Ist Jesus auferstanden? Hat er den Tod überwunden? Die Antwort auf diese Frage ändert einfach alles. Wenn Jesus nicht auferstanden ist, dann ist das Christentum der größte Fake der Weltgeschichte. Wenn die Ostergeschichte hingegen wahr ist, dann ist der Tod ein besiegter Feind – und die Worte Jesu sind von größter Bedeutung für jeden Menschen. Grund genug also, sich mit dieser Frage gründlich auseinanderzusetzen. Sie wird hier im Rahmen eines Indizienprozesses verhandelt.
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Richter: Sehr verehrte Anwesende, ich begrüße Sie im Gerichtssaal. Der Fall, um den es geht, ist Ihnen bekannt. Ich will zunächst betonen: Heute geht es nicht um Glauben! Vor Gericht zählen ausschließlich Fakten. Ob die Geschichte von der Auferstehung stimmt oder nicht, können wir mit naturwissenschaftlichen Mitteln nicht klären, denn Naturwissenschaft arbeitet mit Beobachtung und mit reproduzierbaren Experimenten. Beide Instrumente taugen zur Klärung dieses Falles leider nur sehr eingeschränkt. Wenn Geschichtswissenschaftler herausfinden wollen, ob ein Ereignis tatsächlich stattgefunden hat, müssen sie einen Indizienprozess führen – so wie in einem Strafprozess geprüft wird, ob jemand ein Verbrechen begangen hat oder nicht. Dafür müssen Spuren und Hinweise gesammelt und auf ihre Beweiskraft geprüft werden. Zeugen müssen befragt und ihre Glaubwürdigkeit muss bewertet werden.
Genau das werden wir heute tun! Dabei werden wir 2 Dinge als Fakten voraussetzen, weil sie bereits zuvor ausführlich geprüft und eindeutig entschieden wurden:
- Jesus hat gelebt.
- Er ist in Jerusalem gekreuzigt worden.
Diese beiden Tatsachen sind heute auch unter sehr kritischen Theologen und Wissenschaftlern kaum noch umstritten. Denn neben den biblischen Berichten existieren zahlreiche außerbiblische Bestätigungen, z.B. vom römischen Geschichtsschreiber Tacitus, vom jüdischen Geschichtsschreiber Josephus Flavius und viele mehr.
Heute geht es um die Frage: Ist Jesus nach der Kreuzigung leiblich von den Toten auferstanden? Genau das wurde und wird bis heute von den Nachfolgern Jesu behauptet. Der Anwalt der Anklage hat eine ganze Reihe von Einwänden gegen diese These zusammengetragen. Herr Anwalt: Sie vertreten eine Gruppe ganz unterschiedlicher Kläger, die sich gegen die Verbreitung der Auferstehungsbotschaft wenden. Könnten Sie bitte die Anklagepunkte kurz zusammenfassen.
Die Anklageschrift
Anklage: Sehr gerne. Zunächst möchte ich betonen: Es handelt sich hier um einen äußerst schwerwiegenden Skandal! Die christlichen Kirchen dieser Welt haben Millionen Menschen hinters Licht geführt. Sie haben ihnen eine falsche Hoffnung eingeimpft mit einer Geschichte, die sie nicht beweisen können und die naturwissenschaftlich unhaltbar ist. Zahllose Menschen sind wegen diesem Unfug einen sinnlosen Märtyrertod gestorben. Was für ein Verbrechen! Vor diesem dramatischen Hintergrund hält die Anklage die Höchststrafe für mehr als angemessen.
Richter: Ich nehme das zur Kenntnis. Aber wenn Jesus nicht wirklich auferstanden ist, wie ist es dann aus Sicht der Anklage tatsächlich gewesen?
Anklage: Die Kläger, die ich vertrete, sind sich darin nicht völlig einig. Die unterschiedlichen Alternativszenarien der verschiedenen Klageparteien lauten wie folgt:
- Es war gar nicht Jesus, der ans Kreuz geschlagen wurde. Das vertritt zum Beispiel der Koran.
- Jesus war gar nicht tot sondern er war nur betäubt oder scheintot.
- Die Leiche wurde gestohlen oder ist auf andere Weise verschwunden. Das vertrat z.B. Johann Wolfgang von Goethe.
- Die Jünger hatten nur Visionen und Halluzinationen.
- Die ganze Geschichte ist erfunden und stellt eine große Lüge dar.
Richter: Vielen Dank. Somit schreiten wir zur Prüfung der Fakten. Was können wir zu dieser Geschichte heute sicher wissen? Welche Spuren hat sie hinterlassen? Herr Verteidiger, welche Beweise können Sie uns zu diesen Fragen präsentieren?
Die schnelle Verbreitung in der Zeit und der Region der Augenzeugen
Verteidiger: In der Tat kann ich Ihnen heute eine ganze Reihe von Indizien und Beweisen präsentieren. Das erste Beweisstück, das ich dem Gericht vorlegen möchte, ist die rasend schnelle Ausbreitung des Auferstehungsglaubens trotz allergrößter Widerstände. Nur wenig mehr als 30 Jahre nach der Kreuzigung (im Jahr 64 n.Chr.) hat sich der weit entfernt regierende römische Kaiser Nero vom Christentum bereits so bedroht gefühlt, dass er den Christen den Brand Roms in die Schuhe schob. Innerhalb von nur 270 Jahren hat sich dieser Glaube über den gesamten Mittelmeerraum ausgebreitet. Obwohl das römische Reich die Christen massiv bekämpft hat, musste es nach etwa 300 Jahren kapitulieren und hat schließlich selbst den christlichen Glauben angenommen. Diese extrem schnelle Ausbreitung einer neuen Religion gegen größte Widerstände, massive Gewalt und Verfolgung, ohne Machtinstrumente, ohne moderne Kommunikations- oder Verkehrsmittel und ohne jede Waffengewalt ist historisch absolut einmalig.
Richter: Vielen Dank. In der Tat müssen wir hier die Frage stellen: Woher kam diese unglaubliche Dynamik? Wie konnte eine solch ungewöhnliche Geschichte eine solche Bewegung auslösen? Das wird noch zu klären sein. Herr Verteidiger: Haben Sie noch mehr Beweisstücke?
