Wie unser Herz gefüllt und unser Leben stabil werden kann

Oder: Das Geheimnis des Plastiksonnenschirmständers

Besitzen Sie einen Plastiksonnenschirmständer? Dann wissen Sie: So ein Ding ist eigentlich überhaupt nicht stabil. Stellt man einfach so einen Schirm hinein genügt ein kleiner Windhauch – und schon kippt er um. Aber der Clou ist: Er ist wie ein Tank, den man mit Wasser füllen kann. Ist er erst einmal gefüllt wird er so schwer, dass der Schirm auch im Wind stabil stehen bleibt!

Ein Plastiksonnenschirmständer ist ein wunderbares Bild für die Dynamik, die sich permanent bewusst oder unbewusst in unseren Gefühlen abspielt. Denn auch unser Herz ist wie ein Tank, der gefüllt werden will. Und die ganze Stabilität unseres Lebens hängt davon ab, ob er gefüllt ist oder nicht!

Eltern können das gut bei ihren Kindern beobachten. Permanent kämpfen sie um unsere Aufmerksamkeit: “Mama, schau mal, was ich gemalt hab!” “Papa, spielst Du mit mir?” “Mama, jetzt bin aber ich dran!” “Papa, kuck mal, ich kann schon auf einem Bein stehen!” Auch wenn uns das manchmal nervt dürfen wir nie vergessen: Unsere Liebe und Wertschätzung ist für sie genauso wichtig wie Kleidung und Essen! Es füllt ihr Herz wie einen Tank mit Selbstwert und Identität. Ohne diese „Grundnahrungsmittel des Herzens“ wird ihr Herz verunsichert und ihr Leben instabil.

Auch wenn wir Erwachsene es nicht mehr so offen zeigen: Der Durst nach Liebe, Aufmerksamkeit und Wertschätzung ist bei uns genauso groß. Und die Stabilität unseres Lebens hängt genauso davon ab, ob dieser Durst gestillt wird oder nicht. Mit gefülltem Herzenstank und einem stabilen Selbstwert ist es kein großes Problem für uns, wenn Menschen mal schlecht mit uns umgehen. Solange wir uns insgesamt geliebt und wertgeschätzt fühlen tun wir uns leicht, zu vergeben. Das macht unsere Beziehungen stabil und belastbar.

Aber wenn unser Herzenstank leer ist befinden wir uns permanent in einer Hab-Acht-Stellung. Wir befürchten, wieder nicht geliebt, wieder nicht geschätzt und wieder nicht beachtet zu werden. Dann genügt schon eine kleine ungeschickte Bemerkung – und unsere Gefühle kippen wie ein unbefestigter Sonnenschirm im Wind. Manche Menschen verziehen sich dann beleidigt ihr Schneckenhaus. Andere werden aggressiv. Aber in jedem Fall liegt ein großes Missverständnis vor! Denn das eigentliche Problem war gar nicht die ungeschickte und vielleicht wirklich dämliche Bemerkung unseres Mitmenschen sondern unser leeres Herz! So viele Konflikte in Ehen, Familien, Firmen und Gemeinden lassen sich in Wahrheit auf einen leeren Herzenstank und eine verletzte Identität zurückführen.

Was wir dabei unbedingt verstehen müssen ist: Menschen können unseren Herzenstank niemals vollständig füllen, auch nicht die besten Eltern oder der einfühlsamste Partner. Michael Jackson hatte Millionen von Fans, die ihm grenzenlose Liebe und Wertschätzung entgegenbrachten. Trotzdem blieb sein Leben instabil. Wenn wir nur von Menschen erwarten, dass sie unseren Tank füllen, überfordern wie sie – und wir werden selbst immer wieder enttäuscht. Dadurch zerstören wir gerade die Beziehungen, die uns doch eigentlich am wichtigsten sind.

Aber wer füllt dann unseren Herzenstank? Jesus hat dazu ein gigantisches Versprechen gemacht: „Wer an mich glaubt, wird nie wieder Durst haben!“ Gleich an mehreren Stellen im Johannesevangelium verspricht Jesus, dass er die Quelle ist, die den großen Durst unseres Herzens für immer stillt. Die große Frage ist: Wie geht das praktisch?

Diese Frage ist gar nicht so leicht zu beantworten. Das Wissen, dass wir einen liebevollen himmlischen Vater haben, in dessen Augen wir wertvoll, schön und kostbar sind, bleibt ja zunächst einmal etwas Abstraktes für uns Christen. Wir können Gott nicht sehen. Wir können seine Stimme nicht hören. Wir können uns nicht in seine Arme kuscheln. Vielleicht hatten wir schon einmal ein warmes Gefühl während einem schönen Gottesdienst. Aber das genügt bei weitem nicht, um eine verunsicherte Seele nachhaltig stabil zu machen.

Und doch gibt es Hoffnung. Jesus sagte, dass wir „glauben“ müssen, damit unser Durst gestillt wird. Glauben bedeutet in der Bibel immer viel mehr als „Für-wahr-halten“. Das ist nicht nur eine Kopfsache. Glauben hat in der Bibel immer mit Vertrauen zu tun. Und Vertrauen kann nur in einer Beziehung wachsen. Anders gesagt: Dieses Lebenswasser fließt dann in unseren Herzenstank, wenn wir eine enge, vertraute Herzensbeziehung mit Gott entwickeln. Eine Beziehung, in der die Liebe Gottes für uns greifbar, spürbar, erlebbar wird.

