Mein Freund Wolfgang

Darf ich vorstellen? Das ist mein Freund Wolfgang. Wir haben uns vor etwa 10 Jahren kennen gelernt. Wir veranstalten in unserer evangelischen Gemeinde jedes Jahr einen Glaubenskurs. Wolfgang war dabei. Und am Ende hat er sich entschieden: Mein Leben soll ab jetzt Jesus gehören. Ich vergesse nie, wie wir zum ersten Mal zusammen gebetet haben. Am Ende hat er mir seinen Arm gezeigt und gesagt: Schau Markus, ich hab Gänsehaut. Das ist seither oft passiert. Wolfgang hat ein ganz besonderes Gespür dafür, dass Gott nicht weit weg ist, irgendwo da draußen, sondern dass Gott uns spürbar nahe kommt, dass er niemals weiter weg ist als ein Gebet.

Ich habe bei Wolfgang miterleben dürfen, wie konkret der Glaube helfen kann. Viele Jahre hatte er ein großes Alkoholproblem. Das hat nicht nur sein eigenes Leben zerstört sondern auch seine Familie. Mit der Hilfe einer Blaukreuz-Gruppe hat er den Alkohol schließlich besiegt. Aber sein Gewissen war trotzdem schwer belastet. Nach seiner Bekehrung schrieb er zusammen mit einem Seelsorger alle Sünden, die ihm einfielen, auf einen Zettel auf. Den Zettel haben sie dann zusammen verbrannt – als Zeichen der Vergebung. Trotzdem fühlte er sich noch nicht wirklich frei von seiner dunklen Vergangenheit, für die er sich so schämte.

Deshalb freute er sich unbändig auf seine Taufe. Seine Hoffnung war, dass das sein Gewissen vollends erleichtern würde. Als ich zum Ort der Taufe fuhr goss es in Strömen. Die Taufe fand in einem Fluss im Freien statt, deshalb befürchtete ich schon, dass sie im wahrsten Sinne des Wortes ins Wasser fällt. Aber erfreulicherweise hörte der Regen gerade auf, als ich am Ort des Geschehens eintraf. Strahlend begrüßte mich Wolfgang, als ich aus dem Auto ausstieg. Er hatte gerade eine Entdeckung gemacht: Direkt an der Taufstelle stand ein Kilometerstein am Flussufer. Darauf war zu lesen: „0,0 km“. Gerade hier kamen 2 Flüsse zusammen, deshalb begann hier ganz offensichtlich eine neue Kilometerzählung. Für meinen Freund hatte das aber eine ganz andere Bedeutung. Begeistert sagte zu mir: „Siehst Du, Markus! Ich darf wieder ganz bei Null beginnen!“

Dann begann die Taufhandlung. Und da geschah vor unseren Augen etwas wirklich Unglaubliches: Genau in dem Moment, als mein Freund aus dem Wasser wieder auftauchte, brach die Sonne durch die Wolken. Es war ein bewegender Moment für alle, die dabei waren – am meisten natürlich für meinen Freund, der jetzt tatsächlich tief in seinem Herzen die Gewissheit spürte, dass seine Schuld wirklich vergeben ist. Noch nie wurde mir so anschaulich vor Augen geführt, was Petrus meinte, als er schrieb: „Die Taufe ist keine körperliche Reinigung, sondern die Bitte an Gott um ein reines Gewissen.“ (1. Petrus 3, 21)

Diese Gewissheit der Vergebung hat Wolfgang nie wieder verloren. Es war wunderbar, miterleben zu dürfen, wie Gott ihm neue Freunde und neue Beziehungen geschenkt hat. Und wie auch sein Sohn in unserem Glaubenskurs zu Jesus fand, so dass die Vater-Sohn-Beziehung auf eine ganz neue Grundlage kam.

Wolfgang ist für mich ein echter Freund geworden. Nicht nur, weil wir dieses Vertrauen auf Jesus geteilt haben. Wir hatten noch eine weitere gemeinsame Leidenschaft: Fußball! Er hat sich immer riesig gefreut, wenn meine Frau und ich gekommen sind, um gemeinsam in seiner Wohnung Fußball zu kucken.

Vor 2 Wochen erlitt Wolfgang plötzlich einen Herzinfarkt. Die Ärzte versetzten ihn in ein künstliches Koma – aus dem er nicht mehr aufwachen sollte. Kurz bevor es zu Ende ging, trafen sich die engsten Angehörigen mit einem Seelsorger an seinem Bett. Sie feierten gemeinsam einen Gottesdienst. Das Unglaubliche war: Genau in dem Moment, als der Seelsorger den Gottesdienst mit „Amen“ beendete, hörte das Herz meines Freundes auf zu schlagen. Er ist nach Hause gegangen.

