Starke Argumente – Warum es auch heute noch vernünftig ist, der Bibel zu vertrauen

Die Inhalte dieses Artikels sind auf YouTube als Vortrag verfügbar, der am 1.11.2019 bei einer Tagung des deutschen christlichen Techniker-Bunds (DCTB) gehalten wurde.

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Lange Zeit war der Blick auf die Bibel in der akademischen Welt geprägt von einem Wissenschaftsbegriff, der es Wissenschaftlern prinzipiell unmöglich machte, mit übernatürlichen Ereignissen, mit göttlicher Offenbarung oder mit vorhersagender Prophetie zu rechnen. Die Folgen für die Theologie und die Kirche waren umwälzend. Zentrale Bekenntnisse des Christentums wurden in Frage gestellt oder umgedeutet. Völlig aus dem Blick gerieten zudem die vielen Argumente dafür, dass die Existenz und die Botschaft der Bibel ein Wunder ist, das mit menschlichen Mitteln nicht erklärt werden kann.

Seit der Aufklärung ist der akademische Wissenschaftsbegriff geprägt von einem starken oder zumindest schwachen bzw. methodischen Naturalismus. Das heißt: Die Wissenschaft hat sich der Selbstbeschränkung unterworfen, hinter allen Phänomenen prinzipiell eine natürliche Ursache zu vermuten. Die Bibel unterstützt diese Sichtweise! Denn sie trennt strikt zwischen Schöpfer und Schöpfung. Allerdings macht die Bibel auch deutlich: Punktuell nimmt sich der Schöpfer durchaus die Freiheit, übernatürlich ins Weltgeschehen einzugreifen.[1] Das gilt besonders für die Erschaffung der Welt. Aber auch danach berichtet die Bibel immer wieder von punktuellen Eingriffen Gottes ins Weltgeschehen, z.B. beim Auszug Israels aus Ägpyten oder bei der Auferstehung Jesu. Zudem behaupten die biblischen Autoren, dass Gott auch bei der Entstehung der biblischen Texte intensiv beteiligt war.

Die Bibel erforschen, „als ob es Gott nicht gäbe“?

Für Theologen, die mit dem vorherrschenden naturalistisch geprägten Wissenschaftsbegriff die Bibel erforschen wollen, hat das weitreichende Konsequenzen. In ihrer Forschung werden sie gezwungen, prinzipiell nicht damit zu rechnen, dass Gott direkt und unter Aufhebung der Naturgesetze ins Weltgeschehen eingegriffen hat. Sie müssen die Bibel so zu untersuchen, „als ob es Gott nicht gäbe“ („etsi deus non daretur“). Dabei glauben Theologen, die so arbeiten, durchaus daran, dass es Gott gibt. Aber in der praktischen Bibelforschung dürfen sie direkte göttliche Eingriffe ins Weltgeschehen nicht in ihre Überlegungen einbeziehen.

Zudem galt auch in der Bibelwissenschaft zunehmend die aufklärerische Maxime, dass nüchterne Wissenschaft jeden Forschungsgegenstand prinzipiell dem wissenschaftlichen Zweifel, also dem Urteil der menschlichen Vernunft, unterwerfen muss. Das wäre aber nicht möglich, wenn die Bibel eine göttliche Offenbarung wäre – denn göttliche Offenbarung kann nun einmal nicht kritisieren werden. Dann wäre die Theologie aber nach aufklärerischem Verständnis keine Wissenschaft mehr. Dann hätte sie auch an den Universitäten nichts mehr zu suchen.

Deshalb trifft es zu, wenn der finnische Professor Tapio Puolimatka schreibt: „Wenn Theologen zum Ausgangspunkt ihrer Forschung nehmen würden, dass Gott gesprochen habe und dass man Gottes Sprechen erkennen und verstehen könne, dann würden sie in einen Konflikt mit der breiten wissenschaftlichen Öffentlichkeit geraten.“[2]

Ein Gott, der spricht und verstanden wird, der somit das Weltgeschehen ganz direkt beeinflusst, der passt nicht ins Weltbild des (schwachen) Naturalismus. Diese faktische Selbstbeschränkung auf einen methodischen Naturalismus hatte ohne Zweifel gewaltige Konsequenzen für die Theologie und folglich auch für die Kirche.

4 Konsequenzen des methodischen Naturalismus für die Theologie

Das „Arbeitsbuch zum Neuen Testament“ von den Professoren Hans Conzelmann und Andreas Lindemann liegt mittlerweile in der 14. Auflage vor. Vor allem in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts wurde es an den Universitäten vielfach in der studentischen Ausbildung eingesetzt. Aktuell wird an der 15. Auflage gearbeitet. Das Buch ist also durchaus nach wie vor aktuell.

Natürlich denken bei weitem nicht alle Theologen wie Conzelmann und Lindemann. Aber ohne Zweifel hatten diese beiden Theologen in den vergangenen Jahrzehnten erheblichen Einfluss. Besonders deutlich wurde die Denkweise von Prof. Lindemann in einem Interview, das er 1999 dem Magazin Spiegel gegeben hat.[3] Das Arbeitsbuch zum Neuen Testament und dieses Spiegel-Interview eignen sich besonders gut, um die Konsequenzen des methodischen Naturalismus für die Theologie nachzuvollziehen.