Verteidiger: Ja. Das zweite Beweisstück lautet: Der tiefgreifende Traditionsbruch. Bitte bedenken Sie, dass damals die Tradition eine ungeheuer prägende Kraft auf die Menschen ausübte. Aus der gemeinsamen Tradition auszubrechen war damals – völlig anders als heute – kaum möglich, weil ein enormer gesellschaftlicher Druck die Bewahrung der Tradition verlangte. Das galt ganz besonders für die jüdische Gesellschaft. Diese zeichnete sich vor allem durch ihre streng monotheistische Prägung aus. Die Tatsache, dass urplötzlich zahlreiche Juden begannen, einen Zeitgenossen als Gott anzubeten, ist deshalb höchst erstaunlich und verlangt nach einer überzeugenden Erklärung, zumal dieser neue Glaube mit völlig neuen Ritualen verbunden war wie dem Abendmahl oder der Feier am Sonntag in Erinnerung an die Auferstehung.
Richter: In der Tat. Die Anklage wird sich dieser Herausforderung stellen müssen. Aber fahren Sie zunächst fort, Herr Verteidiger.
Verteidiger: Gerne. Das dritte Beweisstück lautet: Der Glaube an die Auferstehung ist am Ort und in der Zeit der Augenzeugen entstanden! Er nahm seinen Ausgangspunkt dort, wo die Geschichte geschehen sein soll: In Jerusalem! Und zwar kurz nach der Kreuzigung. Das stützt die Glaubwürdigkeit der Osterbotschaft, denn Lügen (z.B. über ein leeres Grab) kann man nur schwer direkt am Ort des Geschehens verbreiten, wo viele Augenzeugen die Lüge direkt entlarven könnten.
Richter: Gibt es konkrete Belege dafür, dass sich dieser Glaube wirklich kurz nach der Kreuzigung in Jerusalem ausgebreitet hat?
Verteidiger: Ja, und zwar in der Bibel: In 1. Korinther 15, 3-4 zitiert Paulus ein Glaubensbekenntnis, das er nicht selbst geprägt hat, sondern das er selbst empfangen hat. Ich zitiere:
„Denn als Erstes habe ich euch weitergegeben, was ich auch empfangen habe: Dass Christus gestorben ist für unsre Sünden nach der Schrift; und dass er begraben worden ist; und dass er auferweckt worden ist am dritten Tage nach der Schrift. Er wurde von Petrus gesehen und dann von den zwölf Aposteln.“
Die Theologen sind sich einig: Die formelhafte Formulierung dieses Textes steht für ein fixiertes Glaubensbekenntnis, das Paulus gehört und gelernt haben muss, als er selbst nach Jerusalem kam, um die Gemeinde und die Apostel zu treffen. Das war etwa 3 – 5 Jahre nach der Kreuzigung.
Richter: Gibt es auch außerbiblische Zeugnisse dazu?
Verteidiger: Der römische Geschichtsschreiber Tacitus schrieb: Kaiser Nero verhängte „die ausgesuchtesten Strafen über die wegen ihrer Verbrechen Verhassten, die das Volk ‚Chrestianer‘ nannte. Der Urheber dieses Namens ist Christus, der unter der Regierung des Tiberius vom Prokurator Pontius Pilatus hingerichtet worden war. Der Aberglaube verbreitete sich nicht nur in Judäa, wo das Übel aufgekommen war, sondern auch in Rom.“
Richter: Vielen Dank. Tacitus bestätigt hier in der Tat, dass der christliche Glaube ursprünglich aus Judäa kam, also der jüdischen Provinz, in der Jerusalem die Hauptstadt war. Herr Verteidiger: Bitte fahren Sie fort mit Ihren Beweisen!
Das leere Grab
Verteidiger: Das vierte Beweisstück ist das leere Grab. Das Grab Jesu wird bis heute in der Grabeskirche in Jerusalem verehrt, und die meisten Gelehrten gehen davon aus, dass es sich wirklich dort befunden hat. Seit das Grab verehrt wird, war es schon immer leer. Zu keiner Zeit gingen die Christen davon aus, dass dort der Leichnam Jesu liegt. Und was noch wichtiger ist: Es gibt keine einzige Quelle, weder innerhalb noch außerhalb der Bibel, die einen Hinweis darauf geben würde, dass die ersten Christen sich mit einem Leichnam Jesu hätten auseinandersetzen müssen oder dass irgendjemand behauptete, den Verbleib Jesu oder seines Leichnams zu kennen. Stattdessen gibt es lediglich eine sehr alte Behauptung, dass die Jünger den Leichnam gestohlen hätten. So berichtet es der Evangelist Matthäus:
„Sofort wurde eine Versammlung aller Ältesten einberufen. Sie beschlossen, die Soldaten zu bestechen, und gaben ihnen die folgende Anweisung: »Ihr müsst sagen: `Die Jünger von Jesus kamen in der Nacht, während wir schliefen, und haben seinen Leichnam gestohlen.´ Wenn der Statthalter davon erfährt, werden wir euch beistehen. Ihr braucht nichts Schlimmes zu befürchten.« Die Soldaten nahmen das Bestechungsgeld an und sagten, was ihnen aufgetragen worden war. Ihre Geschichte verbreitete sich unter den Juden, und sie erzählen sie noch bis zum heutigen Tag.“ (Matth. 28, 11-15)
Ganz offensichtlich rechnete Matthäus damit, dass seine Leser diese Legende kennen, sonst hätte er nicht die weite und anhaltende Verbreitung so betont. Somit muss sie wirklich existiert haben. Das beweist zweierlei:
Erstens war auch für die Gegner des Christentums das Grab wirklich leer. Sie konnten keinen Leichnam präsentieren, um die Botschaft der Christen zu entkräften.
Zweitens gab es offenkundig eine enorme Erklärungsnot der Gegner der Christen. Denn was ist das für eine absurde Geschichte! Die Soldaten sollen eingeschlafen sein? Einschlafen während der Wache wurde damals schwer bestraft. Deshalb musste man den Soldaten Beistand zusichern, sonst hätten sie das nie geäußert. Und dann sollen verschüchterte, tief enttäuschte Jünger todesmutig direkt neben den schlafenden Wachen den schweren Grabstein beiseite gerollt und den Leichnam geklaut haben? Wer sich eine solche Geschichte ausdenkt, stand offenkundig unter Druck, das leere Grab irgendwie erklären zu müssen. Insgesamt kann man deshalb das leere Grab tatsächlich als historisch zuverlässig ansehen.
