Jetzt wieder im Angebot: Das Corona-Trainingslager

Ich finde Corona absolut ätzend. Denn ich liebe es, Jesus gemeinsam mit anderen Christen anzubeten. Ich liebe es, gemeinsam auf Gottes Wort zu hören. Ich liebe es, meine Brüder und Schwestern zu umarmen, mich mit ihnen auszutauschen, mit- und füreinander zu beten. Kurz: Ich liebe christliche Gemeinschaft! Sie war schon immer ein zentrales Element des Christentums. Und die Corona-Welle im Frühjahr hat mir gezeigt: Diese Gemeinschaft kann nicht digital ersetzt werden. Social distancing geht mit christlichem Gemeindeleben schlicht nicht zusammen.

Trotzdem muss ich mich jetzt wieder der Tatsache stellen: Die staatlichen Regeln lassen vieles von dem, was mir so kostbar ist, im Moment schlicht und einfach nicht zu. Heißt das, dass wir die nächsten Wochen unser Christsein wieder nur halb leben können? Nein, ich glaube: Solche Auszeiten können auch eine Chance sein, um etwas entscheidend Wichtiges zu lernen und zu trainieren. Denn die Corona-Zeit konfrontiert uns Christen wieder mit einer äußerst wichtigen Frage:

Wie viel von unserem Christsein lebt auch dann noch, wenn die Gemeindeprogramme wegfallen?

Bleibt unser Glaube trotzdem frisch und lebendig, weil wir gelernt haben, selbst direkt zur Quelle zu gehen, selbst aus ihr zu schöpfen, uns selbst im Glauben zu verwurzeln und zu wachsen? Können wir auch alleine Jesus begegnen und ihn anbeten? Können wir alleine erleben, wie Gottes Wort uns anspricht, bewegt und verändert? Oder versandet alles, wenn wir nicht von Mitchristen und Hauptamtlichen motiviert, bepredigt und in fromme Stimmung gebracht werden?

Eigentlich ist unsere „Corona-Situation“ gar nicht so ungewöhnlich. Die Kirche Jesu musste schon oft damit umgehen, dass sie sich nicht freizügig versammeln kann. Verfolgung war und ist für Christen weltweit eigentlich eher der Normalfall. Unsere Freizügigkeit, die uns so selbstverständlich vorkommt, ist in Wahrheit eher eine Ausnahme, die auch bald wieder vorbei sein kann. Und dann? Was werden wir tun, wenn es nicht mehr so einfach möglich ist, sich zu treffen? Was werden wir tun, wenn wir uns kein Gebäude und keinen Hauptamtlichen mehr leisten können? Wird dann auch unser Glaube vertrocknen? Das wäre tragisch.

Ich finde: Bei aller berechtigten Traurigkeit sollten wir die Corona-Einschränkungen auch als ein Trainingslager begreifen, auf dem wir lernen können, geistliche Selbstversorger zu werden. Jetzt ist eine großartige Zeit, zur Ruhe zu kommen, still zu werden, und ganz neu Beten zu lernen. Jetzt ist eine großartige Zeit, um sich ganz neu in die Bibel zu vertiefen. Jetzt ist eine großartige Zeit, endlich mal wieder ein richtig gutes geistliches Buch zu lesen (meine aktuelle Empfehlung: „Jesus. Eine Weltgeschichte“ von Markus Spieker! Hammer!!!). Jetzt ist die Zeit, ganz in Ruhe unsere geistlichen Wurzeln zu pflegen, unsere erste Liebe zu Jesus zu bewässern und die geistlichen Grunddisziplinen ganz neu einzuüben. Wenn wir das tun, wird die Corona-Zeit sowohl für unseren persönlichen Glauben als auch für die ganze Kirche Jesu ein wahrer Jungbrunnen sein.

In Kolosser 2, 6+7 fasst Paulus zusammen, was jetzt wichtig ist:

„Wie ihr nun Christus Jesus als euren Herrn angenommen habt, so lebt auch mit ihm und seid ihm gehorsam. Senkt eure Wurzeln tief in seinen Boden und schöpft aus ihm, dann werdet ihr im Glauben wachsen und in der Wahrheit, in der ihr unterwiesen wurdet, standfest werden. Und dann wird euer Leben überfließen von Dankbarkeit für alles, was er getan hat.“

Die Nähe Jesu suchen. Auf ihn hören. Mit ihm leben. Ihm nachfolgen. Aus seiner Quelle schöpfen. Sich in seinem Wort verwurzeln. Durch seine Wahrheit standfest werden. Ganz neu dankbar werden für das, was er für uns getan hat. Das wünsche ich Dir und mir ganz besonders in dieser wichtigen, wertvollen Zeit.

