Schöpfung oder Evolution – ein klarer Fall?

Der Inhalt dieses Artikels kann auch als Podcast gehört werden in Folge 12 des AiGG-Podcasts Bibel-live: bibel-live.aigg.de/12-schoepfung-oder-evolution-ein-klarer-fall

Ein denk- und wissenschaftsfeindliches Christentum schießt sich selbst ins Abseits, weil es von denkenden Menschen schlicht nicht ernst genommen werden kann. Christen sollten deshalb endlich aufhören, gegen die erwiesene Tatsache der Evolution anzukämpfen – zumal sie doch dem christlichen Glauben in keiner Weise schadet.

Solche Aussagen höre ich inzwischen auch im evangelikalen Umfeld immer häufiger. Im Jahr 2021 ist ein Buch erschienen, das dieses Narrativ einem gründlichen Faktencheck unterzieht und sich der Frage stellt: Ist Evolution denn wirklich „ein klarer Fall“, wie es so oft behauptet wird? Ist man ein Feind der Wissenschaft und des redlichen Denkens, wenn man die Evolutionstheorie in Frage stellt?

Geschrieben wurde das Buch von Dr. Reinhard Junker von der Studiengemeinschaft Wort und Wissen. Ich habe Reinhard Junker erstmals als Teenager auf einem Schülerwochenende kennen gelernt. Was mich schon damals beeindruckt hat war seine Nüchternheit, Sachlichkeit und Ehrlichkeit. Natürlich hatte Reinhard Junker eine klare Überzeugung. Für ihn hat immer gegolten, was das Logo von Wort und Wissen zum Ausdruck bringt: Wort UND Wissen ist wichtig. Aber am Ende steht das Wort über dem Wissen. Die Aussagen der Bibel haben das letzte Wort.

Zugleich ist Reinhard Junker für mich ein geradezu mustergültiger Wissenschaftler. Ein favorisiertes Modell zu haben ist ja vollkommen normal in der Wissenschaft. Die Kunst eines seriösen Wissenschaftlers ist es, trotzdem ehrlich mit den Fakten umzugehen, sie nicht zu verbiegen, sondern sich offen und ehrlich auch den Fakten zu stellen, die dem eigenen Ansatz widersprechen. Genau das tut Reinhard Junker auch in seinem Buch.

Zwei Modelle zur Entstehung der Lebewesen

Junker stellt zunächst zwei mögliche Modelle zur Entstehung der Lebewesen vor:

  • Das Evolutionsmodell geht davon aus, dass es eine ununterbrochene Abstammungslinie gibt von der ersten Zelle bis hin zu uns Menschen.
  • Das Schöpfungsmodell nimmt hingegen an, dass am Anfang ein Schöpfer stand, der verschiedene „Grundtypen“ erschaffen hat. Diese Grundtypen hatten von Beginn an das Potenzial, sich durch „Mikroevolution“ an die Umwelt anzupassen und im Zuge dieser Anpassungsprozesse auch neue Arten zu bilden. Jedoch können solche Anpassungsprozesse niemals völlig neue Baupläne oder innovative biologische Konstruktionen hervorbringen. Es gibt in diesem Modell also keine sogenannte „Makroevolution“, die zu ganz neuen Tier- und Pflanzenfamilien führen würde.

Spurensuche statt Beobachtung und Experiment

Die Frage, welches Modell zutrifft, ist schon deshalb nicht so leicht zu beantworten, weil wir mangels Zeitmaschine nicht beobachten können, welcher Prozess tatsächlich zur heutigen Tier- und Pflanzenvielfalt geführt hat. Wir können diesen Prozess auch kaum experimentell nachstellen. Die Untersuchungsmethode der exakten Naturwissenschaft (Beobachtung und Experiment) steht bei der Ursprungsfrage also nicht direkt zur Verfügung. Somit können auch keine Beweise im naturwissenschaftlichen Sinn geführt werden.

Aber was wir tun können ist etwas Ähnliches wie das, was ein Kommissar bei einem Mordfall tut: Wir können die Spuren analysieren, die dieser Prozess hinterlassen hat. Aus der Deutung der Spuren können wir dann eine Theorie dazu entwickeln, was wohl tatsächlich passiert ist.

Aus der Kriminalistik weiß man jedoch: Spuren sprechen nicht immer eine klare Sprache. Sie können oft sehr unterschiedlich gedeutet werden und uns manchmal regelrecht auf die falsche Fährte führen. Viele Menschen sind aufgrund falscher Spurendeutungen schon zu Unrecht im Gefängnis gelandet. Und nicht selten ist es vorgekommen, dass nach vielen Jahren neue Spuren aufgetaucht sind, die die bisher bekannten Spuren in ein völlig anderes Licht getaucht haben.

