Umkämpfte Einheit (6): Wein-Krampf zwischen alt und neu

Wenn unter Christen ein neuer Aufbruch geschieht, gibt es oft Unfrieden mit den Etablierten und Alteingesessenen. Das war schon zu Jesu Zeiten so: Die Jünger des Johannes waren vom Verhalten der Jünger Jesu vollkommen irritiert. Sie konnten einfach nicht begreifen, warum Jesus und seine Jünger nicht fasten. Als sie Jesus dazu befragten, hat er ihnen das geduldig erklärt (Luk. 5,34). Dabei hat er sie auch ganz grundsätzlich gelehrt, wie man sich verhalten soll, wenn eine alte Bewegung Gottes auf eine neue trifft:

“Niemand füllt neuen Wein in alte Schläuche; sonst zerreißt der neue Wein die Schläuche und wird verschüttet und die Schläuche verderben. Sondern neuen Wein soll man in neue Schläuche füllen. Und niemand, der vom alten Wein trinkt, will neuen; denn er spricht: Der alte ist milder.” (Luk. 5, 37-39)

Daraus ergeben sich 2 einfache Regeln für den Umgang zwischen alten und neuen christlichen Bewegungen:

  1. Kein Mitmach-Druck!
    Wir Christen gewöhnen uns schnell an bestimmte Frömmigkeitsformen, in denen wir uns wohl, sicher und zu Hause fühlen. Neue Bewegungen haben eine Dynamik, die auf diejenigen, die an die „milden“ alten Formen gewöhnt sind, oft abstoßend wirkt. Das ist ganz normal. Deshalb sollten wir, wenn wir Teil eines neuen Aufbruchs sind, nicht frustriert sein, wenn Christen in den bestehenden Bewegungen nicht gleich begeistert mitmachen. Erst recht sollten wir sie dafür nicht verachten! Jesus hat die alte Johannes-Bewegung damals sogar sehr geschätzt. Einmal sagte er, dass Johannes der Größte aller Zeiten war! Genauso müssen neue Aufbrüche heute Achtung und Respekt für die Christen älterer Bewegungen bewahren, die an ihren alten Formen festhalten wollen.
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  2. Keine Integrationserwartung!
    Mit dem Vergleich von den Weinschläuchen ermahnte Jesus die Anhänger der alten Bewegung, dass sie nicht erwarten dürfen, dass die neue Bewegung sich der alten anpasst oder gar anschließt! Genauso gilt auch heute noch: Wenn um uns herum neue Aufbrüche geschehen dürfen wir nicht verlangen, dass diese sich in unsere bestehenden Gemeinden, Gruppen und Gottesdienste integrieren und sie mit mehr Besuchern und Mitarbeitern füllen müssen! Unsere alten Strukturen sind oft nicht geeignet für die neu erweckten Christen! Damit der neue Wein nicht verschüttet wird und die alten Schläuche nicht zerreißen müssen wir es deshalb zulassen und fördern, dass der neue Wein neue Schläuche bekommt! Das heißt nicht unbedingt, dass neue Gemeinden oder Kirchen gegründet werden müssen. Aber es heißt sehr wohl, dass wir den neuen Bewegungen Freiraum geben müssen für neue Strukturen und Versammlungen mit neuen Formen und neuen Schwerpunkten!

Sowohl die alten wie die neuen Bewegungen sollten sich vor Augen halten: Neuer Wein ist zunächst einmal nicht besser oder schlechter als alter Wein sondern einfach nur anders und für andere Menschen! Wir sollten deshalb die Anderen nicht geringschäNeu alt versoehnttzen sondern einander loslassen, freisetzen und segnen für die unterschiedliche Berufung, die jeder hat.

Ich bin mir sicher: Wenn wir diese einfachen Regeln Jesu verinnerlichen, kann das sich immer wieder wiederholende Drama des Krampfs und der Konflikte zwischen neuen und alten Bewegungen endlich ein Ende finden! Dann kann es versöhnte Aufbrüche geben, in denen das Neue freigesetzt und gefördert und das Alte geehrt, geachtet und befruchtet wird. Dann können wir miteinander vielleicht sogar Formen finden, in denen wir immer wieder auch gemeinsam Gott feiern und einander dienen können. Genau das ist es, was wir für eine gesunde Entwicklung im Reich Gottes unbedingt brauchen.

Der letzte Teil von „Umkämpfte Einheit“ gibt einen visionären Ausblick auf das „Einheits-Land“, das Gott uns verheißen hat. Schau es Dir an und lass Dich verführen, es zu erobern!

Siehe auch:

Ein Freund! Ein guter Freund…?

