Geliebtes Feindbild – Geliebter Feind?

Wir Menschen scheinen Feindbilder zu lieben. Das sieht man nirgends so gut wie in Facebook:

Da gibt es ein Milieu, in dem Nachrichten über kriminelle Flüchtlinge förmlich aufgesaugt werden. Jeder Bericht über einen Diebstahl, eine Vergewaltigung oder eine islamistische Äußerung eines Flüchtlings wird fleißig gelesen, geteilt und kommentiert. Positive Nachrichten über Flüchtlinge, die sich für Hilfe bedanken, die freiwillig soziale Tätigkeiten übernehmen oder gefundene Wertsachen zurückbringen werden hingegen ignoriert oder für unglaubwürdig erklärt. Wer sie in diesem Milieu verbreitet gilt schnell als naiver Gutmensch, den man nicht wirklich ernst nehmen kann.

Da gibt es ein anderes Milieu, in dem Nachrichten über rechtsradikale Tendenzen bei der AfD förmlich aufgesaugt werden. Jeder Bericht über eine unflätige Äußerung, eine Beteiligung an einer Anti-Ausländerdemo oder Nähe zur NPD wird fleißig gelesen, geteilt und kommentiert. Positive Nachrichten über AfD-Politiker, die differenzierte Ansichten vertreten, sich für Flüchtlinge engagieren oder gar überzeugte Christen sind werden hingegen ignoriert oder für unglaubwürdig erklärt. Wer sie in diesem Milieu verbreitet gilt schnell als herzloser Reaktionär, den man nicht wirklich ernst nehmen kann.

Die Reihe ließe sich beliebig fortsetzen. Scheinbar lieben wir unsere Feindbilder, ob es nun Flüchtlinge, Evangelikale, Muslime, Juden, Linke oder Rechte sind. Mit Feindbildern können wir die Welt in schwarz und weiß, Gut und Böse einteilen. Und es fühlt sich ja so gut an, auf der Seite der Guten zu sein! Komme mir bloß keiner damit, dass die Wahrheit immer viel komplizierter wird, wenn man sich die Mühe macht, in ein fremdes Milieu einzutauchen und die Welt mit deren Augen zu sehen (wie es z.B. jüngst ein Journalist im AfD-Milieu tat und darüber einen hochspannenden Bericht geschrieben hat).

Wie gut, dass Gott so vollkommen anders ist! Obwohl wir seine Feinde waren hat er uns immer schon geliebt. Er ist ganz in unser irdisches Milieu eingetaucht und hat sogar sein Leben für uns gegeben. Er hat das Böse in uns nicht ignoriert. Aber er hat es überwunden. Und jetzt lehrt er uns, ebenso unsere Feinde zu lieben.

Die Bibel bestätigt zwar, dass es schwarz und weiß, Gut und Böse gibt. Aber die Grenzlinie läuft anders: Gott allein ist gut. Wir Menschen sind alle mit dem Keim des Bösen infiziert. ALLE. Und wir leben ALLE davon, dass Gott uns liebt, obwohl er uns kennt. Wir leben ALLE aus seiner Gnade und Vergebung.

Also seien wir realistisch: DIE Bösen sind weder DIE Flüchtlinge, DIE AFD’ler, DIE Evangelikalen, DIE Linken, DIE Rechten, DIE Muslime oder wen wir auch immer in unsere Schubladen schieben wollen. ALLE Menschen brauchen Erlösung wie wir selber auch. Wir sollen zwar das Böse nicht verdrängen oder kleinreden. Aber wir sollen uns auch nicht darauf fixieren oder uns gar hämisch daran ergötzen, denn „die Liebe freut sich nicht über die Ungerechtigkeit, sie freut sich aber an der Wahrheit; sie erträgt alles, sie glaubt alles, sie hofft alles.“ (1. Kor. 13, 4-7)

Lernen wir, den Daumen nicht so schnell zu senken über Andere. Lernen wir, Hoffnung für alle Menschen zu haben – so wie Jesus sogar im rebellischen Versager Simon schon von Anfang an Petrus, den Felsen sah, auf den er seine Gemeinde bauen kann. Fragen wir uns doch mal: Wie viel Potenzial sieht Gott wohl in den Menschen, die wir momentan mit so viel kritischer Distanz beäugen?

Bei Gott gibt es keine hoffnungslosen Fälle. Seine Gnade reicht aus – für Dich, für mich und für alle die, die wir schon lange verurteilt und aufgegeben haben. ER liebt diese Menschen – deshalb sollten wir es auch tun!

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