Umkämpfte Einheit (4): Stolz-Riesen und Selbstwert-Zwerge

Wo Menschen miteinander leben gibt es Konflikte. Das ist so sicher wie das Amen in der Kirche. Menschen sind nun einmal sehr verschieden. Sie kommunizieren unterschiedlich. Und deshalb gibt es Missverständnisse, Enttäuschungen, Verletzungen. Gut, dass Jesus uns gelehrt hat, zu beten: „Vergib uns unsere Schuld – wie auch wir vergeben unseren Schuldigern.“ Das Problem ist leider: Viele Konflikte lassen sich nicht einfach durch eine kurze Aussprache und Vergebung lösen, weil die Ursachen viel tiefer liegen als nur ein Missverständnis oder ein Kommunikationsproblem. Es ist extrem wichtig, diese tieferen Konfliktursachen zu kennen, um besser damit umgehen zu können.

Meine Erfahrung ist: Die 2 häufigsten und schwerwiegendsten Konfliktursachen in christlichen Gemeinden und Gruppen sind nicht der Musikgeschmack, die Gottesdienstgestaltung oder die Gemeindeform, ja nicht einmal Theologie und Bibelauslegung. Sie heißen vielmehr: Selbstwertmangel und Stolz.

Aber warum führt Selbstwertmangel zu Konflikten? Das kann man am besten mit einem Plastikschirmständer erklären: Wenn er mit Wasser gefüllt ist, ist er schwer und standfest. Aber ohne Wasser kippt der Schirm schon beim kleinsten Windhauch um.

Unser menschliches Herz funktioniert genauso. Wir alle haben einen Liebes- und Wertschätzungstank in unserem Herzen. Wenn er voll ist, ist unser Leben stabil. Dann juckt es uns nicht sonderlich, wenn jemand mal ungeschickt mit uns umgeht. Denn wir fühlen uns geliebt. Wir finden uns selbst O.K. Da wirft uns das unreife Gerede oder die fehlende Beachtung von jemand anderem nicht um!

Aber wenn unser Liebestank leer ist werden wir instabil. Dann begegnen wir unseren Mitmenschen permanent in einer Habacht-Stellung und fragen uns unbewusst: Werde ich heute wieder nicht beachtet? Werde ich heute wieder nicht wertgeschätzt? Und dann genügt eine kleine falsche Bemerkung, und schon kippt unser labiles Selbstwertgefühl wie ein Sonnenschirm im Wind, dessen Ständer leer ist. Dann sind wir beleidigt und frustriert, werden aggressiv oder wir ziehen uns zurück in unser Schneckenhaus.

Aber was wir in unserem Frust übersehen ist: Das wahre Problem war gar nicht die ungeschickte Bemerkung unseres Mitmenschen. Das wahre Problem ist mein leerer Liebestank, der dazu führt, dass ich mit den ganz normalen Widrigkeiten im menschlichen Miteinander nicht umgehen kann!

Es ist nicht einfach, mit instabilen Menschen umzugehen, die einen leeren Liebestank haben und deren Selbstwert ramponiert ist. Selbstwert-Zwerge können mit ihren Befindlichkeiten die Einheit in unseren Gruppen und Gemeinden ganz schön durcheinanderbringen. Das gilt aber genauso für die Stolz-Riesen:

Blogbild Stolz-Riesen

Ich hätte früher nie gedacht, dass ich ein Problem mit Stolz haben könnte. Es hat lange gedauert, bis ich mir das eingestehen konnte. In meinem Christsein gab es eine Phase mit vielen neuen Entdeckungen wie z.B. Lobpreis oder Geistesgaben. Plötzlich erschien mir das Christentum in meiner Kirchengemeinde flach, kraftlos, begrenzt, oberflächlich, einfach eine Stufe niedriger als das, was ich jetzt kennengelernt hatte.

Schon bald kam es zu Konflikten in unserer Gemeinde. Manche Christen wollten diese neuen Entdeckungen mit uns teilen, andere haben angefangen, das zu bekämpfen. Und ich habe gedacht: Die, die da nicht mitmachen wollen, die blicken halt nicht durch, diese armen Kreaturen. Unbewusst habe ich sie verachtet.

Wir wollten dann eine freie Gemeinde gründen. Aber unsere Gemeinschaft ist zerbrochen. Es gab Streit und schlimme Verletzungen. Ich stand vor einem Scherbenhaufen. Als wir zurückgekehrt sind in unsere Kirchengemeinde hat Gott mich an Situationen erinnert, in denen wir anderen Leuten gegenüber unglaublich arrogant aufgetreten waren. Ich musste zu einigen Menschen gehen und sie um Vergebung bitten.

Seither ist viel Einheit gewachsen in unserer Gemeinde, obwohl wir eine Mischung aus sehr unterschiedlich geprägten Christen sind. Offensichtlich muss Gott uns erst von unserem hohen Ross herunter holen, damit Einheit wachsen kann.

Spiegel Medaille Stolz Selbstwert

Stolz und Selbstwertmangel sind also DIE 2 Hauptursachen für misslingende Gemeinschaft. Das Verrückte ist: Sie sind oft Kehrseiten von ein und derselben Medaille! Wir Menschen kompensieren unseren brüchigen Selbstwert oft durch dominantes Auftreten, Besserwisserei, Überlegenheitsgefühle, negatives Reden oder Verachtung von Anderen. Wir müssen unbedingt umkehren und Buße tun, wenn wir solche Tendenzen an uns entdecken!

Schirm mit Kanne farbig beschriftetAber vor allem müssen wir uns zu Jesus begeben, der allein unseren Herzens-„Schirmständer“ wirklich füllen, unseren brüchigen Selbstwert heilen und unser Herz stabil und einheitsfähig machen kann! Denn Menschen werden unseren Tank niemals wirklich füllen können! Wenn wir das von Menschen erwarten, werden wir sie überfordern und es wird in einem großen Frust für alle enden.

Jesus hat gesagt: „Wer an mich glaubt, wird nie wieder Durst haben.“ ER ist die Quelle, die uns den Wert gibt, den wir brauchen, um eine stabile Identität und einen gesunden Selbstwert zu entwickeln. Diese göttliche Liebes- und Wertschätzungsquelle brauchen wir in unseren Gemeinden und Gruppen, damit eine stabile Gemeinschaft wachsen kann. Wenn wir mit seiner Liebe gefüllt sind haben einheitssabotierende Stolz-Riesen und Selbstwert-Zwerge keine Chance mehr!

Teil 5 von „Umkämpfte Einheit“ beschäftigt sich mit der „Achan-Falle“. Ich habe schon so viele Gruppen und Gemeinden an dieser Falle zerbrechen sehen, dass es mir das Herz bricht. Schluss damit! Wenn wir die Dynamik verstehen, die uns in diese Falle lockt, werden wir nicht länger in sie hineintappen.

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