Ist es angemessen, Gott als seinen „Freund“ zu bezeichnen? Sozusagen als netten Kumpel, der mit uns durchs Leben schlendert? Hört sich das nicht eher nach weichgespültem Kuschelchristentum statt nach solider Theologie an? In der Tat: Ich würde Gott niemals als meinen „Kumpel“ bezeichnen. Schließlich haben wir es hier mit dem Schöpfer des Universums und dem Herrn aller Herren zu tun! Als Johannes ihn sah im gleißend hellen Licht mit donnernder Stimme und einem Schwert im Mund fiel er erst einmal ohnmächtig zu Boden. Paulus ging es auch nicht viel besser. Also kumpelhaft ist Jesus da nicht gerade aufgetreten.

Umso erstaunlicher ist es, dass die Bibel uns trotzdem lehrt, dass dieser gewaltige, ehrfurchtgebietende Gott tatsächlich unser Freund sein möchte. Jesus hat das ganz direkt ausgesprochen:

“Ich nenne euch nicht mehr Diener, weil ein Herr seine Diener nicht ins Vertrauen zieht. Ihr seid jetzt meine Freunde, denn ich habe euch alles gesagt, was ich von meinem Vater gehört habe.” (Johannes 15, 15)

Aber Moment: Ist Gott nicht unser Herr, dem wir nachfolgen und dienen sollen? Und ist er nicht vor allem unser Vater im Himmel und wir seine Kinder? Ja, natürlich sind auch diese Beschreibungen unserer Beziehung zu Gott absolut zutreffend. Aber die ganze Bibel macht auch deutlich, dass Gott noch mehr für uns hat. In Galater 4, 3-4 schreibt Paulus:

“So war es auch bei uns, bevor Christus kam. Wir waren Diener dieser Welt. Doch als der festgesetzte Zeitpunkt da war, sandte Gott seinen Sohn … um uns aus der Gefangenschaft des Gesetzes freizukaufen und als seine Kinder anzunehmen.”
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Im Alten Bund hatte Gott die Menschen noch wie Knechte behandelt, denen man Regeln und Gebote auferlegt und von denen man absoluten Gehorsam verlangt. Im Neuen Bund hingegen geht Gott als Vater mit uns um. Auch ein Vater stellt Regeln auf. Aber das Ziel ist ein vollkommen anderes: Gott will keinen blinden Gehorsam mehr. Sein Ziel für uns ist jetzt Reife und Mündigkeit! In Epheser 4, 13 macht Paulus das ganz direkt deutlich:
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“Auf diese Weise sollen wir alle im Glauben eins werden und den Sohn Gottes immer besser kennen lernen, sodass unser Glaube zur vollen Reife gelangt und wir ganz von Christus erfüllt sind.”

Gott will uns also nicht mehr drängen oder gar bedrohen müssen. Er möchte einen weisen Charakter in uns hervorbringen, durch den wir aus eigenem Antrieb heraus gerne das Richtige tun. Er will uns sein Gesetz nicht mehr durch Worte in Befehlsform vermitteln sondern „in unser Herz schreiben“ (Jeremia 31, 33), so dass sie Teil unserer Persönlichkeit, unseres Charakters, unseres Wesens werden.

You are my friend Grafik

Je älter und reifer Kinder werden, umso mehr werden sie zu einem Gegenüber und zu Freunden ihrer Eltern. Genau das ist auch Gottes Ziel für uns. Dafür hat er uns nach seinem Bild geschaffen! Die Schöpfungsgeschichte berichtet, wie Adam und Eva einen geradezu freundschaftlichen Umgang mit Gott hatten. Im Alten Testament blitzt das noch öfter auf, z.B. wenn Abraham erfolgreich mit Gott verhandelt oder wenn von Mose berichtet wird, dass er täglich mit Gott „wie mit einem Freund redete“. Das zeigt: Dieser gewaltige Gott will tatsächlich, dass wir kleinen Menschen ihm ein mündiges Gegenüber werden!

Ja, es ist wichtig, Gott als Herrn anzuerkennen, vor ihm die Knie zu beugen und ihm zu dienen. Ja, Gott ist für immer unser Vater und wir sind seine Königskinder. Aber Gottes Ziel mit uns ist, dass wir auch seine Freunde werden. Damit das in unserem Leben praktisch wird ist es notwendig, dass wir vor ihm unsere Fassaden fallen lassen und ehrlich vor ihm werden. Dafür müssen wir ihn mitnehmen in unseren Alltag und ihn einbeziehen in unsere großen und kleinen alltäglichen Angelegenheiten. Und vor allem ist es wichtig, dass wir nicht aufhören, diese Beziehung zu ihm zu suchen, zu pflegen und dran zu bleiben, auch wenn er uns gefühlsmäßig gerade einmal weit weg zu sein scheint.

Wir können uns darauf verlassen: ER IST DA! Jeden Tag. Er will uns Vater, Freund und Bruder sein. Was für ein Vorrecht haben wir, dass dieser gewaltige, heilige Gott sich uns auf so nahbare Weise offenbart und auf Augenhöhe mit uns kommt.

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