Warum verbirgt sich Gott?

Warum schreibt Gott nicht einfach an den Himmel, dass es ihn gibt? Nichtchristen nutzen diese Frage oft als Argument gegen den Glauben. Auch unter Christen hat die Rede vom „geheimnisvollen“ und „verborgenen“ Gott Konjunktur. Damit wird heutzutage oft gemeint: Gott sei nicht fassbar, weder mit Lehrsätzen und erst recht nicht mit rationaler Beweisführung. Entsprechend ist Apologetik – die theologische Disziplin zur Verteidigung des christlichen Glaubens mit rationalen Argumenten – aus der Mode gekommen. Aber ist Gott wirklich so geheimnisvoll, dass wir über sein Wesen und seine Existenz nichts Verlässliches wissen können?

Tatsächlich lesen wir in Jesaja 45, 15: „Es ist wahr, du bist ein geheimnisvoller Gott.“ Im Neuen Testament spricht auch Paulus vom verborgenen Geheimnis der Weisheit Gottes. Dazu ergänzt er aber: Für den Gläubigen wurde durch den Geist das Geheimnis enthüllt (1. Korinther 2, 7-10)! Gemäß ihrem Selbstzeugnis stellt die Bibel insgesamt eine Enthüllung bzw. Offenbarung Gottes dar (2. Timotheus 3, 16). Sie gibt uns viele Einsichten über das Wesen und Handeln Gottes. Und sie berichtet, dass wir nach Gottes Bild geschaffen wurden, dass er mit uns Menschen kommuniziert und mit uns in einer Beziehung stehen möchte. Demnach können wir also sehr wohl Dinge über Gott lernen und verstehen.

Menschen, die nicht an den Offenbarungscharakter der Bibel glauben und in keiner Gottesbeziehung stehen, hilft das aber natürlich nicht weiter. Hält Gott sich vor diesen Menschen völlig verborgen? Interessant ist, dass die Bibel diese Frage offen anspricht. Sie konfrontiert Menschen, die Gott distanziert gegenüberstehen, mit mehreren „Zeichen“ für die Existenz Gottes. Schon seit biblischen Zeiten versuchen zahllose Skeptiker, diese Zeichen zu entkräften. Das gilt vor allem für das offensichtlichste unter ihnen:

Römer 1, 20: Das Zeichen der Schöpfung

„Seit Erschaffung der Welt haben die Menschen die Erde und den Himmel und alles gesehen, was Gott erschaffen hat, und können daran ihn, den unsichtbaren Gott, in seiner ewigen Macht und seinem göttlichen Wesen klar erkennen. Deshalb haben sie keine Entschuldigung dafür, von Gott nichts gewusst zu haben.“

Der Gedankengang von Paulus ist simpel: Die sinnvoll geordnete Schöpfung zeigt, dass es einen Schöpfer geben muss. Spätestens seit Charles Darwin gab es gewaltige Anstrengungen, diese Schlussfolgerung zu widerlegen. Im 20. Jahrhundert wurde die populärwissenschaftliche Welt dominiert von triumphalen Berichten, dass man zur Welterklärung keinen Schöpfer mehr brauche. Von einer „Selbstorganisation der Materie“ war die Rede. Heute wissen wir, dass der Jubel verfrüht war. Die extreme Feinabstimmung des Universums, die außerordentlich komplexen molekularen Maschinen schon in den allereinfachsten Lebensformen, die phantastisch effizienten biologischen Baupläne, die Realität des selbst-bewusst denkenden menschlichen Geistes: Bei keinem dieser Phänomene können wir heute auch nur ansatzweise erklären, wie Materie so etwas von selbst hervorbringen könnte. Trotz dieser atemberaubenden Erkenntnisse halten eine Reihe von Menschen nach wie vor eisern an dem Glauben fest, man werde eines Tages doch noch naturalistische Antworten auf die Ursprungsfragen finden. Mir nötigt so viel Glaubensstärke Respekt ab. Aber der Trend und die Fakten zeigen doch klar in die gegenteilige Richtung. Noch nie wussten wir so viel über die Schöpfung. Noch nie war es so offensichtlich, dass die Entstehung unserer Welt vollkommen undenkbar ist ohne das Wirken eines ordnenden Geistes. Noch nie konnten wir so deutlich sehen, dass der Gedankengang von Paulus absolut berechtigt ist.