Anklage: Das ist aber noch längst kein Beweis für die Auferstehung! Selbst Lukas schildert ja, dass das leere Grab nur Verwirrung gestiftet hat und sogar von den Jüngern nicht als Beweis für die Auferstehung gewertet wurde!
Fünf unabhängige schriftliche Zeugen
Richter: Das ist richtig. Ich denke, es ist Zeit, sich den Zeugenaussagen zuzuwenden. Herr Verteidiger: Wie viele Zeugen haben wir denn?
Verteidiger: Viele glauben ja, es gäbe nur einen schriftlichen Zeugen, nämlich die Bibel. Aber die Bibel ist ja bekanntlich ein Sammelband verschiedener Bücher. In Wahrheit gibt es mindestens fünf verschiedene schriftliche Zeugen, die in der Bibel von Begegnungen mit dem Auferstandenen berichten: Matthäus, Markus, Lukas, Johannes und Paulus.
Anklage: Gut, aber die meisten Wissenschaftler gehen davon aus, dass Lukas und Matthäus von Markus abgeschrieben haben und dass auch der Schreiber des Johannesevangeliums diese Texte kannte. Die Evangelisten könnten somit alle dem gleichen Lügner aufgesessen sein!
Richter: Herr Verteidiger: Gibt es in den Texten einen Hinweis darauf, dass diese schriftlichen Zeugen letztlich alle aus der gleichen Quelle gespeist werden?
Verteidiger: Wir haben das natürlich geprüft. In der Tat gibt es zwischen den Evangelien von Lukas, Markus und Matthäus weitgehende Übereinstimmungen. Eine genaue Textanalyse hat jedoch gezeigt, dass vermutlich trotzdem alle Evangelien auf mündlichen Überlieferungen basieren und nicht voneinander abgeschrieben wurden. Es war damals nicht ungewöhnlich, dass Menschen sehr lange Texte auswendig lernen konnten. Bezeichnenderweise sind die Übereinstimmungen nicht in allen Textarten gleich. Am größten sind sie bei Zitaten aus dem Alten Testament, die viele Juden damals von Kind auf auswendig gelernt haben. Groß sind die Übereinstimmungen auch bei prosaartigen Reden und anschaulichen Geschichten Jesu. Geringer sind sie bei sonstigen Reden von Jesus, am geringsten bei der Schilderung von Rahmenhandlungen. Das heißt: Die Übereinstimmungen sind bei den Elementen am größten, die man sich am besten auswendig merken kann! Dieses Muster spricht klar dafür, dass es Menschen gab, die schon sehr früh die Geschichten und Reden von Jesus auswendig gelernt und weitergegeben haben, bis sie dann schlussendlich aufgeschrieben wurden.[1]
Anklage: Selbst wenn es so war, dann könnte es sich trotzdem um eine einzige ursprüngliche Quelle handeln.
Verteidiger: Dagegen spricht, dass die Schilderungen von der Auferstehung teilweise sehr unterschiedlich, ja scheinbar widersprüchlich sind.
Anklage: Widersprüche! Das beweist doch, dass diese Zeugenaussagen nicht zu gebrauchen sind!
Verteidiger: Nein, ganz im Gegenteil! Wenn mehrere Zeugen absolut identisch und wortgleich einen Vorfall schildern beweist das, dass sie sich untereinander abgesprochen haben. Dann hätten wir tatsächlich keine unabhängigen Zeugen. Diese fünf Zeugen unterscheiden sich aber erheblich. Das heißt aber noch lange nicht, dass sie widersprüchlich sind. Wenn man sich intensiv mit den Texten beschäftigt, lassen sich die Schilderungen sehr wohl zusammenfügen zu einem stimmigen Gesamtgeschehen.
Aber eindeutig ist: Diese Zeugen schildern den Vorgang aus sehr individuellen, unterschiedlichen Perspektiven mit sehr unterschiedlichen Schwerpunkten. Und diese scheinbaren Widersprüche wurden auch nicht nachträglich geglättet, um verschiedene Versionen der Geschichte miteinander zu harmonisieren.[2]
Richter: Da muss ich den Verteidiger bestätigen. Wir kennen das ja von Unfallzeugen. Selbst wenn die Zeugen ganz ehrlich berichten scheinen sich ihre Berichte zu widersprechen, weil sie ganz unterschiedliche Perspektiven hatten und sich an ganz unterschiedliche Details erinnern. In der Tat sieht das hier genauso aus.
Anklage: Aber die große Frage ist doch jetzt: Wie glaubwürdig sind diese Zeugen? Schließlich handelt es sich durchgängig um tiefreligiöse Gläubige, die eine Geschichte berichten, die naturwissenschaftlich vollkommen unmöglich ist! Solche Leute sind doch alles andere als glaubwürdig.
Richter: Ja, dem müssen wir jetzt zwingend nachgehen. Herr Verteidiger: Was können Sie uns über die Glaubwürdigkeit dieser fünf Zeugen sagen?
Der hohe Selbstanspruch der Autoren
Verteidiger: In der Tat haben wir ausschließlich gläubige Zeugen. Ganz offensichtlich sind die Erscheinungen des Auferstandenen extrem überzeugend gewesen und haben keinen Raum für Zweifel gelassen. Wir haben die Glaubwürdigkeit der schriftlichen Zeugen ausführlich geprüft und dabei fünf wichtige Hinweise entdeckt:
Der erste Hinweis ist: Der hohe Selbstanspruch der Autoren. Die Eigenaussage der schriftlichen Zeugen ist, dass es sich hier nicht nur um Glaubenszeugnisse sondern um eine historisch genaue Dokumentation der Ereignisse handelt, die auf der Auswertung von Augenzeugenberichten basieren. Dazu schreibt der Zeuge Lukas:
„Da es nun schon viele unternommen haben, Bericht zu geben von den Geschichten, die sich unter uns erfüllt haben, wie uns das überliefert haben, die es von Anfang an selbst gesehen haben und Diener des Wortes gewesen sind, habe auch ich’s für gut gehalten, nachdem ich alles von Anfang an sorgfältig erkundet habe, es für dich, hochgeehrter Theophilus, in guter Ordnung aufzuschreiben, auf dass du den sicheren Grund der Lehre erfährst, in der du unterrichtet bist. (Lukas 1, 1-4)
Anklage: Herr Verteidiger, Sie wissen genau, dass dieser Anspruch von Lukas oft kritisiert und in Frage gestellt worden ist. Viele Theologen sind der Meinung, dass Lukas sehr ungenau und hypothetisch geschrieben hat.
