Umkämpfte Einheit

Ein Frontbericht vom größten Kampfplatz des Christentums

Nie werde ich diesen Anblick vergessen: Es war 1989 auf dem evangelischen Kirchentag in Berlin. Eine große, alte Kirche, bis auf den letzten Platz gefüllt, eine Band spielt, junge und alte Menschen singen inbrünstig, manche mit hoch erhobenen Händen. Von Prophetie ist die Rede, und vom Heiligen Geist. Ich nutze die Möglichkeit, mich mit Handauflegung segnen zu lassen – und bin angesteckt von der begeisternden Atmosphäre.

Aber eine Bekannte warnte mich. Sie schenkte mir ein Buch, in dem die Meinung vertreten wurde, dass diese sogenannte „charismatische Bewegung“ eine Verführung sei, in der dämonische Mächte am Werk wären. Das verunsicherte mich. Wer will schon etwas mit Dämonen zu tun haben?

Später lernte ich, dass diese Sichtweise auf einen uralten Konflikt aus dem Jahr 1909 zurückgeht: Damals hatte die deutsche Gemeinschaftsbewegung in der sogenannten „Berliner Erklärung“ den Geist der Pfingstbewegung als einen „Geist von unten“ bezeichnet. Dadurch entstand eine tiefe Trennung zwischen den pfingstlich/charismatisch geprägten Christen und den traditionellen pietistischen und evangelikalen Gruppen.

Über 1 Jahr habe ich gebraucht, um in diesem Konflikt meine Position zu finden. Sehr geholfen hat mir ein Besuch bei meinem Bruder, der damals als Bibelschullehrer in Afrika tätig war. Dort gab es diese Spaltung nicht. Die vielfältig geprägten Gemeinden und Werke haben ganz selbstverständlich zusammengearbeitet. Das war für Alle ein großer Segen. Seither bin ich überzeugt, dass dieses Gegeneinander nicht Gottes Wille sein kann. Im Gegenteil: Einheit ist absolut notwendig, und zwar vor allem aus 2 Gründen:

  1. Jede Gemeinschaft hat Stärken und Schwächen. Niemand kann alles leisten. Wir sind auf gegenseitige Ergänzung und Unterstützung angewiesen! Die Bibel sieht die Christen eines Hauskreises, einer Gemeinde, einer Firma, einer Schule, einer Stadt, einer Region als Leib (Römer 12, 5). Fehlende Einheit führt dazu, dass die einzelnen Glieder des Leibes sich nicht gegenseitig unterstützen und ergänzen können. Kein Wunder, wenn das Christentum dann kraft- und erfolglos ist. Einheit ist deshalb die grundlegende Voraussetzung dafür, dass wir als Leib Christi in einer Gemeinde oder in einer Region etwas bewegen können!
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  2. In Johannes 17, 21 betet Jesus: „Ich bete für sie alle, dass sie eins sind … damit die Welt glaubt, dass du mich gesandt hast.“ Einheit macht also unser Zeugnis über Jesus glaubwürdig. Wo Einheit fehlt, glaubt uns kein Mensch mehr, dass wir Christen etwas Wichtiges zu sagen haben!

Die Folgen können wir leider in unserem Land hautnah erleben: Christen spielen in der öffentlichen Wahrnehmung kaum eine Rolle. Wir müssen mit ansehen, wie unser Land sich Stück für Stück von Gottes Werten und Normen entfernt. Ohne schwarz malen zu wollen bin ich davon überzeugt, dass die Folgen eines Tages dramatisch und existenziell für uns alle sein werden, wenn es keine Wende gibt.

 

Deshalb ist für mich das Thema Einheit DAS große Kampffeld der Christenheit! Der Teufel weiß es genauso wie Jesus: Nur als Einheit werden Christen in der Lage sein, das Evangelium zu verbreiten und den Verfall unserer Gesellschaft aufzuhalten, so wie es z.B. der Pietismus einst in beeindruckender Weise geschafft hat.

Erfreulicherweise gibt es seit einiger Zeit Mut machende Signale: 100 Jahre nach der Berliner Erklärung haben die Kontrahenten von damals den Konflikt offiziell beendet. Nach 500 Jahren schlimmer Verfolgung haben die Lutheraner die Täuferbewegungen um Vergebung und Versöhnung gebeten. Sehr bewegend war für mich, wie sich 1991 Evangelikale und Charismatiker gegenseitig für ihre Vorurteile um Vergebung gebeten haben. Ähnliches habe ich 2015 in Augsburg auf der MEHR-Konferenz zwischen protestantischen und katholischen Christen miterleben dürfen. Veranstaltungen wie das Christival vereinen heute ganz selbstverständlich unterschiedliche Prägungen. Und die evangelische Allianz arbeitet aktiv daran, das Zusammenwachsen weiter zu fördern.

All das ist mehr als erfreulich. Und doch sind wir längst noch nicht am Ziel! Vor Ort besteht oft immer noch große Distanz zwischen Gemeinden und Gruppen mit unterschiedlicher Prägung, nicht zuletzt auch zwischen Landes- und Freikirchlern. Viel zu viele Christen können ein Lied davon singen, wie viel Streit, Konflikte, Misstrauen, Intrigen und Spaltungen es immer noch in christlichen Gruppen und Gemeinden gibt.

Und trotzdem bin ich felsenfest davon überzeugt, dass die Kirche Jesu früher oder später eine große Einheit erleben wird! Warum? Ganz einfach: Jesus selbst hat intensiv für diese Einheit gebetet! Und will hier etwa irgendjemand behaupten, dass ein Gebet, das Gott höchstpersönlich gesprochen hat, nicht erhört wird??? Eben.

Wir sollten uns deshalb nicht durch Negativerfahrungen einschüchtern oder entmutigen lassen. Denn dann würden wir den gleichen Fehler machen wie einst das Volk Israel nach dem Auszug aus Ägypten: 40 Jahre lang haben sie das verheißene Land verpasst, weil sie sich haben einschüchtern lassen von den Riesen, die dort lebten, statt mutig das Land zu erobern, das Gott ihnen versprochen hatte.

Die verschiedenen Riesen, die uns bislang noch aus dem gelobten Land der Einheit fernhalten (ich werde sie in den nächsten Blogposts näher beschreiben), haben auch mich zeitweise ziemlich erschlagen und entmutigt. Aber heute ich bin mir sicher: Mit Gottes Hilfe können und werden wir sie besiegen! Wie? Dazu mehr in der Fortsetzung zu diesem Artikel…

Teil 2 von „Umkämpfte Einheit“ berichtet von den “Schein-Riesen”. Sie sind die Trickser und Täuscher unter den Einheitsfeinden. Wir müssen sie unbedingt kennen, um nicht länger auf sie hereinzufallen!

Siehe auch:

2 Gedanken zu „Umkämpfte Einheit“

  1. Eine sehr gute Freundin ( Christin ), hat mich auf diesen Artikel auf merksam gemacht. Ich habe alles aufmerksam durch gelesen und bin begeistert. Es ist sehr verständlich und klar beschrieben, wie Menschen anhand der Bibel sich verhalten sollen. Das bringt mich auf jeden Fall sehr viel weiter in Sachen, Glauben an Jesus. Danke ihnen und meiner Freundin, ich glaube nicht an Zufälle, dass sollte so sein.

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