1.   Die Bibel kann keine übernatürliche Offenbarung sein!

Wenn Gott nicht direkt ins Weltgeschehen eingreift, dann kann die Bibel natürlich keine göttliche Offenbarung sein. Stattdessen gehen Prof. Conzelmann und Prof. Lindemann von einer anderen Sichtweise auf die Bibel aus. In ihrem Arbeitsbuch schreiben sie: „Die biblischen Texte werden methodisch nicht anders behandelt als andere literarische Zeugnisse, insbesondere solche der Antike. … Die Bibel enthält geschichtlich entstandene Dokumente, die – in großer Vielfalt theologischer Meinungen – den jüdischen bzw. christlichen Glauben bezeugen und darstellen.“ (S. 3)

Die Konsequenz ist klar: Wenn die Bibel keine göttliche Offenbarung ist sondern ein Buch wie jedes andere, dann wissen wir letztlich nichts Gesichertes über Gott, über Jesus und über die ewigen Fragen. Die Naturwissenschaft kann bei solchen Fragen schon aus methodischen Gründen nicht weiterhelfen. Denn Gott ist „transzendent“, d.h. er steht als Schöpfer jenseits dieser Welt – genau wie ein Regisseur hinter einem Film steht, im Film selbst aber nicht zu sehen ist. Auch wenn wir den Inhalt eines Films ganz genau erforschen – seine Handlung, die Schauspieler, die Kulissen, die Musik und die Spezialeffekte – wissen wir trotzdem so gut wie nichts über den Regisseur. Wir können zwar spekulieren, was uns der Film vielleicht über das Wesen des Regisseurs sagen könnte. Aber das bleibt Spekulation – es sei denn, der Regisseur baut sich selbst in eine Filmszene ein, so wie es Alfred Hitchcock regelmäßig getan hat. Noch viel mehr erfahren wir, wenn dem Film ein „Making of“ mit einem Interview des Regisseurs beigefügt wird. Nur wenn der Regisseur sich offenbart, können wir etwas verlässliches über ihn herausfinden. Ohne eine solche Offenbarung bleibt alles Spekulation.

So ist es auch bei Gott. Wir wissen nichts über ihn – außer das, was uns die Bibel offenbart. Wenn die Bibel aber gar keine Offenbarung sondern nur ein Werk mit sich widersprechenden menschlichen Meinungen ist, dann bleibt es unserer subjektiven Einschätzung überlassen, ob wir der Bibel folgen wollen oder nicht – und dann bleibt letztlich alles subjektive Spekulation. Dann verlieren die Theologie und die Kirche letztlich ihre Grundlage, weil sie über diesen Gott überhaupt nichts Verlässliches wissen oder sagen kann.

2.   Die biblischen Wundergeschichten können nicht historisch sein!

Eine 2. Konsequenz ist: Wenn Gott nicht wundersam in die Weltgeschichte eingreift, dann können die biblischen Wundergeschichten nicht historisch sein. Entsprechend äußert Prof. Lindemann im Spiegel-Interview: „Ich halte es für ausgeschlossen, dass Jesus die …  genannten Wunder getan hat. Solche Erzählungen gab es damals auch über andere große Männer.“

Was ist die Konsequenz dieser Annahme? Wenn die biblischen Wundergeschichten nicht geschehen sind, dann ist die Kernaussage des Johannesevangeliums, dass die Wunder Jesus als Messias ausweisen, falsch: „Noch viele andere Zeichen tat Jesus vor seinen Jüngern, die nicht geschrieben sind in diesem Buch. Diese aber sind geschrieben, damit ihr glaubt, dass Jesus der Christus ist, der Sohn Gottes.“ (Joh. 20, 31)

Als Johannes, der Täufer, Zweifel bekam, ob Jesus wirklich der Messias ist, schickte er aus dem Gefängnis heraus seine Jünger zu Jesus und ließ ihn fragen: Bist du der, der da kommen soll, oder sollen wir auf einen andern warten? Die Antwort Jesu unterstreicht, wie entscheidend wichtig die Wunder dem Evangelienschreiber sind: „Geht hin und sagt Johannes, was ihr hört und seht: Blinde sehen und Lahme gehen, Aussätzige werden rein und Taube hören, Tote stehen auf.“ (Luk. 7, 22) Jesus machte also deutlich: Gerade diese Wunder sind es, die Jesus als den von den Propheten angekündigten Messias ausweisen.

Eine weitere Konsequenz ist deshalb: Wenn die biblischen Wundergeschichten nicht geschehen sind, dann sind die biblischen Texte insgesamt nicht vertrauenswürdig, weil sie selbst viele Wundergeschichten eindeutig als historische Geschehnisse einstufen. Oft wird zwar behauptet, es sei für den Glauben und die theologische Aussage der biblischen Texte nicht relevant, ob diese Wunder wirklich passiert sind oder ob diese Geschichten als Gleichnisse zu verstehen sind. Die Texte selbst machen aber immer wieder deutlich, dass sie tatsächlich historisch verstanden werden wollen. Und die Tatsächlichkeit der Wunder ist ein wesentlicher Teil ihrer theologischen Aussage! Deshalb werden die Texte zwangsläufig unglaubwürdig, wenn die Wunder nicht wirklich geschehen sind. Und deshalb wird auch die theologische Aussage der Texte ausgehöhlt, wenn man mit der historischen Tatsächlichkeit der Wunder nicht rechnen möchte. Besonders dramatisch wirkt sich das bei der Auferstehung Jesu aus:

3.   Jesus kann nicht leiblich von den Toten auferstanden sein!

Wenn Gott nicht in die Geschichte eingreift, dann kann Jesus auch nicht leiblich von den Toten auferstanden sein. Zumindest in der praktischen Forschung müssen Theologen dann von natürlichen Ursachen für die Entstehung des Osterglaubens ausgehen. Aber welche Ursachen könnten das sein? Die Jünger könnten Visionen oder Halluzinationen gehabt haben. Sie könnten sich selbst etwas eingeredet haben. Oder sie könnten ihr Festhalten an den Ideen und den Lehren Jesu mit dem Bild von der Auferstehung verknüpft haben.