Verteidiger: Es gibt aber durchaus auch Forscher, die anderer Meinung waren. Dazu haben wir eine Zeugenaussage von Sir William Mitchell Ramsay. Er war Archäologe und gilt bis heute als einer der herausragenden Experten in der antiken Geografie Kleinasiens, also der Region, in der das Evangelium und die Apostelgeschichte von Lukas spielt. Er war so geschätzt, dass er sich einen Adelstitel und 9 Ehrendoktorwürden erworben hat. Und seine große Frage war genau die: Wie zuverlässig war Lukas in seinen historischen Angaben? Ramsay ging zu Beginn seiner Forschung davon aus, dass die Angaben von Lukas in der Apostelgeschichte oft unzuverlässig waren. Aber im Rahmen seiner Forschung kam er immer mehr zu einer anderen Überzeugung. In seinem Buch „The Bearing of recent Discovery“ schrieb er 1915:
„Weiteres Forschen … ergab, dass das Buch (von Lukas) der genauesten Prüfung bezüglich seiner Kenntnis über die Welt der Ägäis standhalten konnte, und dass es mit so viel Urteilsvermögen, Fähigkeit, Kunst und Wahrnehmung der Wahrheit geschrieben wurde, dass es ein Modell für ein historisches Werk darstellt.“ (S. 85)
Richter: Vielen Dank. Ohne in diesen Streit unter Forschern eingreifen zu wollen halten wir jedenfalls fest: Der Zeuge Lukas hielt sich selbst für einen Historiker, der sehr exakt aufschreiben wollte, was wirklich passiert ist. Herr Verteidiger: Was ist der nächste Hinweis zur Frage der Glaubwürdigkeit der schriftlichen Zeugen?
Die Berufung auf Augenzeugen
Verteidiger: Der zweite Hinweis ist: Die Berufung auf Augenzeugen. Am glaubwürdigsten ist ein Bericht natürlich dann, wenn der Autor auf das eigene Wissen der Leser verweisen kann! Genau dieses extrem schlagkräftige Argument hat Paulus benutzt, als er über den Auferstandenen schrieb: „Danach ist er gesehen worden von mehr als fünfhundert Brüdern auf einmal, von denen die meisten noch heute leben.“ (1. Kor. 15, 6) Paulus sagte hier also seinen Lesern: Überzeugt euch selbst! Fragt nach! Es gibt hunderte von Leuten, die das bezeugen können! So etwas tut man nicht, wenn man sich seiner Sache nicht sehr, sehr sicher ist.
Richter: Das ist in der Tat ein starker Hinweis für die Glaubwürdigkeit des Zeugen. Welche Belege können Sie noch präsentieren?
Die zeitliche Nähe zu den Ereignissen
Verteidiger: Der dritte Hinweis ist: Die zeitliche Nähe zu den Ereignissen. Diese Zeugen konnten sich deshalb auf Augenzeugen berufen, weil sie die Ereignisse sehr kurz nach ihrem Geschehen aufgeschrieben haben.
Anklage: Nun ist ja aber die Entstehungszeit der Bücher des neuen Testaments hoch umstritten! Es gibt viele Theologen und Experten, die behaupten, dass diese Schriften erst viel später entstanden sind.
Verteidiger: Ja, die Entstehungszeit des neuen Testaments ist umstritten. Aber Fakt ist: Das gesamte Neue Testament erwähnt folgende Ereignisse mit keinem Wort[3]:
- Die Zerstörung Jerusalems und des Tempels im Jahr 70 nach Christus
- Die Hinrichtung von Paulus etwa im Jahr 64 nach Christus
- Die Hinrichtung von Petrus, spätestens 67 nach Christus
Alle diese Ereignisse waren für die ersten Christen mindestens so dramatisch und einschneidend wie für uns heute der Fall der Mauer, der 9/11-Anschlag oder die Ermordung von Präsident Kennedy. Das geradezu dröhnende Schweigen darüber spricht stark dafür, dass zumindest viele der Schriften vorher schon fertig gestellt wurden, d.h. also maximal 30 bis 35 Jahre nach der Kreuzigung und somit in einer Zeit, in der es noch viele Augenzeugen gab, die die Angaben der Autoren prüfen und notfalls anfechten konnten.
Hinzu kommt: Eine Analyse der Evangelien hat gezeigt, dass diese Texte alle Eigenschaften von authentischen Augenzeugenberichten aufweisen.
Richter: Was meinen Sie damit?
Verteidiger: Die verwendeten Namen in den Evangelien entsprechen genau dem Muster üblicher Namen im Israel/Palästina aus der damaligen Zeit. In den Evangelien wird häufig der Name „Jesus“ (ohne Christus) und die Bezeichnung „Menschensohn“ verwendet, obwohl man in der Christenheit bald schon überwiegend von „Christus“ und nicht mehr vom Menschensohn sprach. Dazu kommen die zahlreichen korrekten Ortsnamen und die stimmigen Ortskenntnisse. Die deutlich später verfassten apokryphen Evangelien weisen im Vergleich dazu alle diese Eigenschaften nicht mehr auf.[4]
Die Daten stammen aus einem Vortrag von Dr. Peter J. Williams 03/2011
Richter: Herr Anwalt, was sagen Sie dazu?
Anklage: Schön und gut. Aber wer sagt mir, dass die Schriften nicht im Nachhinein gefälscht wurden? Das kann man ja auch im Nachhinein alles so aussehen lassen und hintricksen, wie es jetzt aussieht!
Richter: Das ist ein wichtiger Einwand! Herr Verteidiger: Gibt es vielleicht doch Hinweise auf eine nachträgliche Manipulation der Texte?
