4 Die Kirche steht an einem historischen Wendepunkt von der Staats- zur Freiwilligenkirche!

Jesaja 43, 19: „Seht hin, ich mache etwas Neues, schon keimt es auf. Seht ihr es nicht?“

Wir leben in einer historisch einmaligen Phase der Kirchengeschichte. Seit der konstantinischen Wende im 4. Jahrhundert war die Gestalt der europäischen Kirche durch ihre Verbindung mit dem Staat geprägt. Dadurch war weitgehend festgelegt, dass das ganze Volk zur Kirche gehört (“Volkskirche“). Entsprechend gehörten noch im Jahr 1970 fast 95 % der deutschen Bevölkerung zu einer der beiden großen Kirchen.

Die (Post-)Moderne hat jedoch aus den braven Kirchenschäfchen eigenwillige Individualisten gemacht. Plötzlich entscheiden die Menschen selbst, ob sie zur Kirche gehören wollen oder nicht – mit dramatischen Folgen: Im Jahr 2015 ist ihr Anteil an der Gesamtbevölkerung bereits auf 56 % gesunken. In manchen Bundesländern liegt er schon jetzt bei 20 %. Eine EKD-Studie stellt eine “Stabilität im Abbruch” fest: Nur noch 22 % der jugendlichen Kirchen­mitglieder fühlen sich mit der Kirche verbunden, nur noch 1% (!) der 16- bis 29-jährigen besucht regelmäßig den Gottesdienst. Die EKD wird zur “Seniorenkirche”.

Folgerichtig äußert Prof. Michael Herbst, dass es Zeit ist, sich vom Bild der Volkskirche, der weite Bevölkerungsteile angehören, zu verabschieden. Die Kirche ist auf dem Weg, wieder das zu werden, was sie ursprünglich war: Eine Freiwilligenkirche von entschiedenen Jesusnachfolgern.

Diese Entwicklung stellt die großen Kirchen vor eine gewaltige, ungewohnte Herausforderung: Plötzlich kann sie nur noch überleben, wenn sie so attraktiv wird, dass die Menschen gerne und freiwillig zu ihr kommen! Muss das den Kirchen Angst einjagen? Keineswegs, sagt der Religions­soziologe und Pastoraltheologe Paul Zulehner: Die Gestalt der Volkskirche sei zwar am Ende. Das sei aber keine Krise sondern ein „epochaler Umbau voller Chancen”! Die Kirche wandelt sich von einer Institution zu einer “Jesusbewegung”. Das kann jedoch nicht allein von Profis bewältigt werden: “Die Zeit der Expertenkirche geht zu Ende. Jetzt beginnt die Zeit der Laien!

Wir leben also in einer extrem spannenden Phase der Kirchengeschichte. Egal ob die Kirche es will oder nicht: 500 Jahre nach Luther sind wir Augenzeugen einer neuen, noch grundlegenderen Reformation. Heute und hier ist die Zeit der mutigen Pioniere, die ihre Bibel kennen, mit Jesus verbunden sind und ihr Leben geben, um SEINE Kirche zu bauen.

Dieser Text ist die Kurzversion des Artikels: Kirchengeschichte live – so spannend wie nie zuvor! (blog.aigg.de/?p=468)