Solche Theorien haben lange Zeit breiten Raum in der Theologie eingenommen. Conzelmann und Lindemann schreiben dazu: „Die immer wieder diskutierte Frage, ob die Auferstehung Jesu ein „historisches Ereignis“ sei, ist von vornherein abzuweisen.“ (S. 524) Im Spiegel-Interview wird Prof. Lindemann noch deutlicher: „Man würde auf dem Film die von Paulus erwähnten Menschen (die den Auferstandenen gesehen haben), vielleicht ihre Reaktionen, aber gewiss kein filmisch wahrnehmbares Gegenüber sehen.“

Wichtig ist, festzuhalten: Solche Theorien wurden nicht etwa aus einer genaueren Analyse der biblischen Texte abgeleitet, denn diese geben solche Deutungen ganz sicher nicht her. In den biblischen Ostergeschichten haben die Jünger Jesus angefasst. Sie haben mit ihm gesprochen. Sie haben mit ihm zusammen gegessen. Sie haben vom leeren Grab berichtet. Wenn Theologen trotz dieser absolut eindeutigen Texte zu dem Schluss kommen, die Auferstehung wäre nur eine Vision gewesen, dann steht dahinter besonders offenkundig die außerwissenschaftliche Denkannahme, dass es so etwas wie eine Auferstehung von den Toten aus biologischen Gründen eben nicht geben kann.

Die Konsequenz für den christlichen Glauben ist dramatisch. Denn wenn das Grab nicht leer war, verliert die christliche Auferstehungshoffnung im Kern ihre Basis. Die Bibel macht den Gläubigen ja ebenfalls Hoffnung auf eine eigene Auferstehung. Dabei gründet sie die Auferstehungshoffnung für die Christen auf die Auferstehung Jesu! Wie sollen wir auf unsere eigene Auferstehung hoffen, wenn Paulus schon in Bezug auf die Auferstehung Jesu geirrt hat? Entsprechend spricht Paulus dann auch Klartext, wenn er sagt: Wenn Jesus nicht auferstanden ist, „dann ist euer Glaube nutzlos …, dann lasst uns Feste feiern und uns betrinken, denn morgen sterben wir!“ (1. Korinther 15, 17+32) Die Auferstehungshoffnung stand von Beginn an im innersten Zentrum des christlichen Glaubens. Sie hat dazu geführt, dass sich das Christentum trotz massiver Verfolgung so rasant ausbreiten konnte. Wer die Botschaft vom leeren Grab durchstreicht, streicht die christliche Hoffnungsbotschaft im Kern durch.

4.   Es wird nicht mit vorhersagender Prophetie gerechnet!

Wenn Gott nicht in die Geschichte eingreift, dann gibt es auch keine vorhersagende Prophetie. So schreiben Conzelmann und Lindemann zum Beispiel: „Ebenso wie Matthäus (und wohl auch Markus) ist Lukas jedenfalls nach 70 verfasst worden; in Lk. 21,10 ist unmissverständlich auf die Belagerung Jerusalems am Ende des Jüdischen Krieges und auf die Zerstörung der Stadt angespielt.“ (S. 343) Die Autoren befassen sich in diesem Abschnitt mit der Frage: Wann sind eigentlich die Evangelien verfasst worden? Und ihre Argumentation lautet: Im Lukasevangelium spricht Jesus von der Belagerung und Zerstörung Jerusalems und des Tempels. Das ereignete sich im Jahr 70 nach Christus. Deshalb – so die Schlussfolgerung – müssen die Evangelien nach 70 nach Christus geschrieben worden sein. Denn erst da wusste man ja von dieser Zerstörung.

Dieses Argument ist für Conzelmann und Lindemann so stark, dass andere Argumente für eine frühere Entstehung der Evangelien gar nicht erst diskutiert werden: Denken wir nur an die Apostelgeschichte, die ganz plötzlich noch zu Lebzeiten des Paulus endet. Paulus starb etwa Mitte der 60iger Jahre den Märtyrertod. Warum hört die Apostelgeschichte vorher auf? Warum schrieb Lukas zwar ausführlich über den Märtyrertod von Stephanus, während er den Tod von Paulus und Petrus mit keinem Wort erwähnt? Warum kommt insgesamt die Zerstörung Jerusalems und des Tempels abgesehen von diesen prophetischen Ankündigungen nirgends vor im Neuen Testament? Dazu muss man sich vor Augen führen: Die Zerstörung des Tempels war sicher ein extrem traumatisches Erlebnis für alle Juden. Dass dieses Ereignis nirgends erwähnt wird ist eigentlich ein mächtiges Argument für eine frühere Datierung. Aber das zählt natürlich nicht, wenn man die Denkvoraussetzung hat, dass es vorhersagende Prophetie nicht gibt.

Aber der Ausschluss vorhersagender Prophetie hat noch mehr dramatische Konsequenzen: Wenn es keine biblischen Vorhersagen gibt, dann sind etwa 30 % der biblischen Texte eine Vorspiegelung falscher Fähigkeiten. Die Bibel ist schließlich voll von Prophetien und Vorhersagen und von der Behauptung, dass Vorhersagen sich tatsächlich erfüllt haben. Sie warnt sogar selbst vor falschen Propheten, die nur vortäuschen, etwas über die Zukunft zu wissen (z.B. 5. Mose 18, 22). Wenn aber die biblischen Propheten selbst nichts über die Zukunft wussten und zugleich vor falschen Propheten gewarnt haben, die nichts über die Zukunft wissen, dann müssten wir ihnen einen äußerst fragwürdigen Charakter unterstellen.

Eine weitere Konsequenz aus der Ablehnung vorhersagender Prophetie ist, dass die biblischen Texte erst spät nach den prophezeiten Ereignissen entstanden sind oder zumindest nachträglich manipuliert wurden. In der Folge sind dann auch die Evangelien keine Augenzeugenberichte mehr, weil sie erst viele Jahrzehnte nach Jesu Tod aufgeschrieben wurden. Die Konsequenz daraus ist, dass die Evangelien nicht den historischen Jesus zeigen sondern nur die Vorstellungen der urchristlichen Gemeinde über Jesus beschreiben. Prof. Lindemann sagt dazu im Interview: Dass es sich bei den Evangelien um Lebensbeschreibungen Jesu handelt, wird „seit Jahrzehnten von keinem ernst zu nehmenden Exegeten mehr behauptet.“ Ganz offenkundig handelte es sich bei dieser Sichtweise also nicht etwa um eine Außenseiterposition sondern vielmehr um den Mainstream in der universitären Theologie. Aber wie können wir einem Jesus vertrauen, von dem wir nichts Verlässliches wissen, weil die einzigen Aufzeichnungen über ihn religiös ausgeschmückte, verfälschte Geschichten sind? Ich könnte das jedenfalls nicht. Und ich habe Verständnis, dass viele Zeitgenossen in Bezug auf die Bibel abschalten und aus der Kirche austreten, wenn sie solche Äußerungen von Theologen hören.