Die vielen sehr alten Quellen
Verteidiger: Zu dieser Frage ist der vierte Hinweis sehr wichtig: Die vielen sehr alten Quellen. Antike Schriften sind ja normalerweise sehr dünn belegt. Die Originale sind längst verschollen. Und normalerweise haben wir kaum mehr als 10 oder 20 historische Abschriften, die meist viele hundert Jahre jünger sind als die verschollenen Originale. Beim Neuen Testament ist das vollkommen anders: Die ältesten Textfragmente stammen schon aus dem Jahr 125 nach Christus, sind also nur wenige Jahrzehnte jünger als die Originale. Und wir verfügen heute über mehr als 5500 historische Abschriften, dazu viele tausend Übersetzungen sowie Zitate aus den Schriften der Kirchenväter! Das Neue Testament spielt also in Bezug auf die Überlieferungsqualität in einer völlig anderen Liga als alle anderen antiken Quellen.
Wir haben dazu einen Zeugen, der sich sehr intensiv mit diesen vielen Quellen auseinandergesetzt hat: Prof. Holger Strutwolf von der Universität Münster gilt weltweit als führend im Fach der sogenannten Textkritik. Herr Strutwolf hat alle diese Quellen digitalisiert und vergleicht sie nun, um herauszufinden, wie wohl der ursprüngliche Text gelautet hat. Denn klar ist: Wenn sehr viele Abschriften identisch sind, dann ist das ein sehr starkes Argument dafür, dass der Text ursprünglich so gelautet haben muss. Inzwischen ist er mit etwa 1/5 des Neuen Testaments durch. Und sein Zwischenergebnis lautet: 99,9 % der Texte haben sich als absolut zuverlässig erwiesen! Bei etwa 0,1% des Textes musste er kleine Korrekturen vornehmen. Und selbst diese 0,1% waren für den Sinn und v.a. für die theologischen Aussagen der Texte nicht relevant. Sein Zwischenfazit ist daher: “Insgesamt ist die Überlieferung der Bibel sehr gut und sehr treu. In den theologischen Punkten gibt es unter den Abertausenden Handschriften kaum Abweichungen.“ [5]
Mit anderen Worten: Wir können uns sehr sicher sein, dass der Text des Neuen Testaments, den wir heute vorliegen haben, sehr genau dem entspricht, den die Evangelisten und Apostel damals verfasst haben.
Richter: Danke, Herr Verteidiger. Waren das jetzt alle Ihre Hinweise?
Frauen als Zeugen
Verteidiger: Nein, wir haben noch einen fünften bedeutenden Hinweis: Frauen als Zeugen! Die Berichte über die Auferstehung nennen Frauen als die ersten Zeugen der Auferstehung.
Richter: Warum ist das wichtig?
Verteidiger: Die Aussage von Frauen galt im damaligen Kontext als absolut minderwertig. Der jüdische Geschichtsschreiber Flavius Josephus schrieb im 1. Jahrhundert: „Das Zeugnis der Frau ist nicht rechtsgültig wegen der Leichtfertigkeit und Dreistigkeit des weiblichen Geschlechts.“ Deshalb war es kein Wunder, dass auch in den biblischen Berichten die Jünger den Berichten der Frauen erst einmal nicht geglaubt haben! Hätte jemand damals diese Geschichte erfunden hätte er deshalb niemals Frauen als die ersten und wichtigsten Zeugen ausgesucht sondern selbstverständlich Männer, um glaubwürdig zu sein.
Visionen und Halluzinationen?
Anklage: Gut, aber es könnte ja trotzdem sein, dass diese Frauen keine wahre Geschichte erzählt haben, sondern dass es sich um Wunschträume, Visionen oder Halluzinationen handelte! Schließlich waren die Leute nach der Kreuzigung alle sehr aufgewühlt und durcheinander. Da kann es schon mal vorkommen, dass man etwas glaubt, was gar nicht wirklich passiert ist. Es gibt z.B. viele Berichte von Marienerscheinungen, in denen die Menschen auch alles Mögliche gehört und gesehen haben wollen. Bei der berühmten Marienerscheinung im portugiesischen Fatima im Jahr 1917 waren sogar Zehntausende von Menschen dabei, und sogar die Zeitungen haben darüber berichtet. Solche Einbildungen hat es also schon öfter gegeben.
Richter: Herr Verteidiger: Haben Sie sich mit diesem Vorwurf auseinandergesetzt?
Verteidiger: Ja, natürlich. Aber die schriftlichen Schilderungen geben überhaupt keinen Hinweis darauf, dass es sich nur um Visionen gehandelt hätte. Die Schilderungen in den Evangelien über die Begegnungen mit dem Auferstanden unterscheiden sich in mehreren Punkten grundlegend von solchen Marienerscheinungen.
Eine Halluzination ist zunächst einmal ein Phänomen, das nur Einzelpersonen betrifft und nicht mehrere Menschen gleichzeitig. Dass mehrere Menschen behaupten, das gleiche zu sehen, ist sehr selten. Auch in Fatima waren es nur 3 kleine Kinder, die meinten, Maria hören und sehen zu können. Alle anderen sahen angeblich nur seltsame Sonnenphänomene. Und selbst von den 3 Kindern konnten nicht immer alle Maria sehen. Bei den Evangeliumsberichten war es völlig anders: Wenn Jesus auftauchte, wurde er von allen gleichermaßen wahrgenommen. Besonders außergewöhnlich ist der greifbare, physische Körper des Auferstandenen! Jesus hat gegessen und getrunken. Er ließ sich anfassen und begreifen im wahrsten Sinne des Wortes. Das passt nicht zu Halluzinationen und Erscheinungen. Die Jünger waren zudem nicht in einer Erwartungshaltung wie z.B. die Menschenmenge in Fatima, sondern sie wurden von den Begegnungen mit dem Auferstandenen völlig unerwartet getroffen und waren zudem extrem schwer von der Auferstehung zu überzeugen!
In ihren angeblichen Erscheinungen entspricht Maria fast immer dem jeweiligen Bild, das sich die Menschen von Maria gemacht hatten und sie wird meist in ein glorreiches, helles Licht getaucht. In den Evangeliumsberichten gibt es zwar strahlende Engel, aber Jesus selbst wird immer völlig nüchtern und normal gezeichnet. Von den Emmaus-Jüngern wurde er zuerst nicht einmal erkannt, er entsprach also überhaupt nicht ihren Erwartungen. Diese Schilderungen passen also in keinster Weise zu Halluzinationen oder visionären Erscheinungen. Hinzu kommt: Die Illusion hätte sich damals ja spätestens dann in Luft aufgelöst, wenn die vernünftig gebliebenen Realisten die Träumer daran erinnert hätten, dass Jesus nebenan im kühlen Grab verwest!