Jesaja 46, 8-10: Das Zeichen der erfüllten Vorhersagen

„Nehmt es zu Herzen, ihr, die ihr euch Gott widersetzt. Denkt zurück an das, was von Anfang an, von der Urzeit her, galt: Ich bin Gott – sonst gibt es keinen! Es gibt keinen wie mich. Ich habe von Anfang an das, was kommen wird, vorausgesagt, schon lange, bevor es Wirklichkeit wurde.“

Die Bibel besteht zu gut 30% aus prophetischen Texten, die sich unter anderem mit der Vorhersage zukünftiger Ereignisse beschäftigen. Zugleich warnt sie vor falschen Propheten, die man daran erkennt, dass ihre Vorhersagen nicht eintreffen (5. Mose 18, 22). Damit geht die Bibel ein gewaltiges Risiko ein. Würde die Erfüllung ihrer Vorhersagen ausbleiben, dann würde die Bibel vor sich selbst warnen. Wie steht es also heute um die Behauptung, Gott habe korrekte Vorhersagen gemacht?

Unbestritten ist, dass eine Reihe von biblischen Vorhersagen durchaus Übereinstimmungen mit realen historischen Ereignissen zeigen oder zumindest gut zu Berichten im Neuen Testament passen. Allerdings sind viele Vorhersagen unscharf und mehrdeutig formuliert, so dass die Zuordnung zu einem Ereignis willkürlich erscheinen kann. Dieses Argument gilt aber spätestens dann nicht mehr, wenn Namen von Personen oder Orten ins Spiel kommen, wie zum Beispiel Jesajas korrekte Ankündigung, dass ein Herrscher namens „Kyrus“ den Wiederaufbau des Tempels befehlen wird (Jesaja 44, 28) oder die Vorhersage Michas, dass der Messias aus der Stadt Betlehem kommen soll (Micha 5,1). In solchen Fällen wird oft behauptet, die Vorhersagen seien erst nach Eintritt der angekündigten Ereignisse aufgeschrieben worden. Oder man habe Ereignisse nachträglich erfunden, damit sie gut zu den alten Prophetien passen. Aber wie weit tragen diese Argumente? Kann man sich wirklich vorstellen, dass die Juden, die doch für ihre enorme Ehrfurcht und detailgetreue Überlieferung ihrer heiligen Texte berühmt sind, reihenweise Texte manipuliert haben? Und wie glaubwürdig ist es, dass die erste christliche Generation, in der es noch Augenzeugen gab, den Geburtsort Jesu nach Bethlehem verlegte und die Jungfrauengeburt erfand, damit es zu den prophetischen Ankündigungen passt? Warum sind keine widersprüchlichen Quellen bekannt? Warum ist keine dieser angeblichen Manipulationen je bewiesen worden? Manipulationen mögen in Einzelfällen gelingen. Aber es ist die große Menge an erfüllten Vorhersagen, die hohe Glaubwürdigkeit der Beteiligten und das Fehlen der Beweise für Manipulationen, die die Argumente der Skeptiker fragwürdig erscheinen lassen.

Das gilt besonders für die Vorhersagen, die die Neuzeit betreffen. Denken wir nur an die kühne Ankündigung der dauerhaften Bewahrung und weltweiten Verbreitung der Worte Jesu (Lukas 21,33, Matthäus 24,14). Wer konnte damals ahnen, dass die Worte eines Wanderpredigers, der mit wenig mehr als 30 Jahren umgebracht wurde und selbst kein einziges Wort aufgeschrieben hat, auch nach 2000 Jahren noch weltweit verbreitet werden? Oder denken wir an die Ankündigung der weltweiten Zerstreuung (5. Mose 28, 64-65), Verfolgung (3. Mose 26, 38) und erneuten Sammlung (z.B. Jesaja 43,5-6) der Juden. Welches andere Volk wurde zu allen Zeiten und in allen Kulturen so irrational gehasst? Welches andere Volk hat über Jahrtausende hinweg trotz weltweiter Zerstreuung seine Identität bewahrt und ist danach wieder in sein Ursprungsland zurückgekehrt? Wir haben es hier mit absoluten Einzelfällen der Weltgeschichte zu tun! Ich kenne keine befriedigende Erklärung für dieses Phänomen. Trotz aller Unschärfe und offenen Fragen im Detail: Tatsächlich gibt es in der Weltliteratur keine Sammlung von eingetretenen Vorhersagen, die auch nur annähernd mit der Bibel vergleichbar wäre.