Ich habe noch nie so eine Trauerfeier erlebt. Die Aussegnungshalle war überfüllt. Die freiwillige Feuerwehr kam in Uniform und mit Standarte. Der Pfarrer berichtete, wie Wolfgang zum Glauben gekommen ist und wie das Vertrauen auf Jesus sein Leben auf eine völlig neue Grundlage gestellt hat. Dann sprach der Feuerwehrkommandant seinen Nachruf. Er erzählte, wie er die Veränderung in Wolfgangs Leben beobachtet hat. Und dann diese unglaublichen Worte: „Ich bin sicher, dass Wolfgang jetzt sehen darf worauf er vertraut hat. Das nehme ich mit von dieser Beerdigung, dass es sich lohnt, auf Jesus zu vertrauen.“ Was für ein Zeugnis!

Wolfgang, mein Freund. Es ist so schade, dass wir uns nicht mehr verabschieden konnten. Ich hätte Dir so gerne gesagt, wie stolz ich auf Dich bin. Dass Du wirklich ein Held für mich bist. Du hast Dich nicht gehen lassen. Du hast Deinem Gott vertraut. Du hast Dir von ihm helfen lassen. Und Du hast erlebt, dass er Dir geholfen hat. Am Tag vor Deinem Herzinfarkt hast Du mir noch gesagt, dass Du Dich freust, wenn wir Dich wieder besuchen kommen. Es wird jetzt wohl länger dauern, bis ich kommen kann in Deine neue Wohnung, die Jesus Dir bereitet hat. Aber die Zeit kommt, dann werden wir wieder zusammen feiern und miteinander lachen. Zusammen mit unserem Jesus, den wir beide lieben und der uns beide so unendlich liebt. Ich hoffe, ich kann meinen Weg so treu mit ihm bis zum Ende gehen, wie Du ihn gegangen bist. Wir sehen uns, mein Freund.

Ein reines Herz

Davids Erfolgsgeheimnis – Schlüssel zur Freiheit

„Ich bin klein, mein Herz ist rein, soll niemand drin wohnen als Jesus allein.“ Wie oft hat meine Mutter das mit mir gebetet. Aber als ich größer wurde habe ich den Begriff vom „reinen Herzen“ eigentlich kaum noch gehört, weder in der Kirche noch sonstwo. Umso erstaunter war ich, als mir auffiel, wie wichtig dieses Thema für Paulus war: „Das Ziel meiner Unterweisung ist, dass alle Christen von der Liebe erfüllt sind, die aus einem reinen Herzen kommt, aus einem guten Gewissen und aufrichtigem Glauben“ (1. Timotheus 1, 5). Ein reines Herz und ein gutes Gewissen waren für ihn also sogar 2 der 4 Hauptziele, um die sich seine ganze Arbeit drehte!

Und für König David war ein reines Herz DER Schlüssel zum Erfolg schlechthin! In Psalm 18, 21 schrieb er: „Der Herr wird mich belohnen, weil ich aufrichtig bin, und mir den Lohn dafür geben, dass ich unschuldig bin.“ David war sich der Unterstützung Gottes vollkommen gewiss. weil er mit sich im Reinen war. Dadurch konnte er sogar dem Riesen Goliath unerschrocken entgegentreten. Als der Prophet Nathan ihm dann ein schlechtes Gewissen machte war Davids Erfolgsgeheimnis in Gefahr. Kein Wunder, dass seine größte Bitte an Gott deshalb war: „Erschaffe in mir ein reines Herz!“ (Psalm 51, 12)

Blogbild reines HerzAber warum ist ein reines Herz so wichtig? Jeder von uns weiß: Ein schlechtes Gewissen schafft Distanz. Wenn ein Kind seinen Eltern gegenüber ein schlechtes Gewissen hat, kann es ihnen nicht mehr in die Augen schauen. In unserer Beziehung zu Gott ist das genauso: Wenn wir uns schuldig fühlen ist unser Blick auf Gott nicht frei und unser Herz nicht offen. Ein reines Herz ist eine wichtige Grundlage für eine starke Gottesbeziehung!

Wichtig zu wissen ist dabei: Ein reines Herz hat nichts mit Perfektion zu tun! David z.B. war alles andere als perfekt! Und doch war er ein „Mann nach Gottes Herzen.“ (1. Samuel 13, 14). Ganz offensichtlich schätzt und segnet Gott unperfekte Menschen, die trotz aller Fehler und Schwächen mit reinem, erwartungsvollem Herzen zu ihm kommen.