Und schließlich: Totenerscheinungen waren in der Antike nichts Ungewöhnliches. Aber sie bewiesen damals nur, dass die Person wirklich tot ist! Auf Basis des Berichts von einer Totenerscheinung wäre niemand in Wallung geraten. Die Begeisterung und Euphorie der Jünger lässt sich nur dadurch erklären, dass etwas völlig anderes geschehen sein muss als eine Erscheinung von einem Geist oder einem Verstorbenen.[6]
War Jesus nur scheintot?
Anklage: Gut, das mag sein. Aber wie Sie wissen gehen einige meiner Mandanten ohnehin davon aus, dass Jesus gar nicht wirklich tot war! Vielleicht war er nach der Kreuzigung nur scheintot gewesen!
Verteidiger: Im Ernst, Herr Anwalt, halten Sie das wirklich für wahrscheinlich? Selbst wenn – was extrem unwahrscheinlich ist – die römischen Henker Mist gebaut und den Körper Jesu vorschnell abgehängt hätten, selbst wenn Jesus den massiven Blutverlust im Grab trotz fehlender Flüssigkeitszufuhr überlebt hätte, selbst wenn er sich selbständig aus seinen Bandagen befreien, den schweren Stein beiseiteschieben und die Wachen hätte austricksen können: Wie um alles in der Welt hätte ein halb verbluteter, geschundener, traumatisierter und pflegebedürftiger Jesus die Jünger auf die Idee bringen können, dass er ein vom Tod auferstandener Gott und Messias ist? Das klingt doch alles extrem an den Haaren herbeigezogen.
Alles eine große Lüge?
Anklage: Mag sein, Herr Verteidiger. Aber was Sie definitiv nicht entkräften können ist der Vorwurf, dass es sich einfach um eine große Lüge gehandelt hat! Eine Verschwörung der frustrierten und enttäuschten Nachfolger Jesu. So etwas kann es doch geben, oder?
Verteidiger: Also nehmen wir einmal an, dass diese fünf Zeugen alle unabhängig voneinander eine umfangreiche, ausgeklügelte und dreiste Lügengeschichte entweder frei erfunden oder von Jüngern Jesu übernommen haben. Sie haben sich dazu noch auf erfundene Augenzeugen berufen in der Hoffnung, dass ihre Lügen nicht auffliegen. Und sie hatten das Glück, das aus irgendeinem Grund das Grab leer war, vielleicht weil sie den Leichnam selber gestohlen haben, weil ihn jemand weggebracht hat, oder warum auch immer. Die große Frage ist doch: Wie glaubwürdig ist diese Lügentheorie? Dazu sollten wir nun neben den schriftlichen auch die mündlichen Zeugen berücksichtigen!
Richter: Was wissen wir denn über die mündlichen Zeugen?
Verteidiger: Zu den mündlichen Zeugen haben wir folgende Fakten vorliegen:
- Es waren viele!
- Sie standen für eine Botschaft, die abstoßend und unattraktiv war!
- Sie waren extrem opferbereit!
Richter: Dass es viele waren ist ja klar, denn sonst hätte sich die Botschaft nicht so rasend schnell ausbreiten können. Aber was meinen sie damit, dass sie für eine Botschaft standen, die abstoßend und unattraktiv war?
Das fehlende Tatmotiv
Verteidiger: Die Botschaft von einem gekreuzigten und wieder auferstandenen Gott war damals äußerst seltsam. Helmut Frank, der Chefredakteur des bayrischen evangelischen allgemeinen Sonntagsblatts hat dazu etwas geschrieben, was heutzutage leider die wenigsten wissen:
„Die Kreuzigung galt in der Antike als entehrend und grausam, ekelerregend und abstoßend. Der hellenistische Schriftsteller Lukian wollte deshalb sogar den Buchstaben T aus dem Alphabet streichen. Das Kreuz wurde in der Urkirche nicht gezeigt. … Erst im 4. Jahrhundert … wurden Kreuzigungen … abgeschafft. Und erst weitere hundert Jahre später trat das Christusmonogramm als Symbol in den Hintergrund, und das Kreuz übernahm die Funktion.“
Das heißt: Das Kreuz war lange so unattraktiv, dass man es eher verschämt versteckt hat statt es in den Vordergrund zu rücken.
Richter: Heißt das, dass es gar keine älteren Kreuzesdarstellungen gibt?
Verteidiger: Die älteste bekannte Kreuzesdarstellung stammt aus dem Jahr 125. Es ist eine Kritzelei an der Wand einer römischen Kaserne. Auf dem Kreuz hängt eine menschliche Gestalt mit einem Eselskopf. Darunter kniet ein Soldat. Und zu lesen ist der Spruch: “Alexamenos betet seinen Gott an.“ Das heißt: Das Kreuz wurde eingesetzt, um die Christen zu verspotten und zu mobben!
Und für Juden war das Kreuz sogar ein noch größerer Skandal. In der Tora, dem mosaischen, jüdischen Gesetz kann man lesen: „Ein Aufgehängter ist verflucht bei Gott.“ (5. Mose 21, 23) Ein Gekreuzigter war für Juden also ein Verfluchter. Das war – vorsichtig ausgedrückt – nicht gerade eine gute Voraussetzung für diesen neuen Glauben. Kein Wunder, dass Paulus sagte: „Wir aber predigen Christus, den Gekreuzigten, den Juden ein Ärgernis und den Heiden eine Torheit.“ (1. Kor. 1, 23) Es war also von vornherein klar, dass man sich mit so einer Botschaft keine Freunde sondern nichts als Feinde macht!
Richter: Das wirft natürlich die Frage auf: Warum und für wen hätten die Jünger so eine abstoßende Geschichte erfinden sollen, nachdem sie gerade erlebt hatten, dass ihr Prediger den verfluchten Tod am Kreuz gestorben ist? Für wen? Mit welchem Ziel? Das Tatmotiv liegt demnach vollkommen im Dunkeln.