Matthäus 12, 38+39: Das Zeichen der Auferstehung

„Eines Tages kamen einige Schriftgelehrte und Pharisäer zu Jesus und sagten: »Meister, bitte zeige uns ein Wunder, als Beweis dafür, dass du von Gott kommst.« Doch Jesus erwiderte: »Nur schlechte, treulose Menschen würden ein Wunder verlangen. Das einzige Zeichen, das ich ihnen geben will, ist das, was mit dem Propheten Jona geschah.“

Jesu barsche Reaktion ist verständlich. Schließlich berichtet Matthäus im gleichen Kapitel, wie Jesus vor den Augen der Phärisäer die Hand eines verkrüppelten Mannes (V. 1-14) und danach viele weitere Kranken heilte (V. 15+16) und schließlich noch aus einem blinden und stummen Mann einen Dämon austrieb, so dass er wieder sehen und sprechen konnte. (V. 22-28). Es hatte also schon Wunder zuhauf gegeben. Trotzdem wies Jesus auch gegenüber diesen hartnäckigen Skeptikern die Forderung nach einem Wunder als Ausweis für seine Messianität nicht komplett zurück. Stattdessen kündigt er das „Zeichen Jonas“ an: So wie Jona nach drei Tagen aus dem Fisch gekommen ist, werde er nach drei Tagen aus dem Grab herauskommen.

Seit Ostern haben zahllose Skeptiker versucht, die Entstehung des Osterglaubens, den durchschlagenden missionarischen Erfolg der Osterzeugen samt ihrer extremen Opferbereitschaft zu erklären. Warum fingen noch in der Zeit und Region der Augenzeugen plötzlich zahllose, streng monotheistisch geprägte Juden an, einen Menschen als Gott anzubeten – dazu noch einen Gekreuzigten, der nach dem mosaischen Gesetz als verflucht galt? Warum war sogar der leibliche Bruder Jesu bereit, für den Glauben an die Göttlichkeit Jesu in den Tod zu gehen, wie der nichtchristliche Historiker Josephus berichtet? Niemand weiß es. Das leere Grab wird von keiner antiken Quelle bestritten. Stattdessen blühen bis heute viele Theorien: Die Jünger hätten den Leichnam gestohlen. Jesus sei nur scheintot gewesen. Das Grab sei verwechselt worden. Die Jünger hätten Visionen gehabt… Keine dieser Theorien konnte sich je durchsetzen. Viel zu groß sind die Erklärungslücken. Wer nüchtern auf die Fakten schaut und die Auferstehung nicht schon von vornherein aufgrund seiner naturalistischen Weltanschauung ausschließt, der muss eingestehen: Für kaum ein Ereignis der Antike gibt es so viele direkte und indirekte Belege wie für die Auferstehung Jesu. Das Zeichen Jonas steht im Raum – bis heute.

Offenbar – und doch verborgen

Je mehr ich mich mit den biblischen Zeichen für die Existenz Gottes befasse, umso tiefer gelange ich zu der Überzeugung: Wer sich diesen Argumenten mit offenem Herzen stellt, kommt nicht an ihnen vorbei. Richtig ist aber auch: Diese Zeichen drängen sich nicht auf. Man muss sie mit offenem Herzen prüfen, um ihre Beweiskraft zu entdecken, so wie es zum Beispiel der Journalist Lee Strobel tat und dadurch zum Glauben kam. Aber kehren wir noch einmal zur Eingangsfrage zurück: Warum schreibt Gott nicht einfach seinen Namen an den Himmel, um die Menschen für sich zu gewinnen? Die Bibel gibt eine einfache Antwort: Weil auch untrügliche Machterweise Gottes das menschliche Herz nicht unbedingt dazu bewegen, Gott zu vertrauen und ihm die Ehre zu geben. Die Pharisäer, die von Jesus ein Zeichen gefordert hatten, blieben trotz all der Wunder verschlossen. Sowohl der Pharao Ägyptens als auch das Volk Israel hatten die Teilung des Meers erlebt. Der Pharao bekehrte sich trotzdem nicht. Und Israel goss sich schon kurz danach ein goldenes Kalb.