Aus eigener Erfahrung weiß ich jedoch, dass es gar nicht so einfach ist, tief sitzende Schamgefühle zu überwinden. Auch Jesus wusste, wie schwer es uns fällt, sich gegenüber diesem heiligen, perfekten Gott nicht als Versager zu fühlen. Aber das Geniale ist: Gott hilft uns dabei! Er hat uns sogar extra 4 ganz praktische Hilfen gegeben, damit ein reines Herz in uns wachsen kann. Wir sollten sie unbedingt kennen und nutzen:

1. Schuldbekenntnis und Zuspruch der Vergebung

Eine konkrete Schuld, die unser Gewissen belastet müssen wir bekennen statt sie zu verdrängen (siehe z.B. 1. Johannes 1, 9). Eine Beichte ist nicht nur für katholische Christen heilsam. Allerdings brauchen wir dazu keinen Beichtstuhl und keinen Priester. In kleinen Dingen genügt es schon, unsere Schuld ganz einfach Gott im persönlichen Gebet zu „beichten“ und um Vergebung zu bitten. Bei schwerwiegenderen Dingen ist jedoch ein Gespräch mit einem Freund oder einem Seelsorger tatsächlich unersetzbar. Ich weiß: Über das eigene Versagen zu sprechen ist in etwa so angenehm wie ein Zahnarztbesuch. Aber das Geniale ist: Wenn Dunkles ans Licht kommt, verliert es seine negative Kraft über uns! Es tut einfach so gut, wenn Dir jemand zuspricht: Deine Schuld ist Dir vergeben! Sie ist im tiefsten Meer versenkt! Du bist rein und heilig in Gottes Augen! Das ist wie wenn nach dem Zahnarztbesuch der Schmerz verschwunden ist.

2. Taufe

Die Taufe ist gemäß 1. Petrus 3, 21 „die Bitte an Gott um ein reines Gewissen.“ Deshalb ist es so wichtig für jeden Christen, von sich selbst mit voller Überzeugung sagen zu können: Ich bin getauft! Ich gehöre Gott! Der Teufel hat kein Anrecht mehr auf mich! Wenn Du schon getauft bist, dann vergegenwärtige Dir diese Taufe wieder neu. Und wenn Du noch nicht getauft bist dann pack es an! Lieber heute als morgen!

3. Abendmahl

Jesus wusste, dass wir Menschen Wahrheiten körperlich erleben und spüren müssen, um sie wirklich zu begreifen. Deshalb ist das Untertauchen in der Taufe so wertvoll. Und auch im Abendmahl können wir körperlich spüren: Jesus hat sein Blut vergossen zur Vergebung meiner Sünden! Er hat seinen Leib gegeben, damit ich in Gottes Augen vollkommen rein, heilig und gerecht bin! Die ersten Christen haben dieses Abendmahl jeden Tag gefeiert. Auch wir sollten es heute immer wieder tun!

4. Liebe Dich selbst!

Dieses Gebot war Jesus genauso wichtig wie seine Aufforderung, Gott und unseren Nächsten zu lieben! Jesus wusste: Damit Gottes Liebe zu uns durchdringen kann müssen wir seinem Urteil über uns auch zustimmen! Weil Gott sagt, dass wir wertvoll sind, dürfen auch wir zu uns sagen: „Ja, ich bin wertvoll, so wie ich bin!“ Und weil Gott sagt, dass wir wunderbar gemacht sind, sollten auch wir wie David zu uI love mens selber sagen: „Ich bin herrlich und ausgezeichnet gemacht!“ Und weil Gott sagt, dass wir geliebt und liebenswert sind, dürfen wir auch zu uns selber sagen: „Ja, ich bin geliebt und liebenswert!“

Kommen Dir diese Sätze leicht über die Lippen? Oder tust Du Dich noch schwer damit? Dann sprich diese Wahrheiten doch immer wieder über Dir aus, ruhig auch mal laut! Das hat nichts mit magischem positivem Denken zu tun. Es bedeutet einfach nur, Gottes Gedanken über Dir zuzustimmen und damit dem Teufel, dem alten Ankläger, und all den Menschen, die anklagende und verurteilende Dinge über Dir ausgesprochen haben, eine lange Nase zu drehen und die Macht der Lügen zu brechen. Worte haben Macht. Gottes Worte sind die Wahrheit. Die Wahrheit macht uns frei! Frei, Gottes heilende Liebe zu empfangen, damit wir uns der Gunst Gottes ganz gewiss werden und aus diesem Wissen heraus – wie David – mutig und erfolgreich handeln können.

Geh nicht länger gebeugt durch die Welt. Geh mit reinem Herzen – und mit der Autorität und Würde eines geliebten Kinds des Königs aller Könige! Genau dazu bist Du berufen.