Extreme Opferbereitschaft
Verteidiger: Genau so ist es. Zumal wir berücksichtigen müssen, dass die Zeugen extrem leidens- und opferbereit waren! Tatsächlich wurde die erste christliche Generation massiv verfolgt. Mehrere römische Historiker schildern eindrücklich, mit welch unfassbar grausamen Methoden die Christen massenhaft hingerichtet wurden. Tacitus schildert, wie Nero Christen in Tierfelle einwickeln ließ, damit sie sich besser als Löwenfutter eignen. Und er nutzte brennende Christen als Festbeleuchtung. Angeblich starben die meisten der Jünger Jesu den Märtyrertod. Praktisch die gesamte erste Generation der Christen war direkt oder indirekt von massiver Bedrohung, Verfolgung und Märtyrertum betroffen. Dazu kam die Opferbereitschaft, sich in die ganze Welt aufzumachen und überall unter massiven Entbehrungen und Todesgefahr diese Botschaft von der Auferstehung weiter zu verbreiten. Denn Reisen war damals alles andere als ein Vergnügen!
Und das alles sollen diese Leute für eine Lüge auf sich genommen haben? Und dann gab es da nicht einen Einzigen, der im Angesicht seiner Henker schwach wurde und zugab, dass alles nur eine Lüge oder ein schöner Traum gewesen ist? Menschen riskieren ihr Leben für Überzeugungen – aber nicht für eigene Lügen! Nein, diese ersten Christen müssen zutiefst von der Auferstehung überzeugt gewesen sein, anders kann man sich ihren Enthusiasmus, ihre Ausstrahlung, ihren Erfolg in der Verbreitung ihrer Botschaft, ihre Leidens- und Opferbereitschaft und ihre fehlende Furcht vor dem Tod nicht erklären.
Anklage: Es gibt immer wieder religiöse Fanatiker, die in den Märtyrertod rennen. Die meisten dieser ersten Christen werden wohl wirklich überzeugt gewesen sein von diesem Glauben. Ob aber die Männer aus dem ursprünglichen Jüngerkreis, die diese Auferstehungsgeschichte erfunden haben könnten, wirklich den Märtyrertod gestorben sind, das wissen wir nicht wirklich. Auch diese Märtyrerlegenden könnten doch allesamt erfundene Heldengeschichten sein.
Sogar den eigenen Bruder überzeugt!
Verteidiger: Ich staune schon, wie viel Verschlagenheit und Lügenbereitschaft Sie den ersten Christen zutrauen, obwohl doch Ehrlichkeit und Aufrichtigkeit für ihren Glauben so zentral wichtig war. Aber wenn Sie den ersten Christen nicht glauben wollen, dann glauben Sie vielleicht dem jüdischen Geschichtsschreiber Flavius Josephus. Auch er hat genau wie Sie den Christen nicht geglaubt. Etwa im Jahr 93 n.Chr. schrieb er über Jakobus, den leiblichen Bruder von Jesus folgendes:
„Er (der Hohepriester Hannas) versammelte den Hohen Rat zum Gericht und stellte vor diesen den Bruder des Jesus, der Christus genannt wird, mit Namen Jakobus, sowie noch einige andere, die er der Gesetzesübertretung anklagte und zur Steinigung führen ließ.“
Jakobus war in Jerusalem bekannt als einer der Hauptleiter der dortigen urchristlichen Gemeinde (Gal. 2, 9). Josephus berichtet hier, wie Jakobus im Jahr 62 n.Chr. für seinen Glauben hingerichtet wurde. Dieser Märtyrertod ist also gut belegt. Und er führt uns direkt zu einer weiteren Frage: Wie hat Jesus es geschafft, seinen kleinen Bruder Jakobus davon zu überzeugen, dass er Gottes Sohn und der Retter der gesamten Menschheit ist?[7] Was hat diesen Jakobus kurz nach der Kreuzigung dazu gebracht, seinen ehemaligen Spielkameraden als Gott und Messias anzubeten, Lieder zu ihm zu singen, erfolgreich trotz größter Widerstände eine Gemeinde zu seinen Ehren zu bauen und schließlich für den Glauben an ihn in den Tod zu gehen? Welcher Mensch könnte je seine eigenen Familienangehörigen von seiner eigenen Göttlichkeit überzeugen?
Richter: Wir werden diese Frage heute wohl nicht mehr klären können. Es ist nun Zeit für die Abschlussplädoyers. Ich darf zunächst den Anwalt der Anklage bitten.
Die Schlussplädoyers
Anklage: Sehr geehrte Damen und Herren, die Naturwissenschaft beweist uns, dass eine Auferstehung von den Toten schlicht unmöglich ist. Der schottische Philosoph David Hume hat deshalb gelehrt: Alles ist plausibler als ein Wunder. Selbst wenn dargestellt werden würde, Jesus sei gekreuzigt worden, er war tot und war dann wieder am Leben, dann ist eben nicht die naheliegende Erklärung, dass er der Sohn von einem allmächtigen Wesen ist. Vielleicht haben die Jünger ja schlicht das Grab verwechselt oder vielleicht gab es ja einen Zwillingsbruder, der die ganze Zeit verheimlicht worden ist und dann nach der Kreuzigung das Geschäft übernommen und weiter gemacht hat? Auch das wäre eine viel plausiblere Erklärung als dass man plötzlich übernatürliche Angelegenheiten heranzieht.[8] Ich plädiere daher auf schuldig im Sinne der Anklage.
Verteidiger: Meine sehr geehrten Damen und Herren, wie konnte die Geschichte von der Auferstehung entstehen? Wie konnte sie sich so rasend schnell verbreiten am Ort und in der Zeit der Augenzeugen der Kreuzigung Jesu? Warum war sie so erfolgreich trotz des massiven Widerstands? Warum konnte niemand die Geschichte entkräften? Warum gibt es so viele unterschiedliche und hervorragend überlieferte Zeugen dafür? Was brachte Zehntausende von streng monotheistisch geprägten Juden dazu, von heute auf morgen einen ihrer Zeitgenossen als Gott anzubeten, mit fest verankerten Traditionen zu brechen und neue Rituale einzuführen, die nicht etwa an das Leben des verehrten Meisters Jesus erinnern sollten, sondern stattdessen an seine grausame, entwürdigende Ermordung? Was hat dieses religiös / kulturelle Erdbeben ausgelöst, das bis heute den ganzen Erdball nachhaltig verändert und prägt? Und warum waren die Zeugen der Osterbotschaft so extrem opferbereit? Das sind Fragen über Fragen, die bis heute niemand befriedigend beantworten konnte.