Könnte es vielleicht sein, dass bei der Frage nach der Entstehung der Lebewesen etwas Ähnliches passiert? Reinhard Junker schreibt dazu in seinem Vorwort: „Ausgerechnet Evolutionsbiologen haben – ohne es zu wollen – in den letzten Jahrzehnten zunehmend Eigenschaften an den Lebewesen entdeckt, die Evolution stark in Frage stellen, aber problemlos zu Schöpfung passen. Es gibt daher aufgrund neuerer naturwissenschaftlicher Daten guten Grund, den Fall Schöpfung und Evolution neu aufzurollen!“ (S. 7)

Den Fall neu aufrollen – genau das hat Reinhard Junker in seinem Buch getan. Er hat die unterschiedlichen Spuren noch einmal gründlich analysiert und gefragt: Wie beweiskräftig sind diese Spuren eigentlich? Zu welchem Modell passen sie am besten? Wurden manche Spuren vielleicht voreilig überinterpretiert? Und gibt es vielleicht neue Spuren, die wir bisher vernachlässigt oder übersehen haben?

Gibt es „Schöpfungsindizien“ in der Natur?

Gleich zu Beginn beschreibt Junker einige sogenannte „Schöpfungsindizien“. Damit sind Merkmale in der Natur gemeint, die darauf hindeuten, dass hier ein kreativer Geist, ein Schöpfer tätig gewesen sein muss. Dazu gehört zum Beispiel das Phänomen der nicht reduzierbaren Komplexität. Damit sind biologische Systeme gemeint, die nur dann funktionieren, wenn sämtliche Teile des Systems vorhanden sind und funktional ineinandergreifen. Die Entstehung derartiger maschinenartiger Systeme ist nach allen bisherigen Beobachtungen nur durch ein zielgerichtetes Design erklärbar: „Ein Konstrukteur kann entsprechend planen und handeln, aber Zufallsmutationen und Auslese sind damit hoffnungslos überfordert.“ (S. 55) An diesem Befund können bislang auch Vorschläge zu einzelnen denkbaren Zwischenschritten nichts ändern.

Sind „Ähnlichkeiten“ ein Beweis für Evolution?

Die Tatsache, dass es in der Tier- und Pflanzenwelt ein abgestuftes System von Ähnlichkeiten gibt, ist nur scheinbar ein Beweis für die Evolutionstheorie. Ähnlichkeiten sind ja auch dann zu erwarten, wenn ein Schöpfer verschiedene Dinge erschafft. Wenn Ingenieure oder Künstler unterschiedliche Werke hervorbringen, dann kommt es häufig vor, dass bestimmte Merkmale oder Bauteile immer wieder auftauchen. Ein kreativer Geist kann sich für seine Werke wie aus einem Baukasten bedienen und er ist frei, die Merkmale immer wieder anders zusammenzustellen.

Reinhard Junker berichtet: Genau dieses Baukastenprinzip finden wir tatsächlich auch in der Natur. Es gibt bestimmte Merkmale, die vollkommen unsystematisch in der Tier- und Pflanzenwelt verteilt sind. Dieser Befund ist im Rahmen eines Evolutionsmodells problematisch, denn dort würde man erwarten, dass sich ein bestimmtes komplexeres Merkmal oder ein Organ in der Regel nur EINMAL im Rahmen der Evolution entwickelt und dass dann nur die Nachkommen dieser Art dieses innovative Merkmal besitzen. Wenn aber ein Merkmal völlig unsystematisch über die unterschiedlichsten Organismengruppen verteilt ist, dann muss man im Rahmen eines Evolutionsmodells annehmen, dass es sich in manchen Fällen mehrere hundert Male unabhängig entwickelt hat. Aber wie können ziellose Prozesse immer wieder zum gleichen Ziel führen?

Junker zeigt zudem: Die Stammbäume, die aufgrund der Verteilung von äußerlichen Ähnlichkeiten entwickelt wurden, passen oft überhaupt nicht zu den Stammbäumen, die sich aus dem Vergleich des Erbguts der verschiedenen Tier- und Pflanzenarten ergeben. Auch das ist ein Hinweis darauf, dass Ähnlichkeiten zwischen verschiedenen Tier- und Pflanzenarten kein Beweis für die Evolutionstheorie darstellen.

Sprechen „Konstruktionsfehler“ gegen einen Schöpfer?

Im Anschluss geht Reinhard Junker der Behauptung nach, dass es in der Tier- und Pflanzenwelt Konstruktionsfehler gäbe. Diese werden oft als Argument gegen einen Schöpfer benutzt, weil man (theologisch!) annimmt: Wenn es wirklich einen Schöpfer gäbe, dann hätte er die Pflanzen und Tiere doch sicher perfekt gemacht.