Angesichts derart dramatischer Konsequenzen für den christlichen Glauben und die Kirche stellt sich umso mehr die Frage:

Hat sich der methodische Naturalismus in der Bibelwissenschaft bewährt?

Anders gefragt: Hat es sich denn gelohnt, diesen hohen Preis in der Theologie zu bezahlen? Eine gute wissenschaftliche Theorie zeigt sich ja daran, dass sie sich mit der Zeit verfestigt, dass sie immer stabiler wird, dass sie Vorhersagen machen kann, die dann auch tatsächlich eintreffen und dass unterschiedliche Wissenschaftler bei der Erforschung des gleichen Gegenstands zu den gleichen Schlüssen kommen. Ist das so in der universitären Bibelwissenschaft? Können wir das beobachten in der vom methodischen Naturalismus geprägten Theologie? Haben wir heute mehr Klarheit darüber, worin die Botschaft der Bibel besteht und wie ihre Texte auszulegen sind? Haben wir mehr Klarheit, was eigentlich das Evangelium ist und was im Zentrum der christlichen Botschaft steht? Und haben wir heute ein genaueres Bild vom historischen Jesus und von dem, was Jesus wirklich gelehrt und verkündigt hat? Sah Jesus sich selbst als Messias oder nicht? Wollte er eine Kirche gründen oder nicht? War Maria wirklich Jungfrau? War sein Tod ein bewusstes, stellvertretendes Sühneopfer oder war Jesus einfach ein Opfer der römischen Justiz? Ist Jesus wirklich auferstanden? Oder haben die Jünger nur Visionen gesehen? War das Grab wirklich leer? All das sind ja keine Randthemen des christlichen Glaubens. Und doch ist die Vielfalt an Meinungen zu allen diesen Themen und Fragestellungen fast unübersehbar. Der Theologe Prof. Heinzpeter Hempelmann schrieb deshalb:

„Wenn die Anwendung eines methodischen Instrumentariums bei der Auslegung biblischer Texte zu völlig unterschiedlichen und sogar gegensätzlichen Ergebnissen führt, gibt dies …  Anlass zur Rückfrage nach der Stringenz des Methodenkanons. … Christlicher Glaube und christliche Kirche haben seit nunmehr fast 2000 Jahren sehr genau gewusst, wovon im Neuen und Alten Testament die Rede ist, und genau dies hat diese religions-geschichtlich einzigartige Bewegung zur Bewegung gemacht und bis heute in Bewegung gehalten. Wenn wir dies heute mit unseren Methoden nicht mehr einzuholen wissen, … wenn neutestamentliche Exegese nicht mehr sagen kann oder will, wer der Jesus des Neuen Testamentes historisch ist, dann ist das bezeichnend für heutige Wissenschaft vom Neuen Testament.“[4]

Wenn Prof. Hempelmann mit dieser Aussage recht hat, dann müssten wir eigentlich konsequenterweise sagen: Nein, das spricht nicht dafür, dass die moderne historisch-kritische Methode ein erfolgreicher wissenschaftlicher Ansatz ist. Das wäre ein guter Grund, diesen methodischen Ansatz in Frage zu stellen, weil er keine stabilen Ergebnisse zu den zentralen Fragen der Bibelauslegung liefern kann.

10 Argumente für die Glaubwürdigkeit, Verlässlichkeit und Offenbarungsqualität der Bibel

Eine weitere Konsequenz des methodischen Naturalismus in der Theologie ist, dass Argumente für die Glaubwürdigkeit, Verlässlichkeit und Offenbarungsqualität der Bibel gar nicht erst diskutiert werden. Wer schon vor Beginn seiner Forschung die Vorentscheidung getroffen hat, dass es keine Wunder und keine Offenbarung gibt, der braucht sich mit Argumenten für die Historizität der Wunder und der Offenbarungsqualität der Bibel erst gar nicht auseinandersetzen. Denn das wäre ja unwissenschaftlich. Wie Schade! Denn in Wahrheit gibt es phantastische Argumente dafür, dass die Bibel tatsächlich ein Wunder göttlicher Offenbarung ist. 10 dieser Argumente wollen wir nun genauer betrachten:

1.   Die einzigartige Überlieferungs­qualität

Die ältesten Abschriften bekannter antiker Texte wie z.B. die Annalen von Tacitus oder die Ilias von Homer sind mindestens 400 Jahre jünger als das Original. Oft ist die Zeitdifferenz zwischen der Abfassung der Texte und der ältesten erhaltenen Abschrift noch viel größer. In allen Fällen haben wir nur relativ wenige historische Abschriften.

Beim Neuen Testament sieht das vollkommen anders aus. Die ältesten Abschriften, die wir heute noch besitzen, sind nur etwa 60 Jahre nach den Originalen entstanden. Dazu kommt: Es gibt ganze Berge von antiken Zeugnissen! Wir verfügen heute über ca. 5700 griechische Handschriften. Dazu kommen Übersetzungen ins Lateinische und in andere Sprachen sowie zahllose Zitate in antiken Schriften.

Das heißt: Die Qualität der Überlieferung des Neuen Testaments spielt im Vergleich zu allen anderen antiken Schriften in einer ganz eigenen Liga! Kein anderes Dokument ist auch nur annähernd so verlässlich überliefert wie das Neue Testament.