Der Gelehrte für römische Geschichte Prof. Thomas Arnold, Autor des Standardwerks „Geschichte Roms“ und einst Inhaber des Lehrstuhls für moderne Geschichte an der Universität Oxford, war sehr gut vertraut im Umgang mit Beweisen zur Bestimmung historischer Tatsachen. Er sagte schon im 19. Jahrhundert:
„Ich bin seit Jahren daran gewöhnt die Geschichte anderer Zeiten zu studieren bzw. die Beweise derer zu untersuchen und abzuwägen, welche darüber schrieben, und mir ist keine einzige Tatsache der Geschichte der Menschheit bekannt, die besser und vollständiger bewiesen wäre, jedenfalls nach dem Verständnis einer fairen Untersuchung, als das große Zeichen, welches Gott uns gegeben hat, nämlich dass Christus gestorben ist und wieder auferstanden von den Toten.“ [9]
Seit dieser Zeit wurden viele weitere beeindruckende Beweise für die Auferstehung vorgelegt. Warum werden sie trotzdem kaum gewürdigt? Das Schlussplädoyer der Anklage hat den Grund gezeigt: Die moderne wissenschaftliche Welt hat sich für die Annahme entschieden, dass Alles und Jedes immer eine natürliche Ursache haben muss und dass Wunder auch nicht ausnahmsweise denkbar sind.[10] Nur aufgrund dieser durch nichts belegbaren philosophischen Entscheidung werden selbst beeindruckendste Fakten nicht einmal beachtet, geschweige denn ernsthaft geprüft und abgewogen. Stattdessen folgt man lieber den abenteuerlichsten Ideen, wie es sich doch anders hätte zutragen können. Bei genauerer Betrachtung hat sich jedoch keine dieser alternativen Erklärungen als auch nur annähernd plausibel erwiesen.
Mein Plädoyer lautet deshalb nicht nur auf Freispruch. Ich fordere Sie auf, den Fakten zu folgen und sich den hervorragend belegten Überzeugungen der Kirche Jesu anzuschließen.
Richter: Danke, meine Herren. Sehr geehrte Schöffen: Es ist nun Zeit für Ihre Urteilsfindung…
Weiterführende Artikel:
Fußnoten:
[1] Ausführlich dargelegt in: Prof. Armin D. Baum „Der mündliche Faktor und seine Bedeutung für die synoptische Frage“ Francke 2008, (englische Zusammenfassung)
[2] Dazu schreibt der bekannte Theologe N.T.Wright: „Die Geschichten strahlen genau die Spannung aus, die wir gerade nicht mit künstlerisch erzählten Fabeln assoziieren, von Leuten geschrieben, die eifrig darauf bedacht sind, die Fiktion aufrecht zu erhalten und daher auch besorgt sind, dass alles richtig aussehen muss, sondern mit flüchtigen und verdutzten Berichten derer, die etwas mit ihren eigenen Augen gesehen haben, was sie komplett überraschte und verblüffte und sie sie noch immer nicht völlig einordnen konnten.“ „The resurrection of the son of God“, N.T.Wright (Minneapolis Fortress Press, 2003), Pg. 612
[3] Was es lediglich gibt sind vage prophetische Ankündigungen: Die Zerstörung des Tempels wurde von Jesus vorhergesagt (z.B. Matth. 24, 2). Aber nirgends wird im NT berichtet, dass und wie sie tatsächlich passiert ist. Im Gegensatz dazu hat Lukas z.B. in Apg. 11, 28 zuerst die Prophetie über eine kommende Hungersnot geschildert und dann sofort über die Erfüllung dieser Vorhersage berichtet. In Joh. 21, 19 macht Jesus eine Andeutung auf den zukünftigen Tod von Petrus, aber im Gegensatz zum Märtyrertod des viel unbekannteren Stephanus wird über das Martyrium von Petrus nirgends etwas berichtet. Auch der Tod von Jakobus, der laut Gal. 2, 9 in der Jerusalemer Gemeinde eine zentrale Rolle spielte, wird im NT mit keinem Wort erwähnt. Warum haben die Autoren des NT nirgends über diese teilweise von Jesus extra angekündigten und für die Urgemeinde so einschneidenden Ereignisse berichtet, während so viele andere wesentlich unbedeutendere Ereignisse ausführlich geschildert werden? Diese und weitere Fragen haben v.a. seit John A.T. Robinson wieder mehr Theologen dazu bewogen, von einer Frühdatierung der Evangelien auszugehen.
[4] Ausführlich erläutert im AiGG-Artikel: Die Berichte des NT weisen alle Eigenschaften von frühen, authentischen Augenzeugenberichten auf
[5] Ausführlicher erläutert im AiGG-Artikel: Meister der Überlieferung – Forscher belegen: Der biblische Text ist korrekt!
[6] Dazu schreibt der renommierte Religionsphilosoph und Theologe William L. Craig: „Aufgrund des damaligen jüdischen Glaubens über das Leben nach dem Tod hätten die Jünger, wenn sie Jesus-Halluzinationen hatten, Jesus im Himmel oder in Abrahams Schoß gesehen, wo die Seelen der gerechten Toten dem jüdischen Glauben nach bis zur letzten Auferstehung verweilen würden. Und solche Visionen hätten nicht zu einem Glauben an Jesu Auferstehung geführt. Sie hätten höchstens dazu geführt, dass die Jünger behaupteten, Jesus wäre in den Himmel aufgenommen worden, und nicht von den Toten auferstanden.“ W. L. Craig (2015): On Guard. Mit Verstand und Präzision den Glauben verteidigen. S. 277
[7] Die erstaunliche Verwandlung des Jakobus wird noch ausführlicher erläutert im AiGG-Artikel „Mein Bruder: Mein Gott!?“ – Warum die Notiz eines jüdischen Geschichtsschreibers über Jakobus einer der größten außerbiblischen Belege für das Christentum ist
[8] Diese und weitere Spekulationten finden sich im „Ketzer-Podcast“ über den Film „Der Fall Jesus“ (ab Min. 44.40)
[9] Zitiert von McDowell, J. in: A Ready Defense, (p. 116), Th. Nelson Publ., Nashville 1993
[10] Ausführlicher erläutert im AiGG-Artikel: Stolz und Vorurteil? Wie wissenschaftlich ist die Bibelwissenschaft?