In der Offenbarung des Johannes wird angekündigt, dass Gott eines Tages seine Verborgenheit beendet. Aber das wird kein schöner Tag werden. Die Menschen werden Gott fürchten und vor ihm fliehen (Offenbarung 6, 15-16). Sie werden sich ihm trotz seiner Machterweise widersetzen (Offenbarung 16, 9+11+21). Wenn sich am Ende der Tage alle Knie vor Gott beugen, wird das nicht ohne Zwang geschehen sein. Deshalb wartet Gott lieber noch ab. Er hat die Menschen ja als Gegenüber erschaffen, um mit ihnen in einer liebevollen Beziehung zu stehen. Liebe und Zwang schließen sich gegenseitig aus. Gott möchte den Menschen so viel Zeit wie möglich lassen, damit sie sich gerne und freiwillig von ihm retten lassen (2. Petrus 3, 9+15). Bis zum Tag der machtvollen Offenbarung Gottes gilt deshalb die Ermutigung Jesu: „Sucht, und ihr werdet finden.“ (Matthäus 7,7) Gott ist (noch) so verborgen, dass niemand auf die Knie gezwungen wird. Aber er ist zugleich so offenbar, dass man ihn finden kann, wenn man ihn sucht.


Weiterführende Artikel zu den 3 biblischen „Zeichen“:

Un-verschämt!

Wie wir die Lust am Gebet und Kühnheit für mutige Glaubensschritte zurückgewinnen

„Lächerlich!“ Goliat grinste. „Die schlottern ja vor Angst! Und dann wollen sie ernsthaft behaupten, ihr Gott sei mächtiger als unsere Götter? Wo ist er jetzt, ihr Gott? So viel ist sicher: Er kann ihnen nicht helfen. Sonst wäre längst einer von ihnen gegen mich angetreten.“

„Unerträglich!“ dachte David. „Was plustert dieser Typ sich auf? Nur weil er größer ist als die anderen? Gegen meinen Gott ist er nur ein Krümel. Er hat ja keine Ahnung, wen er da verspottet. Höchste Zeit, dass meine Brüder sehen, dass der Gott des Himmels und der Erde mit uns ist!“

Ein letztes Mal schloss er die Augen. Er dachte zurück an die Zeiten allein mit Gott. Das Nachsinnen über die Worte aus den Schriften. Das Singen zu Gott beim Sonnenaufgang. So oft hatte er Gottes Hilfe erfahren, wenn wilde Tiere die Herde bedrohten und es richtig gefährlich wurde. In diesen Jahren hatte er gelernt, dass Gott keine fromme Theorie ist sondern ein Gott der Tat, der wirklich hilft. Ein Gott, dem man vertrauen kann.

Eine übernatürliche Kühnheit durchflutete ihn. Es wurde Zeit. Er nahm all seinen Mut zusammen und ging auf Goliat zu. Die Flüche und den Spott hörte er gar nicht. Stattdessen hörte er sich selber rufen: „Du trittst mir mit Schwert, Speer und Wurfspieß entgegen, ich aber komme im Namen des Herrn, des Allmächtigen – des Gottes des israelitischen Heeres, das du verhöhnt hast. Heute wird der Herr dich besiegen. Und die ganze Welt wird wissen, dass es einen Gott in Israel gibt!“

Dann nahm er den Stein aus seiner Tasche…

Auf der Suche nach Davids Erfolgsgeheimnis

Auch wenn es mir nicht gefällt: Leider stehe auch ich oft auf der Seite der schlotternden Angsthasen. Und ich fürchte: Ich bin nicht der Einzige in meiner Kirche. Nüchternes Kalkulieren ist der Normalfall, kühnes Gottvertrauen die Ausnahme. Wir rechnen nicht mit Wundern sondern mit Problemen. Die ersten Christen hatten gegen alle Widerstände die Welt erobert – wir hingegen buddeln uns angesichts der Säkularisierung in unseren Schützengräben ein. Woran liegt das? Oder anders gefragt: Was war Davids Geheimnis? Was war sein Schlüssel zum Erfolg? Warum war er anders als alle anderen?

Nur ein Kindergebet?

„Ich bin klein, mein Herz ist rein, soll niemand drin wohnen als Jesus allein.“ Oft hat meine Mutter dieses Gebet mit mir gesprochen, solange ich klein war. Das war schön. Aber es hinterließ in mir auch den Eindruck: Die Sache mit dem reinen Herzen ist nur etwas für Kinder.

Und es stimmt ja auch: Kinder denken sich noch nichts Böses dabei, wenn sie sich mit Soße beschmieren. Sie haben kein schlechtes Gewissen, wenn sie die Tapete bemalt haben. Sie lachen ihren Eltern trotzdem ins Gesicht. Sie sind sich ihrer Zuneigung und Unterstützung trotzdem gewiss.