An der Universität Münster werden alle diese Textzeugnisse genau ausgewertet mit dem Ziel, einen möglichst genauen Urtext zu rekonstruieren. Das Zwischenergebnis ist: 99,9 % des Textes hat sich als absolut zuverlässig erwiesen! Der Projektleiter Prof. Holger Strutwolf sagt: „Insgesamt ist die Überlieferung der Bibel sehr gut und sehr treu. In den theologischen Punkten gibt es unter den Abertausenden Handschriften kaum Abweichungen.“ [5] Anders ausgedrückt: Wir können uns darauf verlassen, dass das, was wir heute lesen, tatsächlich das ist, was die biblischen Autoren damals geschrieben haben!

2.   Die Texteigenschaften authentischer Augenzeugenberichte

Die sehr gute Qualität der Überlieferung muss allerdings noch nicht heißen, dass ihre Inhalte zuverlässig sind. Haben sich die biblischen Autoren vielleicht nur lückenhaft erinnert, vieles verdreht und verwechselt?

Dagegen sprechen einige Eigenschaften des Textes im Neuen Testament, die darauf hindeuten, dass hier tatsächlich Augenzeugen geschrieben haben. Besonders eindrücklich ist die korrekte Häufigkeit der Namen und die richtige Namensverteilung in den Evangelien. Die Verwendung von Namen war schon immer eine Frage des Geschmacks, der einem starken Wandel unterlag. Durch die Auswertung von Gräbern konnte inzwischen recht gut rekonstruiert werden, welche Namen zur Zeit des Neuen Testaments besonders in Mode waren: 15,6 % aller Männer trugen die 2 häufigsten männlichen Namen Simon und Joseph. 28 % aller Frauen hießen entweder Maria und Salome. Dieser Befund deckt sich sehr genau mit der Häufigkeit der Namen im Neuen Testament. Besonders erstaunlich ist: Der Vergleich der 9 häufigsten Männernamen der damaligen Zeit mit den 9 häufigsten Männernamen im Neuen Testament deckt sich das sogar ganz hervorragend.

Das ist deshalb so bedeutsam, weil man eine genaue Namensverteilung Jahrzehnte später nicht mehr rekonstruieren kann. Ganz offenkundig haben hier also Leute geschrieben, die genau wussten, wie die Leute, die in den Geschichten vorkamen, tatsächlich hießen.

Das gleiche gilt für die zahlreichen Ortsnamen, die wir in den Evangelien finden. Interessant ist dabei der Vergleich mit den apokryphen Evangelien: Dort kommen Ortsnamen nämlich kaum vor! Das zeigt: Ortsnamen verwendet man nur, wenn man sich wirklich auskennt. Leute, die einen Bericht sehr viel später verfassen, können sich an solche Details ganz offenkundig nicht mehr erinnern.

Darüber hinaus enthält das Neue Testament zahlreiche korrekte historische Angaben. Prof. Puolimatka zitiert dazu den Forscher Colin Hemer, der die Kapitel 13 – 28 der Apostelgeschichte auf historisch überprüfbare Angaben ausgewertet hat. Im Ergebnis konnte Hemer in den 16 Kapiteln 84 korrekte historische Angaben nachweisen.[6] Das zeigt: Hier schreibt jemand, der wirklich dabei gewesen ist und entweder selbst Augenzeuge war oder aber seine Berichte auf Basis von Augenzeugenberichten erstellt hat, so wie Lukas das ja auch selbst von seinen Berichten behauptet hat.[7]

3.   Der enorme Erfolg in der Zeit und der Region der Augenzeugen

Es ist relativ einfach, wilde Geschichten über Ereignisse in weit entfernten Regionen in längst vergangenen Zeiten zu verbreiten, weil sie von niemand überprüft werden können. Ganz anders ist das bei Berichten über Ereignisse, die in der eigenen Zeit und der eigenen Region stattgefunden haben. Trotz dieser Überprüfbarkeit haben sich die biblischen Berichte in der Zeit und der Region der Augenzeugen extrem schnell ausgebreitet. Der römische Geschichtsschreiber Tacitus berichtet, dass Kaiser Nero bereits im Jahr 64 nach Christus den Christen den Brand Roms in die Schuhe geschoben hat. Das heißt: Trotz fehlender Kommunikations- und Verkehrsmittel hatte sich die christliche Botschaft bereits 30 Jahre nach Jesu Tod bis ins weit entfernte Rom derart erfolgreich ausgebreitet, dass Nero sich genötigt fühlte, dieser neuen Religion einen kräftigen Dämpfer zu verpassen!

Der Althistoriker Dr. Jürgen Spieß berichtet, dass es unter Historikern völlig unbestritten ist, dass sich das Leben der Nachfolger Jesu in einem unglaublichen Ausmaß umgekrempelt hat. Bei sehr vielen Menschen gab es ganz offenkundig einen drastischen Bruch mit fest verankerten Traditionen. Besonders erstaunlich ist die Tatsache, dass so viele streng monotheistische Juden plötzlich begannen, den gekreuzigten Jesus als Gott anzubeten! Damals hatte Tradition eine sehr viel stärkere Bindungskraft als heute. Für einen derart drastischen Traditionsbruch fehlt bis heute jede natürliche Erklärung![8]

4.   Die extreme Opferbereitschaft der Zeugen

Der Geschichtsschreiber Tacitus berichtet eindrücklich von der grausamen Christenverfolgung in Rom: „Nero gab denen, die … das Volk Christen nannte, die Schuld und belegte sie mit den ausgesuchtesten Strafen. … In Felle wilder Tiere eingenäht wurden sie von Hunden zerfleischt oder mussten ans Kreuz geschlagen und angezündet nach Einbruch der Dunkelheit als nächtliche Beleuchtung brennen.“

Der Bericht von Tacitus ist nur einer von vielen Belegen, die zeigen: Die erste christliche Generation war einem brutalen Verfolgungsdruck ausgesetzt. Die meisten der Jünger Jesu starben den Märtyrertod. Der jüdische Geschichtsschreiber Josephus berichtet, dass auch Jakobus, der leibliche Bruder Jesu, der die Gemeinde in Jerusalem mit geleitet hat, den Märtyrertod für seinen Glauben an Jesus starb. Ist eine derartige Opferbereitschaft überhaupt denkbar, wenn Jesus nicht tatsächlich sichtbar auferstanden ist?