Reinhard Junker zeigt aber: Viele angebliche Konstruktionsfehler haben sich bei genauerem Hinsehen gar nicht als solche bestätigt. So ist zum Beispiel der Wurmfortsatz des Blinddarms weder überflüssig noch sinnlos. Oft wurde behauptet, die Netzhaut des menschlichen Auges sei falsch herum eingebaut. Neuere Forschungen haben jedoch gezeigt: Die Konstruktion des menschlichen Auges ist absolut perfekt gestaltet für eine optimale Sehschärfe und Lichtausbeute. Auch hat sich mittlerweile das Gerücht als falsch erwiesen, dass das menschliche Erbgut voller überflüssiger Sequenzen („Junk-DNA“) wäre. Da inzwischen für die meisten Sequenzen Funktionen gefunden wurden, kann von „evolutionärem Abfall“ keine Rede mehr sein.

Natürlich ist die Schöpfung nicht perfekt. Auch die Bibel spricht seit dem Sündenfall von einer „gefallenen Schöpfung“. Und natürlich kann es im Zuge der Mikroevolution auch Rückbildungen geben. Aber das ist natürlich kein Beweis für Evolution.

Durchläuft der Embryo noch einmal seine Stammesentwicklung?

Völlig zerschlagen hat sich die langjährige Behauptung, dass der menschliche Embryo noch einmal seine Stammesentwicklung durchlaufen würde. Ich kann mich noch erinnern, dass es diese populäre These auch in mein Biologie-Schulbuch geschafft hatte. Da wurde behauptet, dass menschliche Embryonen zwischenzeitlich Ansätze von Kiemen, Schwimmhäuten, Schwänzen oder ein Fell entwickeln würden. Nichts davon ist bei genauerer Betrachtung übriggeblieben. Mit irgendwelchen Überresten von tierischen Vorfahren haben die Eigenschaften von menschlichen Embryonen rein gar nichts zu tun.

Beweisen die Fossilien eine allgemeine Evolution?

Etwas anders ist die Situation bei den Fossilien, also bei den versteinerten Überresten früherer Lebewesen. Tatsache ist, dass bestimmte Fossilienformen zumeist nur in bestimmten Erdschichten zu finden sind. Je jünger diese Erdschichten sind, umso ähnlicher sind tendenziell die Fossilien den heutigen Tieren und Pflanzen. Das widerspricht natürlich klar dem biblisch motivierten Schöpfungsmodell, in dem man erwarten würde, dass alle Tier- und Pflanzenarten von Beginn an auch in den ältesten Erdschichten auftauchen. Das gilt umso mehr, da die gängigen radiometrischen Altersdatierungen der Gesteine deutlich für ein Alter der Erde sprechen, das um Dimensionen höher ist als die rund 10.000 Jahre, die man aus der Bibel ableiten kann.

Was allerdings überhaupt nicht zum Evolutionsmodell passt, ist das sprunghafte Auftreten neuer Baupläne im Fossilienbericht. Statt einer langsamen, schrittweisen Entwicklung, wie sie das Evolutionsmodell vorhersagt, findet man im Fossilbericht immer wieder große Entwicklungssprünge. Ein Beispiel dafür ist die berühmte „kambrische Explosion“: Zu Beginn des Kambriums treten plötzlich praktisch alle grundlegenden tierischen Körperbaupläne auf, und zwar ohne irgendwelche Vorläufer. Die Tiere sind ganz plötzlich einfach da, obwohl man zur Bildung der sehr komplexen Baupläne lange Entwicklungszeiträume mit zahlreichen Übergangsformen zwingend erwarten müsste. Diese Sprunghaftigkeit beobachten wir auch bei der angenommenen Entwicklung des Menschen aus affenartigen Vorfahren. Reinhard Junker macht deutlich: Die in jüngerer Zeit vorgetragenen Lösungsvorschläge zur Erklärung der Sprunghaftigkeit des Fossilberichts beheben das eigentliche Kernproblem, nämlich das plötzliche Auftreten neuer komplexer Information, in keiner Weise.

Überraschende Befunde zum Alter der Erde

Neben den bekannten Argumenten für eine sehr alte Erde finden sich in diesem Buch durchaus auch einige Befunde, die überhaupt nicht zum hohen Alter der Erde passen wollen. Reinhard Junker berichtet zum Beispiel von dem faszinierenden Phänomen, dass vor einigen Jahren aus Dinosaurierknochen noch dehnbares Dinosauriergewebe isoliert werden konnte. Das dürfte es eigentlich nicht mehr geben, wenn diese Knochen schon viele Millionen Jahre alt wären. Sehr überraschend ist auch, dass aus mehr als 200 Millionen Jahre alten Gesteinen einzellige Organismen wiederbelebt werden konnten. Zudem gibt es gut bezeugte Steinwerkzeuge aus Gesteinsschichten, in denen es noch gar keine Menschen gegeben haben dürfte. Betrachtungen zum Bevölkerungswachstum sprechen viel eher für eine junge statt für eine alte Menschheit. Wie aussagekräftig diese interessanten Befunde sind, wird sich allerdings erst noch erweisen müssen.