Meine Erfahrung ist: Eine solche Gottesbeziehung ist möglich. Sie kann immer mehr wachsen. Wie jede Beziehung geht sie zwar durch Höhen und Tiefen. Aber trotzdem trägt sie. Jesus sagte, dass diese Liebesbeziehung zu Gott wirklich das wichtigste überhaupt ist (Markus 12, 29-30). Sie ist die Quelle, die wirklich unseren Durst stillen und unser Leben stabil machen kann. Diese Beziehung will ich nie, nie mehr verlieren, immer wieder neu entdecken und immer mehr vertiefen.

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Als Jesus gefragt wurde, was denn eigentlich das Wichtigste im Leben ist, hatte er eine klare Antwort: Gott lieben! Nicht nur mit unserem Verstand und unserem Willen, auch mit Herz und Seele. Also auch mit Gefühlen und so….

Dass Liebe etwas mit Gefühlen zu tun hat, sollte ja eigentlich selbstverständlich sein. Ist es für uns Christen aber nicht. Vor allem nicht, wenn man wie ich in frommen Kreisen aufgewachsen ist und schon gefühlte 23694 Mal gehört hat, dass Gott uns liebt. Ist ja nicht schlecht, das immer wieder zu hören in der Kinderkirche, in der Jungschar, im Konfiunterricht usw. Aber eine Botschaft in Dauerschleife nutzt sich ab. Irgendwann hört man weg.

Das ist tragisch. Denn Fakt ist: Wir sind beim Thema der Liebe Gottes allesamt noch lange nicht am Ziel. Woher ich das weiß? Ganz einfach: Hätten wir wirklich verstanden, dass Gott uns liebt, würden wir ein völlig anderes Leben führen! Wir müssten nicht beleidigt ins Schneckenhaus kriechen oder um uns schlagen, wenn jemand unsere Bedürfnisse übersieht, uns nicht lobt oder uns nicht genügend beachtet. Wir müssten uns nicht in den Mittelpunkt drängen. Wir müssten uns keine Karriereleiter hinaufkämpfen, um bewundert zu werden. Wir bräuchten nicht das neueste Handy, um im gesellschaftlichen Statuswettbewerb mithalten zu können. Wir müssten unser Kind nicht mit anderen Kindern vergleichen. Wir bräuchten keine Fassaden, um Schwächen zu verstecken. Wir könnten die Jagd nach Liebe, Anerkennung, Lob, Wertschätzung und Aufmerksamkeit getrost an den Nagel hängen. Denn unsere Sehnsucht nach Liebe wäre ja von Gott gestillt – ganz ohne unser Zutun. Ein Leben mit dauerhaft gefülltem Liebestank: Wie herrlich entspannt wäre das!?

Der Punkt ist: Genau so ein Leben hat Jesus uns versprochen! Er sagte: Wenn wir aus seiner Quelle trinken werden wir nie wieder Durst haben! Ist das nicht unfassbar? Aber was meint Jesus mit „Trinken“?

„Trinken“ ist etwas ganz anderes als „Wissen“. Vielleicht wissen wir ja alles über das Wasser. Wir kennen die molekulare Zusammensetzung, das spezifische Gewicht, den Schmelzpunkt, die Anomalie. Aber um unseren Durst zu stillen hilft nur eins: Wir müssen das Wasser TRINKEN, das heißt: Verinnerlichen. Verkosten. Sich davon durchdringen lassen!

Wie das bei der Jesus-Quelle geht? Menschen haben verschiedene Zugänge zur Liebe Gottes. Mir hilft z.B. Lobpreis und Anbetung. Und das Kreuz, wenn ich dort wieder einmal mein Versagen gegen Gnade eintauschen darf. Und natürlich der Heilige Geist, der mein Bibellesen und Beten in einen Dialog verwandeln und mich in einen Raum der liebevollen Gegenwart Gottes versetzen kann.

Aber am wichtigsten ist, dass wir das Thema der Liebe Gottes von unserer Liste der abgehakten Themen streichen und wieder ganz oben auf unsere Lebensagenda setzen. Dafür müssen wir aufhören, den coolen, abgeklärten Christen zu spielen. Dafür müssen wir uns verletzlich machen, unseren Durst nach Liebe eingestehen, Gott unseren leeren Liebestank hinhalten – ruhig auch mal, indem man für sich beten lässt. Das kostet unseren Stolz. Aber diesen Preis ist es allemal wert. Denn meine Erfahrung ist: Es gibt nichts Besseres, nichts Schöneres, nichts Erfüllenderes, nichts Befriedigenderes, als die Liebe Gottes im Herzen zu spüren. Gott lädt uns ein:

„Der Geist und die Braut sagen: »Komm!« Wer durstig ist, der komme. Wer will, soll kommen und umsonst vom Wasser des Lebens trinken!“

 

Siehe auch: Der mit Gott kämpft