Aber das Leben verunsichert uns. Ent-Täuschungen stellen sich ein. Wir werden kritisiert, abgelehnt, manchmal sogar bestraft. Wir lernen, uns schuldig zu fühlen, uns zu schämen. Das unbefangene, offenherzige Lachen weicht der bangen Frage: Wer nimmt mich noch an, wenn er von meiner Schuld und meinem Versagen erfährt? Auf wen kann ich mich verlassen, obwohl man sich auf mich oft nicht verlassen kann? Schuld und Scham belasten unser Gewissen und unsere Beziehungen.

Das gilt auch für die Beziehung mit Gott. Wie denkt Gott über mich? Ich weiß, er liebt mich. Aber er ist auch ein heiliger Gott. Und er sieht meine Schuld, meine Gottvergessenheit, mein fehlendes Vertrauen, meinen Egoismus. Ist Gott trotzdem für mich? Kann ich mir seiner Gunst und seines Segens trotzdem sicher sein? Kann ich trotzdem davon ausgehen, dass er meine Gebete hört?

Mein schönes und schwieriges pietistisches Erbe

Ich bin in einem pietistischen Umfeld groß geworden. Für diese geistlichen Wurzeln bin ich bis heute äußerst dankbar. Der tiefe Respekt vor der Bibel, die ehrliche, authentische und geerdete Frömmigkeit hat mich wunderbar geprägt.

Eine Schlüsselerkenntnis in meinem pietistischen Umfeld lautete: Wir sind alle allzumal Sünder. Jeden Tag versagen wir in Gottes Augen. Und noch etwas habe ich früh gelernt: Sünden und ein schlechtes Gewissen trennen uns von Gott. Schon auf den ersten Seiten der Bibel wird uns das berichtet: Als Adam und Eva bewusst wurde, dass sie gegen Gottes Gebot verstoßen hatten, kam Scham in ihr Leben und zerbrach die Gemeinschaft mit Gott. Auch David wusste: „Wer darf den Berg des Herrn besteigen und wer an seinem heiligen Ort stehen? Nur die Menschen, deren Hände und Herzen rein sind“ (Psalm 24, 3+4). Entsprechend lehrte uns Jesus: „Gott segnet die, die ein reines Herz haben, denn sie werden Gott sehen.“ (Matthäus 5, 8) Und Petrus forderte uns auf: „Bewahrt euch ein reines Gewissen“ (1. Petrus 3, 16).

Was in unseren zwischenmenschlichen Beziehungen gilt, gilt also auch für unsere Gottesbeziehung: Wir können unserem himmlischen Vater nicht mehr frei und offen begegnen, wenn wir uns schuldig fühlen. Scham ist ein echter Beziehungskiller. Ein reines Herz zu haben ist deshalb kein Thema für Kinder. Für Paulus war sogar das Ziel seiner ganzen Lehrtätigkeit, „dass alle Christen von der Liebe erfüllt sind, die aus einem reinen Herzen kommt, aus einem guten Gewissen und aufrichtigem Glauben.“ (1. Tim. 1, 5)

Die große Frage ist nur: Wie soll man Gott gegenüber denn ein reines Herz und ein gutes Gewissen haben, wenn man doch täglich Fehler macht und sündigt?

David war anders

Aus irgendeinem Grund hatte David dieses Problem überhaupt nicht. Sein Gewissen war sauber und er war sich völlig sicher, dass Gott mit ihm ist: „Der Herr wird mich belohnen, weil ich aufrichtig bin, und mir den Lohn dafür geben, dass ich unschuldig bin. … Ich bin ohne Schuld vor Gott, denn ich habe mich von der Sünde fern gehalten.“ (Psalm 18, 21+24) Wie konnte David nur derart selbstsicher sein? Würde ich heute jemanden so reden hören wie David, würde ich ihn für ziemlich arrogant und hochnäsig halten. Kein Mensch kann sich doch von der Sünde fernhalten! Niemand ist unschuldig! Oder?

So sehr ich von der Richtigkeit der „Sünder-Theologie“ überzeugt war (und immer noch bin!) und so demütig sie sich auch anhört: Irgendwann habe ich auch bemerkt, dass sie eine problematische Kehrseite hat, wenn wir uns einseitig auf sie fixieren.