Das Wunder der Entstehung des Lebens

Besonders eindrücklich war für mich das Kapitel über die Frage nach dem Anfang des Lebens. Noch nie wussten wir so viel darüber, wie unfassbar komplex und hochfunktionell bereits die einfachst denkbaren einzelligen Lebewesen sind. Damit eine Zelle funktioniert, braucht es wenigstens 300 funktionell programmierte Gene. Dazu braucht es einen hochkomplexen Übersetzungsapparat, der biologische Information in biologisches Material umwandeln kann. Unverzichtbar für das Leben sind darüber hinaus eine Reihe von hochfunktionellen molekularen Maschinen. Es gibt bis heute keine Hinweise darauf, dass eine derartige Maschinerie ganz von selbst entstehen kann. Reinhard Junker verweist dabei auf einen Trend: Jede neue spektakuläre Entdeckung zur Funktionsweise lebender Zellen macht die Frage nach ihrer Entstehung noch brisanter. Noch nie waren wir so weit weg von einer naturalistischen Erklärung zur Entstehung des Lebens, wie wir es heute sind.

Schöpfung oder Evolution – keine Randfrage für Christen

Schließlich erläutert Reinhard Junker: Die Frage nach Schöpfung und Evolution ist für Christen keine Nebensächlichkeit. Es steht viel auf dem Spiel, weil die Frage nach unserer Herkunft großen Einfluss hat auf unser Weltbild, unser Gottesbild und unser Menschenbild.

Umso dankbarer bin ich, dass Reinhard Junker diesen Fall noch einmal neu aufgerollt hat. Er hat das auf eine fachlich sehr fundierte Art und Weise getan, nüchtern und differenziert, aber zugleich in einer Sprache, die auch Nichtbiologen und Laien gut verstehen können.

Dank dieses Buches kann nun jeder selbst einen differenzierten Blick auf die Fakten werfen und sich eine eigene Meinung bilden zu der Frage: Woher kommen wir? Wie ist die Pflanzen- und Tierwelt entstanden? Ist das Evolutionsmodell überzeugender? Oder passt das Schöpfungsmodell besser zu den Fakten?

Fest steht jedenfalls: Evolution ist ganz eindeutig KEIN klarer Fall! Es ist längst nicht ausgemacht, dass wir Menschen von einer Zelle aus einer „Ursuppe“ oder von affenartigen Wesen abstammen. Viele Spuren sprechen ganz im Gegenteil stark dafür, dass wir eben kein Produkt von ziellosen Auswahlprozessen sind, sondern dass wir ganz gezielt erschaffen wurden. Es hat deshalb überhaupt nichts mit Denk- oder Wissenschaftsfeindlichkeit zu tun, wenn Christen an der biblischen Schöpfungsgeschichte ganz bewusst festhalten.

Ich kann dieses großartige Buch von Dr. Reinhard Junker nur von Herzen jedem empfehlen und wünsche ihm größtmögliche Verbreitung. Bestellen kann man das Buch am besten direkt im Webshop von Wort und Wissen: https://www.wort-und-wissen.org/produkt/soe_klarer-fall/

Eine gute Möglichkeit, sich mit der Thematik vertraut zu machen, bietet zudem die in Produktion befindliche Videoserie zum Buch. Die ersten Folgen stehen bereits online: https://www.youtube.com/playlist?list=PLcczs-iQ_Ik5IsBmQ3rcBCH019uOhLhAK

1 Gedanke zu „Schöpfung oder Evolution – ein klarer Fall?“

  1. Fuer den ein oder anderen Leser hier vielleicht interessant:
    https://www.mpg.de/18200687/mutionen-evolution-interview-detlef-weigel
    Nicht alle Gene/Genomregionen mutieren gleich. Es gibt wohl einen Mechanismus des Schutzes vor Mutationen in zentral-lebenswichtigen Genen.
    Warum ist das im Hinblick auf Evolution interessant?
    Weil dadurch die Wahrscheinlichkeiten der Entstehung neuer Funktionen massiv zu Ungunsten einer allgem. Evolutions-Hypothese verschoben werden.
    Dazu noetige Zeitraeume fuer eine Evolutions-Hypothese von hoeheren Lebewesen aus niedrigeren in genetischen Simulationen bei heutigem Wissen fehlen mE voellig. Evolution der Hoeherentwicklung ist damit unmoeglich, weil die Zeitraeume fuer eine komplexe Mutagenese in unserer Erdgeschichte um Faktoren zu kurz sind.
    Daran weiter festzuhalten ist also unlogisch?!
    LG Joerg

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