Die Jünger Jesu (und erst recht sein leiblicher Bruder Jakobus) wussten genau, ob die Botschaft von der Auferstehung stimmt oder ob es sich um eine Lüge handelt. Diese Menschen haben nicht nur ihr Leben umgekrempelt, sie haben nicht nur ihre Tradition über Bord geworfen, sie waren auch noch bereit, für diese Botschaft in den Tod zu gehen. Kann man all das wirklich durch eine Lüge oder durch einen psychologischen Effekt erklären?

5.   Das ungewöhnliche, unpopuläre Gottesbild

Zumal man eine Lüge normalerweise nur dann in die Welt setzt, wenn man sie für erfolgversprechend hält und man sich von ihr einen Vorteil verspricht. Aber was für ein Vorteil sollte das bei der Botschaft der ersten Christen gewesen sein? Ihre Botschaft war doch extrem seltsam: Ein göttlicher König, der weitgehend unbemerkt bei unbedeutenden Leuten in einem Stall geboren und dann am Kreuz ermordet wird. Im 5. Mose 21, 23 ist zu lesen: „Ein [am Holz] Aufgehängter ist verflucht bei Gott.“ Der Kreuzestod wurde in der damaligen Kultur so verachtet, dass es bis zum 4. Jahrhundert gedauert hat, bis das Kreuz zunehmend zum Symbol der Christen wurde. Es ist somit kein Wunder, dass Paulus schrieb: „Wir aber predigen den gekreuzigten Christus, den Juden ein Ärgernis und den Griechen eine Torheit.“ (1. Kor. 1, 23) Die Botschaft vom gekreuzigten Gott war also alles andere als attraktiv! Sie war im Gegenteil eine Provokation und ein Ärgernis. Und trotzdem war sie unfassbar erfolgreich, so dass reihenweise Menschen bereit waren, für diese Botschaft zu sterben. Wie kann man sich das erklären außer dadurch, dass die Ereignisse, die im neuen Testament geschildert werden, wirklich geschehen sind und dass Jesus wirklich von den Toten auferstanden ist?

6.   Die drastische Ehrlichkeit und
fehlende Idealisierung

Geschichtsschreiber wurden in der Antike oft von Herrschern beauftragt oder zumindest streng kontrolliert. Deshalb wurden viele Herrscher zu Helden oder gar zu Göttern verklärt. Deshalb wurden viele Herrscher zu Helden oder gar zu Göttern verklärt. Dazu wurde die eigene Nation oft heroisiert und so dargestellt, als wäre ihre Geschichte voll von ruhmreichen Heldentaten. Wir kennen das auch von heutigen Diktatoren. Nicht so in der Bibel! In ihr finden wir keine idealisierten Überflieger. In ihr finden wir nur Menschen mit Stärken und Schwächen.

Selbst die größten Helden der biblischen Geschichte blamieren sich reihenweise bis auf die Knochen: Noah hat sich betrunken. Abraham, der Vater des Glaubens, hat seine Frau mehrfach feige im Stich gelassen. Die Karriere Jakobs, des Namensgebers Israels, basierte auf einem Betrug. Mose war ein Mörder. Das Volk Israel war glaubensschwach und untreu. König David war ein Ehebrecher und Mörder. Der weise König Salomo betete Götzen an. Petrus hat Jesus verleugnet. Paulus hat sich mit Barnabas und Petrus zerstritten…

Besonders auffällig: Frauen waren die ersten Zeugen der Auferstehung! Das ist bemerkenswert, denn das Zeugnis von Frauen galt damals als wertlos.[9] Wer seine Mitmenschen von der Auferstehung überzeugen wollte brauchte also Männer als Zeugen. Und wer Andere von der Autorität und dem Vorbildcharakter eines Abraham, Jakob oder Petrus überzeugen will, braucht Helden statt Versager. Trotzdem ist die Bibel durchgängig ehrlich und realistisch. Sie hat diesen einzigartigen Klang der Wahrheit, der sie von allen Epen und Heldengeschichten unterscheidet.

7.   Die durchgängige Geschichte

Die Bibel besteht aus 66 Büchern. Sie wurde von mindestens 40 Autoren verfasst, die über einen Zeitraum von etwa 1600 Jahren in völlig verschiedenen Kulturen gelebt haben. Trotzdem enthält die Bibel eine durchgängige, sich immer weiter entfaltende Geschichte. Sie beginnt damit, wie die Beziehung zwischen Gott und Menschen zerbricht. Und sie endet damit, wie diese Beziehung wiederhergestellt wird und Gott wieder bei den Menschen wohnt. Durchgängig schildert die Bibel diesen heiligen und zugleich liebenden Gott, der alles dafür tut, um die Beziehung zu den Menschen wiederherzustellen. Schon auf den ersten Seiten beginnen die Hinweise auf einen geheimnisvollen Nachkommen Evas, der zwar von der Schlange gebissen, ihr aber den Kopf zertreten wird. (1. Mose 3, 15) Danach folgt die Bibel durchgängig immer dieser einen Abstammungslinie, die schlussendlich zu Jesus führt.

Insgesamt finden sich etwa 63.000 Querverweise in der Bibel. Grafisch dargestellt wird deutlich: Die Bibel ist ein Gesamtkunstwerk, in dem jeder Text mit vielen anderen Texten verknüpft ist. Die große Frage ist: Wer hat in diesem Buch die Regie geführt? Wer hat den roten Faden durch dieses Buch gelegt? Wer hat darauf geachtet, dass alle 40 Autoren an dieser einen Geschichte weiterschreiben?

