Kennst Du den Film Titanic? Der Film beschreibt eine bizarre Situation. Nach der Kollision des Schiffs mit dem Eisberg steht fest: Das Wasser ist nicht aufzuhalten. Das Schiff wird untergehen. Aber während unten im Schiff das Wasser von einer Kammer in die nächste läuft, wird oben auf Deck gefeiert, gelacht und getrunken. Und selbst, als sich herumspricht, dass es ein ernstes Problem gibt, wird die furchtbare Wahrheit noch lange verdrängt. Die Katastrophe führt auch nicht dazu, dass die gespaltene Gesellschaft auf dem Schiff zusammenrückt und eine Notgemeinschaft bildet, im Gegenteil: Die Katastrophe bringt den Egoismus der Menschen erst recht ans Tageslicht. Während die einen in halbleeren Rettungsbooten sitzen, werden die anderen in den untergehenden Decks eingesperrt.
Warum schreibe ich das?
Ich glaube, dass Wasser ins Schiff unserer Gesellschaft läuft. Und es ist Zeit, die Rettungsweste anzulegen und die Boote bereit zu machen.
Es sind nicht so sehr die handfesten Katastrophen, die mich zu dieser sorgenvollen Annahme bewegen. Inflation, Krieg, Energiekrise, Klima, Pandemie… eine gesunde, vitale Gesellschaft könnte das alles bewältigen. Nach dem Krieg hatte unser Land deutlich schlechtere Startbedingungen als heute. Aber statt dem Untergang kam das Wirtschaftswunder.
Viel größere Sorge bereiten mir die weniger offensichtlichen Katastrophen. Ich denke dabei in erster Linie an den wegbrechenden gesellschaftlichen Zusammenhalt. Das beginnt in den Familien. Das biblische Ideal einer lebenslangen Partnerschaft von Mann und Frau, die einen Schutzraum für das gesunde Aufwachsen von Kindern bietet, wird zunehmend ersetzt durch eine Ideologie der “sexuellen Vielfalt”, die solche Schutzräume nicht bieten kann. Stattdessen werden die Kinder immer früher und länger in staatliche Einrichtungen abgeschoben (wenn sie nicht vorher abgetrieben werden). Die Zahl der Singlehaushalte nimmt beständig zu. Zugleich nimmt die Bereitschaft zum respektvollen Dialog und zur echten Toleranz beständig ab. In den letzten Tagen musste ich immer wieder denken: Eine Gesellschaft, die nicht einmal mehr vernünftig und sachlich über die simple Frage diskutieren kann, wie viele Geschlechter es gibt, kann keinen Gemeinsinn und keinen Zusammenhalt mehr entwickeln. Auch dann nicht, wenn sie unter Druck gerät. In der frühen Phase der Corona-Pandemie sah es zwar noch so aus, als ob man die Krise gemeinsam meistern möchte. Inzwischen hat gerade die Pandemie die Spaltung der Gesellschaft weiter vorangetrieben.
Es wird ungemütlich
Ich sehe so viel von Jesaja’s Gerichtsankündigung auch in unserem Land Realität werden:
„Gott spricht: »Ich mache Jugendliche zu ihren Beamten, und Halbstarke werden über sie herrschen. Im Volk kämpft jeder gegen jeden. Einer geht auf den anderen los: der Junge auf den Alten, der Verachtete auf den Angesehenen.“ (Jesaja 3, 4-5)
Ohne Frage wird der Ton rauer und die Stimmung aggressiver – auch gegenüber denen, die für unsere Gesellschaft so wichtig sind: Lehrer und Schulrektoren, Polizisten, Bürgermeister, Rettungssanitäter, Krankenpfleger, Politiker. Frag mal solche Leute, was sie in ihrem Alltag erleben, und Du weißt, wovon ich spreche. Wir haben es zugelassen, dass jede Menge Spaltpilze grassieren. Dabei denke ich nicht nur an die Genderideologie samt ihrer Sprachverrenkungen, die den einen das Gefühl moralischer Überlegenheit verleiht und die anderen wütend macht, weil sie sich fremdbestimmt fühlen. Wenn das Vertrauen in tragende und einende Institutionen (wie z.B. die großen Volksparteien, die öffentlich rechtlichen Medien oder das Bundesverfassungsgericht) erodiert, dann wächst ganz allgemein die Anfälligkeit für Populisten, Ideologen und Verschwörungstheorien aller Art. Dann gibt es am Ende niemand mehr, der dem Auseinanderdriften der Gesellschaft wirkungsvoll entgegentreten kann.
Ich könnte noch seitenweise über diese notvollen Entwicklungen schreiben. Aber diese wenigen Zeilen mögen reichen, um Dir zu zeigen: Es könnte schon bald ziemlich ungemütlich werden in unserem Land, wenn immer neue äußere Katastrophen auf eine immer tiefer gespaltene Gesellschaft treffen. Das gilt auch für uns Christen, die in nicht wenigen Milieus unserer Gesellschaft regelrecht verhasst sind. Ich hoffe und bete zwar, dass es nicht so kommt. Aber ich fühle mich gedrängt, Dich zu bitten, Dich ernsthaft mit der Möglichkeit zu befassen, dass eine ernste Krise auf uns zurollt, die uns alle auch ganz persönlich betreffen wird. Es geht mir hier überhaupt nicht darum, Dir Angst zu machen oder gar Panik zu verbreiten. Die Bibel wird nicht müde zu betonen: Fürchte Dich nicht! Aber wenn es stimmen sollte, dass eine ernste Krise auf uns zukommt, dann ist es einfach wichtig, sich vorzubereiten. Und ich glaube: Dafür müssen wir Christen dringend einiges ändern.
