Manche Passagen der Bibel bewegen sich in Bezug auf Spannung und Dramatik in etwa auf dem Niveau eines Telefonbuchs. So auch die vielen Kapitel im 2. Mose, in denen Planung und Bau der „Stiftshütte“ (also des transportablen Vorläufers des Tempels) beschrieben wird. Da fragt man sich: Was sollen wir heute bloß mit all diesen Details zu Zelt, Brandopferaltar, Wasserbecken, Schaubrottisch, Ölleuchter, Räucheraltar und Bundeslade anfangen?
Einfache Antwort: Sehr, sehr viel!!!
Wenn wir wollen, dass Menschen in Gottes Gegenwart aufatmen können müssen wir ja die große Frage klären: Wie kommt Gottes Gegenwart zu den Menschen? Genau darauf geben die Baupläne der Stiftshütte Antwort! Denn ihr Zweck war ja genau der: Einen Ort zu schaffen, an dem der heilige Gott mitten unter den sündigen Menschen wohnen kann. Die einzelnen Gegenstände machen deutlich, was aus Gottes Sicht für einen solchen Ort gebraucht wird. Man muss zum Glück kein Theologe sein, um die Symbolsprache dahinter zu verstehen:
- Der Brandopferaltar steht neben der Notwendigkeit zur Sündenvergebung durch Jesu Blut auch für die Bedeutung von Hingabe und Opferbereitschaft. Paulus schrieb, dass wir unser Leben als lebendiges Opfer geben und mit Jesus am Kreuz sterben sollen. Da frage ich mich: Wie oft reden wir eigentlich heute noch darüber, dass Christsein mit Hingabe und Opfer zu tun hat?
- Das Wasserbecken zeigt die Notwendigkeit zur Reinigung durch Umkehr und Erneuerung (symbolisiert durch die Taufe). Da frage ich mich: Ist die Notwendigkeit zu Buße, Umkehr und Heiligung in unseren Gemeinden noch ein Thema?
- Der Schaubrottisch und der Ölleuchter stehen u.a. für Gottes Wort, das uns ernährt und mit Hilfe des Heiligen Geistes erleuchtet. Da frage ich mich: Wie wichtig ist es uns, dass Gottes Wort durch Bibelstudium, gute Lehre und den Heiligen Geist reichlich unter uns wohnt?
- Der Räucheraltar steht für die zentrale Bedeutung des Gebets und der Anbetung. Da frage ich mich: Warum ist die Gebets- und Anbetungskultur in unseren Gemeinden noch so unterentwickelt?
Auffällig ist, dass alle diese Elemente von Erweckungsbewegungen schon einmal entdeckt wurden: Die Reformation und der Pietismus haben die Wichtigkeit des Wortes Gottes und biblischer Lehre betont. Die charismatische Bewegung hat die wichtige Rolle des Heiligen Geistes (für ihn steht das Öl im Leuchter!) erkannt. Den Heiligungsbewegungen des 19. Jahrhunderts wurde die Notwendigkeit von Umkehr und Heiligung besonders wichtig. Die Herrnhuter haben eine enorme Hingabe und Opferbereitschaft entwickelt, als sie zahlreiche Missionare in alle Welt sandten. Mit ihrer 100-jährigen 24/7-Gebetskette haben sie zudem eine intensive Kultur des Gebets und der Anbetung gelebt.
Manchmal waren diese Bewegungen leider etwas einseitig auf bestimmte Elemente fixiert. Sie haben deshalb an Dynamik verloren und manche ihrer Entdeckungen sind dadurch wieder in Vergessenheit geraten oder wurden gar von anderen Bewegungen bekämpft.
Deshalb glaube ich: Es ist Zeit, Gottes Bauplan neu zu beachten, endlich alle diese Elemente gemeinsam in den Blick zu nehmen und gleichermaßen zu fördern (und da habe ich bei mir selbst noch ganz schön viel zu tun). Ich bin sicher: Wenn wir uns mit unseren verschiedenen Schwerpunkten als lebendige Steine zusammenfügen lassen wird Gottes Gegenwart sich mehr denn je kraftvoll in unserer Mitte offenbaren und Menschen verändern!
Übrigens: Der Text würdigt ausführlich die Künstler und Baumeister der Stiftshütte. Die Wertschätzung Gottes für ihre Arbeit trieft förmlich durch alle Zeilen – nicht zuletzt durch die eindrucksvolle Wolke und Feuersäule, die nach der Fertigstellung die Gegenwart Gottes sichtbar werden ließ. Deshalb lass Dir sagen, der Du heute an Gottes Gemeinde baust, Dich dafür investierst, aufopferst und Deine Gaben dafür trainierst: Lass Dich nicht entmutigen! Gottes Gunst ist auf Dir! Bau weiter an diesem wichtigsten Ort, den es auf der Erde überhaupt nur geben kann: Der Ort, an dem ER seine Gegenwart offenbart!
Siehe auch:
- Woran die Kirche krankt – und welche Medizin WIRKLICH hilft
- Show Your Presence: Ein Lied der Sehnsucht nach Gottes Gegenwart