Schambesetzter Glaube ist ungesund und abstoßend

Wenn wir mit Gott und uns selbst nicht im Reinen sind, belastet das nicht nur unsere Gottesbeziehung. Wir zweifeln dann auch daran, dass Gott unsere Gebete erhört. Kein Wunder, dass wir dann die Lust am Beten verlieren. Und was noch schlimmer ist: Wenn wir kein Ja zu uns selber haben, leben wir seelisch äußerst ungesund. Tatsächlich sagte mal jemand zu mir, ich würde immer so gebückt durch die Gegend laufen. Scham macht verklemmt und scheu. Auf unser Umfeld wirkt das unattraktiv und abstoßend. Wer soll uns glauben, dass ein Erlöser in unser Leben getreten ist, wenn wir derart unerlöst wirken? Umso mehr habe ich mich gefragt: Ist DAS wirklich die Haltung, die uns die Bibel vermitteln wollte? Muss das Beugen unter die eigenen Fehler wirklich ein Dauerzustand im Leben eines Christen sein? Und warum war das bei David so anders? War David vielleicht ein Heiliger?

Ein reines Herz hat nichts mit Perfektion zu tun

Nein, ganz sicher nicht. Die Bibel schildert in ungeschminkter Offenheit seine Betrügereien, seine Rachlust und seine Schwäche für schöne Frauen. Allerdings waren ihm seine Fehler oft nicht bewusst. Selbst als er den Ehemann seiner Liebschaft indirekt umbringen ließ, musste Gott erst einen Propheten schicken, um ihm sein krasses Fehlverhalten klar zu machen!

Ganz offensichtlich gilt in der Beziehung mit dem Vater im Himmel genau das gleiche, was für die Beziehung von Kindern zu ihren Eltern gilt: Unbewusste Fehler belasten das Gewissen der Kinder nicht. Sie schaden deswegen auch der Beziehung zu den Eltern viel weniger. Natürlich sind Eltern nicht begeistert, wenn das Kind die Tapete vollgeschmiert hat. Aber wenn es sich nichts Böses dabei gedacht hat werden sie trotzdem barmherzig mit ihm umgehen – vor allem wenn ihnen das Kind treuherzig in die Augen schaut! Genauso wird Gott unsere Fehler zwar nicht einfach gutheißen oder ignorieren, schließlich richtet auch unbewusste Schuld Schaden an. Aber Gott geht barmherzig mit uns um. So war es jedenfalls bei David: Trotz der großen charakterlichen Mängel stellte Gott sich uneingeschränkt zu ihm. Er bezeichnete ihn sogar als „Mann nach seinem Herzen“ (1. Samuel 13, 14). Das zeigt mir: Gott empfand Davids festes Vertrauen in seine Gunst ganz offensichtlich nicht so wie ich als Hochmut oder Selbstüberschätzung. Vielmehr schätzt und segnet Gott Menschen, die erwartungsvoll mit seinem Segen rechnen, auch wenn ihnen völlig klar ist, dass sie in ihrem Leben noch ziemliche „Sauigel“ sind.

Vertrauen in einen großzügigen Gott

Das gilt umso mehr, da die Bibel uns an vielen Stellen lehrt: Unser himmlischer Vater ist kein knausriger sondern ein „gnädiger und barmherziger Gott, langsam zum Zorn und groß an Güte“ (Jona 4, 2, Psalm 86, 15; 103, 8; 145, 8; Joel 2, 13). Und wenn schon David sich so un-verschämt auf Gottes Segen verlassen konnte, wie viel mehr können wir das ohne Scham und Zweifel tun, da doch Jesus für unsere Schuld gestorben ist! Als Christen haben wir gegenüber David ja noch einen gewaltigen Vorteil: Wir können uns ganz darauf berufen, was Jesus am Kreuz ausgerufen hat: „ES IST VOLLBRACHT!“ Jesus ist für jede Schuld gestorben, die wir auf uns geladen haben und die wir – bewusst oder unbewusst – noch auf uns laden werden. Er starb, damit wir frei werden! Frei, uns nicht länger unter der Last unserer Schuld beugen zu müssen! Frei, um aufrecht und mit erhobenem Haupt leben und Gott begegnen zu können! Frei, um uns der Gunst und des Segens Gottes sicher zu sein und nicht länger zweifeln zu müssen! Frei, um mit großer Erwartung zu beten und mutig zu handeln in der Gewissheit, dass unser Gott mit uns ist, uns liebt und uns segnet! Ist das nicht phantastisch?

Gerade als Pietist musste ich das mühsam lernen: Gott erwartet keine Perfektion von mir! Natürlich möchte er, dass ich danach strebe, ihm immer ähnlicher zu werden und dass ich meine Sünden bekenne, wenn ich einmal ganz bewusst gegen seinen Willen verstoßen habe. Gott ist und bleibt ein heiliger Gott, der Sünde nicht einfach ignorieren kann. Aber mindestens ebenso wichtig ist es ihm, mich von meinem falschen Gottesbild zu heilen, wenn es mir den Eindruck vermittelt, dass er mir ständig nur mit erhobenem Zeigefinger begegnet!

