen Geist erfüllt sind und Weisheit besitzen. Ihnen wollen wir die Verantwortung für diese Aufgabe übertragen. Auf diese Weise haben wir Zeit für das Gebet und die Verkündigung von Gottes Wort.“ (Apostelgeschichte 6, 3-4)

Die Apostel wussten genau, was die beiden entscheidenden Faktoren sind, um diese schnell wachsende, extrem bunte und vielfältige Truppe zusammen zu halten: Zum einen die praktisch gelebte Beziehung zu Jesus Christus im Gebet und in der Anbetung. Und dazu die gesunde Lehre (Titus 1, 9) der Propheten und der Apostel, die wir heute in geschriebener Form in der Bibel finden. Genau das bildet auch für Paulus das entscheidende Fundament für die Kirche Jesu:

„Wir sind sein Haus, das auf dem Fundament der Apostel und Propheten erbaut ist mit Christus Jesus selbst als Eckstein.“ (Epheser 2, 20)

Natürlich ist Gebet und Gottes Wort ist nicht alles. Zum erfolgreichen Gemeindebau gehört noch sehr viel mehr. Aber ohne Gebet und Gottes Wort ist alles nichts. Der geistgewirkte Fokus auf Jesus Christus, der durch Gebet und Gottes Wort jeden Tag praktisch gefördert wird, ist und bleibt die entscheidende Grundlage für unsere Einheit und evangelistische Ausstrahlung.

Lassen Sie uns gemeinsam diese Einheit suchen. Oder besser formuliert: Lassen Sie uns gemeinsam Jesus Christus suchen im Gebet und in seinem Wort. Er schenkt uns die Einheit, nach der wir uns alle sehnen und die wir so dringend brauchen.


Weiterführend dazu: Umkämpfte Einheit – Ein Frontbericht