Wir drehen uns um uns selbst
Vor einiger Zeit haben wir uns mit einigen lieben Geschwistern getroffen, die wir schon länger nicht mehr gesehen hatten. Es war sehr nett. Den Leuten ging es gut. Sie hatten alles, was sie brauchten. Sie waren fröhlich. Aber wie nebenbei haben sie geschildert, dass ihre Gemeinde zugrunde geht. Der Gottesdienstbesuch schrumpft zusammen. Die Kinder- und Jugendarbeit zerfällt. An Evangelisation ist nicht zu denken. Das schien aber ein Randthema für sie zu sein. Sie hatten im Moment nicht vor, deshalb aktiv zu werden oder sich wenigstens eine neue, lebendige Gemeinde zu suchen. Vielleicht später. Aber im Moment waren sie so beschäftigt mit ihrem Alltag und ihren Lebensumständen. Der Alltag ist ja so stressig. Und wenn man Kinder oder pflegebedürftige Eltern hat und wenn beide Ehepartner berufstätig sind, da hat man erst recht keine Zeit für Gemeindeaktivitäten…
Mir fällt das auch unter uns Christen auf: Wir sind vor allem mit uns selbst beschäftigt. Und solange es uns und unserer Gesellschaft einigermaßen gut geht, können wir ja auch relativ problemlos leben nach dem Motto: Wenn jeder für sich selber sorgt, ist für alle gesorgt. Der Trend zum Individualismus geht auch an der Kirche Jesu keineswegs vorbei. Aber in Notzeiten sind gewachsene Vertrauensbeziehungen mit das wichtigste Kapital, das wir haben. Wenn die Illusion zerbricht, dass der Staat alle unsere Probleme lösen kann, dann merken wir, wie sehr wir eine funktionierende Gemeinschaft benötigen.
Komm aufs Spielfeld
Umso dringender sollten wir Christen uns erinnern: Nicht Konferenzen, Programme oder Onlineangebote sind Gottes Antwort auf die Not der Welt, sondern vor allem die lokale Gemeinde. Deshalb sollten wir JETZT alles daran setzen, lebendige, christuszentrierte Gemeinschaften zu bauen, in denen wir eingebunden sind in ein Netz aus gesunden Beziehungen. Es kann und darf uns nicht gleichgültig sein, wenn es an unserem Ort keine lebendige Gemeinschaft von Jesusnachfolgern gibt. Es reicht auch nicht, die Schuld dafür auf Andere zu schieben. Mürrisches Publikum haben wir auch unter uns Christen zur Genüge. Es ist an der Zeit, wieder selbst aufs Spielfeld zu kommen, selbst mit anzupacken, entweder als mutiger Pionier oder als Unterstützer für die, die bereits am Kämpfen sind.
Was wir jetzt tun müssen…
… ist deshalb sehr einfach: Beten! Und Handeln! Unsere Gottesbeziehung stärken! Und alles tun, damit christuszentrierte Gemeinschaften und Gemeinden wachsen! Dabei müssen wir uns bewusst sein: Gemeindebau ist keine Spaßveranstaltung, die nach dem Lustprinzip funktioniert. Gemeindebau ist oft ein harter, herausfordernder Kampf. Schon die Bibel berichtet davon, wie die christlichen Gemeinden von Beginn an unter Feuer standen durch äußeren Verfolgungsdruck sowie durch innere Herausforderungen, durch praktische Nöte, durch Streithansel oder Irrlehre.
Ich möchte Dich deshalb herausfordern, Dich aufwecken zu lassen aus Deiner Routine. Hör auf, Dich um Dich selbst und Deine Bedürfnisse zu drehen. Verwurzele Dich jetzt in einer im Alltag gelebten Gottesbeziehung. Werde rasch ein profunder Kenner Deiner Bibel. Fang an, in Deinen Gaben zu dienen. Lass es zu, dass Dir Gott seine Trauer und seine Not um die verlorenen Menschen um Dich herum auf die Seele legen darf. Fang an zu weinen um die Kinder und Jugendlichen in Deiner Umgebung, um die sich niemand kümmert und denen niemand das Evangelium sagt. Fang an, zu arbeiten, damit an Deinem Ort lebendige Gemeinde wächst. Lass Dich dafür trainieren in Deinen Gaben und fang an, sie praktisch zu benutzen.
Zu den Booten!
Wenn es stimmt, dass das Wasser in das Schiff unserer Gesellschaft läuft, dann musst Du jetzt wissen, wo Deine Rettungsweste und Dein Rettungsboot ist. Deine Rettungsweste ist Deine im Alltag gelebte Christusbeziehung. Und Dein Rettungsboot ist eine starke Gemeinschaft von Jesusnachfolgern, denen Du dienst und von denen Du Dir dienen lässt. Dieses Boot brauchen wir für uns persönlich, weil Gott uns nun einmal nicht als Einzelkämpfer geschaffen hat. Aber dieses Boot ist auch entscheidend wichtig für die Menschen um uns herum. Unser Boot muss deutlich machen: Im Haus des himmlischen Vaters sind alle willkommen, die mit uns diesem Jesus nachfolgen wollen. Dafür muss es natürlich auch wirklich den Charakter eines Rettungsboots haben, nicht den Charakter einer Rückzugsburg oder eines Kuschelclubs für Gerettete. Es muss so gestaltet sein, dass Menschen dorthin eingeladen werden, dort andocken, Jesus entdecken und Teil dieser Gemeinschaft werden können.
Krisen sind immer auch Chancen. Aber dafür müssen wir frühzeitig die Krisensignale ernst nehmen und darauf achten, dass wir nicht unvorbereitet in sie hineinschlittern. Deshalb bitte ich Dich: Warte nicht. Leg Deine Rettungsweste an. Mach das Boot bereit. Jetzt.