8.   Die zahllosen erfüllten Vorhersagen

Die Bibel ist ein Buch, das ein gewaltiges Risiko eingeht. Etwa 30 % der biblischen Texte enthalten prophetische Vorhersagen für die Zukunft. Zugleich wird immer wieder gewarnt: Wenn Vorhersagen nicht eintreffen, dann müssen die Propheten verworfen werden. Es ist höchst gefährlich, solche Texte zu schreiben, wenn man die Zukunft nicht wirklich vorhersehen kann. Die Bibel ist dieses Risiko eingegangen. Und das Gewaltige ist: Tatsächlich haben sich zahllose Vorhersagen der Bibel buchstäblich erfüllt:

Der Prophet Jesaja sagte nicht nur voraus, dass der Tempel zerstört wird, sondern auch, dass er später wieder aufgebaut wird. Er nannte sogar den Namen des Herrschers Kyrus, der diesen Wiederaufbau voranbringen wird (Jes. 44, 28).

Der Prophet Daniel sagte die nach ihm kommenden 4 Weltreiche voraus. Über Jesus gibt es zahlreiche Vorhersagen: Die Geburt in Betlehem (Micha 5, 1), die Abstammung aus dem Stamm Juda (1. Mose 49, 10), der Einzug in Jerusalem auf einem Esel (Sacharja 9, 9) sowie viele Details und sogar der Zeitpunkt der Kreuzigung (Psalm 22, Jesaja 53, Daniel 9, 24-27[10]).

Dass es viele korrekte Vorhersagen in der Bibel gibt, ist weitgehend unbestritten. Deshalb wird seit langem diskutiert, ob entweder die Texte oder aber die spätere Geschichte nachträglich manipuliert wurden. So könnten z.B. die Evangelisten behauptet haben, dass Jesus in Bethlehem von einer Jungfrau geboren wurde, damit es gut zu den prophetischen Vorhersagen passt – obwohl Jesus eigentlich in Nazareth geboren worden war. Die Frage ist nur: Ist das glaubwürdig? Hat zum Beispiel Jakobus, der leibliche Bruder Jesu und Leiter der Gemeinde in Jerusalem, wirklich die Behauptung des Geburtsorts Bethlehem mitgetragen, obwohl er genau wusste, dass das gar nicht stimmt? Haben die jüdischen Schriftgelehrten, denen doch eine ausgeprägte Ehrfurcht vor ihren heiligen Texten nachgesagt wird, wirklich regelmäßig und in großem Umfang die Texte der Propheten manipuliert, um nachträglich den Anschein zu erwecken, dass es sich um korrekte Vorhersagen handelt?

Besonders schwierig zu erklären sind die Vorhersagen, die die Bibel für die Neuzeit gemacht hat. Schon in den Mosebüchern lesen wir erstaunliche Vorhersagen über das Volk Israel: Das Volk würde unter alle Nationen zerstreut und dort verfolgt werden (5. Mose 28, 64-65, 3. Mose 26, 38). In der Zeit des Alten Testaments ist Israel zwar verschleppt worden. Aber die Zerstreuung unter alle Nationen begann tatsächlich erst im 1. Jahrhundert nach Christus. Seither gab es kein Volk, dass durch alle Zeiten hindurch und in allen Kulturen so irrational gehasst und verfolgt worden ist wie die Juden, so dass fast jedes Kind den Fachbegriff kennt für diesen Hass: Antisemitismus. Für welches andere Volk kennen wir einen solchen Begriff?

Am unglaublichsten aber ist sicher die vielfache biblische Vorhersage, dass die Juden aus allen Ecken der Welt wieder in ihr Land zurückkehren werden (Hes. 11,17; 36,13; Jes. 43,5-6; Jer. 16,14-15). Viele Jahrhunderte lang schien die Erfüllung dieser Vorhersagen undenkbar. Aber seit dem Ende des 19. Jahrhunderts geschieht es vor unseren Augen: Die Juden kehren in ihr Land zurück aus allen Ländern der Welt. Wir müssen uns klar machen, was da geschehen ist: Ein Volk, das 2000 Jahre lang in alle Welt verstreut ist, behält trotzdem seine Kultur und seine Identität und kehrt dann wieder zurück in sein Land. Das ist ein absolut einmaliger Vorgang der Weltgeschichte. Die Bibel hat genau das schon vor mehr als 2.000 Jahren vielfach angekündigt.

Jesus hat zudem angekündigt, dass seine Worte nie vergehen (Lukas 21,33) und in aller Welt gepredigt werden (Matth. 24,14) – eine extrem gewagte Ankündigung für einen Wanderprediger in einem unbedeutenden Land, der seine Worte nicht einmal aufgeschrieben hat. Heute ist die Bibel tatsächlich das mit großem Abstand am weitesten verbreitete und am meisten übersetzte Buch der Welt. Wir stehen kurz davor, dass buchstäblich jedes Volk der Erde die Worte Jesu in seiner Sprache hören kann. Können das denn wirklich alles Zufälle sein?

9.   Das zutreffende Welt- und Menschenbild und die wegweisende Ethik

Die Bibel liefert insgesamt ein Weltbild, das den Test der modernen Wissenschaft hervorragend bestanden hat! Sie sagt voraus, dass wir bei der Erforschung der Welt immer mehr natürliche Erklärungen für die Naturphänomene finden werden, weil das Geschaffene nicht göttlich ist und somit nach festen Gesetzen funktioniert. Aber sie sagt auch voraus, dass wir bei den Ursprungsfragen immer mehr Anzeichen von Design und bewusster Planung finden werden, weil die Welt von Gott geschaffen wurde. Tatsächlich können wir heute staunen über die extreme Feinabstimmung des Universums oder über extrem ausgeklügelte molekulare Maschinen. Je mehr Entdeckungen wir machen, umso mehr bestätigen sich die biblischen Vorhersagen.[11]

Das gilt auch für das biblische Menschenbild. Die Bibel verleiht jedem Menschen zwar eine unveräußerliche Würde, zugleich schmiert sie uns Menschen aber auch keinen Honig um den Mund. Sie schildert sehr realistisch, dass der Mensch im Kern eben nicht gut, sondern unheilbar mit dem Bösen verstrickt ist (1. Mose 8,21; Röm. 3,12). Die Weltgeschichte hat diese Sichtweise durchgängig und eindrücklich bestätigt. Gesellschaftssysteme, die auf einen guten Kern im Menschen setzen (Sozialismus, Kommunismus) sind bislang immer krachend gescheitert. Erfolgreich waren hingegen Systeme, die auf dem menschlichen Egoismus aufbauen (Kapitalismus, soziale Marktwirtschaft) und in denen jeder Mensch, der Macht hat, effektiv kontrolliert wird (Demokratie).