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Tatort Münster – ein hochbrisanter Fall der Kirchengeschichte

Warum wir die gnadenlose Verfolgung der Täufer nicht vergessen dürfen

Die Stadt Münster ist Tatortfans als Krimihochburg bestens bekannt. Hier löst das geniale Ermittlerduo Boerne und Thiel seine Fälle. Bei meinem Besuch in Münster fiel mir auf, dass diese Stadt aber auch reale Mordfälle zu bieten hat: Im Turm der Lambertikirche hängen noch immer die 3 Käfige, in denen 1536 die Leichen der öffentlich hingerichteten Anführer der Täuferbewegung zur Schau gestellt wurden. Der makabre Anblick hat mich betroffen gemacht. Seit ich vor ein paar Jahren das (äußerst empfehlenswerte!) Buch „Feuertaufe“ von Peter Hoover gelesen habe lässt mich das Drama der Täufer nicht mehr los.

Käfige LambertikircheLeider ist nur Wenigen bekannt, was sich damals abgespielt hat: Im 16. Jahrhundert entstand neben den reformierten Kirchen eine weitere reformatorische Bewegung, die noch einen Schritt weiter gehen wollte: Die Verbindung von Kirche und Staat sollte aufgelöst werden. Die Taufe sollte Ausdruck einer persönlichen Glaubensentscheidung sein, weshalb die Kindertaufe nicht anerkannt wurde. Stattdessen ließen sich Erwachsene taufen, ohne dabei die Einmaligkeit der Taufe in Frage zu stellen (der leider immer noch benutzte Begriff „Wiedertaufe“ war ein Schimpfwort, der den Täufern eine Irrlehre unterstellte, die sie nie vertreten haben und der deshalb dringend abgeschafft gehört).

Die Täuferbewegung wuchs schnell und konnte in weiten Teilen Mitteleuropas Gemeinden gründen. Von den Kirchen wurde sie aber als Bedrohung empfunden. Mit dem Wiedertäufermandat von Speyer und dem Augsburger Bekenntnis begann ab 1529 eine etwa 300 Jahre lang andauernde systematische Verfolgung. Viele tausend Menschen wurden dabei grausam vertrieben, eingesperrt, gefoltert, verbrannt, enthauptet oder ertränkt, und zwar nicht nur in katholischen sondern auch in vielen reformierten Regionen – und mit ausdrücklicher Unterstützung Martin Luthers! Diese gezielte und organisierte Ausrottung einer ganzen kirchlichen Bewegung wurde vom mennonitischen Täuferforscher Wolfgang Krauß zurecht als „Kirchenmord“ („Ekklesiozid“ in Anlehnung an den Begriff „Genozid“ für Völkermord) bezeichnet. Eindrücklich schildert er, wie das Trauma bei den Nachfahren der in die ganze Welt vertriebenen Täufer (Mennoniten, Hutterer und Amische) bis heute nachwirkt.

Die Gründe für diese Verbrechen bleiben weitgehend rätselhaft. Bis auf wenige Ausnahmen (z.B. in Münster) waren die Täufer absolut friedlich und pazifistisch. Sogar ihre Gegner bescheinigten ihnen höchste moralische Integrität. Umso beschämender ist es, dass es fast 500 Jahre gedauert hat, bis endlich im Jahr 2010 Vertreter der lutherischen Kirchen die Täuferbewegung um Vergebung gebeten haben. Ist damit dieser Fall jetzt abgeschlossen? Nein, auf keinen Fall. Die Aufarbeitung der fürchterlichen Verfolgung der Täufer ist längst noch nicht bewältigt. Und die Erinnerung an die historische Schuld muss uns sensibel machen für unsere Gegenwart:

Leider haben wir Christen oft die Neigung, die Stillen im Land sein zu wollen. Lieber nichts sagen, um nirgends anzuecken. Aber ich glaube nicht, dass das eine Tugend ist. Gerade in Deutschland sollten wir wissen, wohin das führen kann. Auch deshalb unterstütze ich von Herzen die Initiative Zeit zum Aufstehen, damit wir Christen neu auf das schauen, was uns eint und gemeinsam eine Stimme finden für Gewissens- und Religionsfreiheit und gegen jede Benachteiligung und Verfolgung von Christen und Angehörigen aller Religionen weltweit“. Und natürlich müssen wir noch viel mehr tun: Gemeinsam beten, spenden, die Stimme auf vielfältige Weise erheben und uns einsetzen für Schwache und Verfolgte und für die Einheit der Christen, um die Jesus so intensiv gebetet hat. Es ist höchste Zeit, dass der Leib Jesu die historische Spaltung vollends überwindet und in seiner Vielfalt an Prägungen über die Konfessionsgrenzen hinweg zu einer Herzenseinheit findet. Nicht zuletzt das 500-jährige Reformationsjubiläum im Jahr 2017 wäre dafür ein großartiger Anlass!