Umso wertvoller sind die herausragenden biblischen Texte über Ethik und ein gelingendes menschliches Zusammenleben. Texte wie die 10 Gebote oder die Bergpredigt haben weltweit die Kulturen mehr geprägt als jedes andere Buch der Welt.

10.    Der Selbstanspruch, göttliche Offenbarung zu sein

Die Bibel ist voller Aussagen, dass in ihr nicht primär Menschen sprechen sondern Gott selbst. Jeremia schreibt zum Beispiel: „Der Herr sprach zu mir: Siehe, ich lege meine Worte in deinen Mund.“ (Jer. 1,9) Ganz ähnlich äußert sich Paulus, wenn er sagt: „Das Evangelium, das von mir gepredigt ist, ist nicht von menschlicher Art … sondern eine Offenbarung Jesu Christi.“ (Gal. 1,11-12) Diese extrem steilen Selbstbehauptungen führen zu einer großen Frage:

Die Bibel: Was ist das eigentlich?

Ist die Bibel einfach eine Sammlung inspirierender Berichte über religiöse Erfahrungen und Ideen? Sind das kluge Lehren über Gott und Moral? Tatsache ist: Genau das wollen die biblischen Texte ausdrücklich nicht sein! In der Welt gibt es viele religiöse Erfahrungsberichte und interessante Abhandlungen über religiöse Themen. Aber dieses Buch hat den Anspruch, eine Offenbarung Gottes zu sein! Wenn jemand seine Lehre oder seine Erfahrungen mit diesem Anspruch verknüpft, dann müssten wir doch eher sagen: So ein Text muss ein Werk von Lügern oder die Phantasie von religiösen Schwärmern sein. Aber passt diese These zu den Eigenschaften der biblischen Texte? Denken wir an die wegweisende Ethik, das zutreffende Welt- und Menschenbild, die vielen erfüllten Vorhersagen, die extreme Opferbereitschaft der Zeugen, die extreme Ehrlichkeit der biblischen Texte… Nein, hier waren keine Lügner und auch keine Schwärmer am Werk. Die Inhalte und Eigenschaften der Texte sprechen vollkommen dagegen.

Aber was ist die Bibel dann? Es bleibt nur eine Möglichkeit: Die Bibel ist das, was sie selbst behauptet zu sein: Gottes offenbartes Wort. Tatsächlich bezeugen Menschen in der ganzen Welt: Dieses Buch verändert Leben. Es verändert ganze Kulturen.[12] Wir haben wirklich allen Grund, diesem Buch unser Vertrauen zu schenken, unser Leben und unsere Gesellschaft darauf aufzubauen.                                 n

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Dr. Markus Till, veröffentlicht im April 2020

Die Inhalte dieses Artikels wurden zunächst für einen Vortrag erarbeitet, der am 1.11.2019 auf einer Tagung des deutschen christlichen Technikerbunds (DCTB) gehalten wurde.

Weiterführend zu diesem Thema sind im AiGG-Blog (blog.aigg.de) folgende Artikel erschienen:

[1] Sehr empfehlenswert dazu ist der Worthausvortrag von Prof. Peter Wick „Das Mys­te­ri­öse – Von der rationalen Wunderkritik über den postmodernen Wunderglauben zurück zu Jesus“

[2] Tapio Puolimatka, „Glaube, Naturwissenschaft und Bibel“, Ruhland-Verlag, 2018, S. 28

[3] „Ist Jesus dem Glauben im Weg“, Der Spiegel, 13.12.1999

[4] In: „Was heißt christlicher Glaube? Reflexionen über einen ebenso notwendigen wie unmöglichen Begriff“, in: Theologische Beiträge 44 (2013) 4/5, S.

185–201, hier: S. 197.

[5] Nähere Informationen dazu im AiGG-Artikel „Meister der Überlieferung“(blog.aigg.de/?p=1924)

[6] In T. Puolimatka: „Glaube, Wissenschaft und die Bibel“, Ruhland-Verlag 2018, S. 486 ff.

[7] Lukas 1, 1-4; Man beachte dazu auch die Passagen der Apostelgeschichte, die in „Wir-Form“ verfasst sind, z.B. Apg. 16, 10 ff.

[8] Siehe dazu z.B. den Vortrag von Dr. Jürgen Spieß: „Ein Althistoriker über die Glaubwürdigkeit des NT“

[9] So schrieb z.B. der jüdische Geschichtsschreiber Josephus: „Das Zeugnis der Frau ist nicht rechtsgültig wegen der Leichtfertigkeit und Dreistigkeit des weiblichen Geschlechts.“

[10] Siehe dazu den AiGG-Artikel: „Hat Daniel das Datum der Kreuzigung vorhergesagt?“ (blog.aigg.de/?p=2204)

[11] Siehe dazu der Vortrag von Markus Till: „Außerwissenschaftliche Vorannahmen – Denkvoraussetzungen von Wissenschaftlern und Theologen“

[12] Die kulturverändernde Kraft der Bibel wurde eindrücklich dargelegt vom Inder Vishal Mangalwadi in seinem „Buch der Mitte“.

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