Meine Erfahrung ist: Dieser Heilungsprozess kann ganz schön schwierig und langwierig sein. Es ist nicht einfach, tiefsitzende Gefühle von Scham, Minderwertigkeit und Unsicherheit Gott gegenüber zu überwinden. Ich habe dafür viele Jahre gebraucht und bin immer noch auf dem Weg.

Das Gute ist aber: Jesus wusste, wie schwer es uns fällt, unser Scham- und Versagergefühl gegenüber diesem großen, perfekten, allwissenden und heiligen Gott zu überwinden. Deshalb hat er uns gerade dafür ganz besondere, praktische und handfeste Hilfen für unseren Glaubensalltag mitgegeben. Und mein Eindruck ist: Hinter der Mutlosigkeit der Kirche Jesu steht auch die Krise, wie wir mit diesen praktischen Hilfen umgehen.

Die Krise des Sündenbekenntnisses

Wenn unser Gewissen von einer ganz konkreten und bewussten Schuld geplagt wird, dann kennt die Bibel eigentlich nur einen Weg, dieses Problem wieder loszuwerden: Wir müssen unsere Sünde bekennen! Wenn wir das tun, haben wir Gottes klare Verheißung, dass er uns „vergibt und uns von allem Bösen reinigt.“ (1. Johannes 1, 9) Mir geht es so, dass es bei manchen Sünden völlig genügt, sie Gott im Gebet zu bekennen. Aber manchmal reicht das nicht aus, um mein Gewissen zu entlasten. Die Bibel ermutigt uns deshalb: „Bekennt einander Eure Schuld…“ (Jakobus 5, 16).

Ich habe es so oft erlebt: Wenn meine Schuld ans Licht kommt, verliert sie ihre negative Kraft über mich. Das Herz ist wieder sauber, der Blick auf Gott wieder frei und ungetrübt. Der große Vorteil einer „Beichte“ ist die Möglichkeit, dass uns ein Mitchrist Gottes Vergebung hörbar und spürbar zusprechen kann. Jesus hat uns dazu eine bemerkenswerte Vollmacht mitgegeben: „Wem ihr die Sünden vergebt, dem sind sie vergeben.“ (Johannes 20, 23a) Ist das nicht erstaunlich? Wie schade, dass wir diese Vollmacht so selten in Anspruch nehmen, um uns einander von Schuldgefühlen zu entlasten.

Das „Beichten“ ist also nicht nur für katholische Christen eine große Hilfe. Wie schade, dass es bei uns Protestanten kein fester Bestandteil des gemeindlichen Lebens mehr ist! Als evangelischer Christ meine ich aber auch: Zum „Beichten“ braucht es keine Profis oder festgelegte Rituale. Ein offenes Gespräch mit einem lieben Mitchristen unseres Vertrauens reicht völlig aus. Wie gut, dass ich Freunde habe, mit denen ich offen über alles reden kann. Freunde, die selber Schwäche zeigen können und die mich deshalb auch wegen meiner Fehler nicht ablehnen. Wohl dem, der solche Freunde hat! Gute Gemeinden müssen Räume bieten, in denen man über alles reden kann. Und sie müssen eine gnadenreiche Atmosphäre schaffen, in der jeder spürt: Hier kannst Du ehrlich sein, denn hier wirst Du trotz Deiner Fehler und Deines Versagens nicht abgelehnt sondern angenommen – so wie Du bist. Denn hier ist niemand perfekt. Wir leben alle aus der Gnade und aus der Vergebung.

Die Krise der Taufe

Nie werde ich die ganz besondere Taufe eines guten Freundes vergessen. In unserem Glaubenskurs hatte er zu Jesus gefunden. Nach seiner Bekehrung schrieb er zusammen mit einem Seelsorger alle Sünden, die ihm einfielen, auf einen Zettel auf, den sie dann als Zeichen der Vergebung verbrannten. Trotzdem fühlte mein Freund sich noch nicht wirklich frei von seiner dunklen Vergangenheit, für die er sich so schämte. Der Alkohol hatte nicht nur sein eigenes Leben zerstört sondern auch seine Familie. Das lastete schwer auf ihm. Deshalb freute er sich unbändig auf seine Taufe. Seine Hoffnung war, dass das sein Gewissen vollends erleichtern würde. Als ich zum Ort der Taufe kam zeigte mir mein Freund als erstes eine Entdeckung, die er gerade gemacht hatte: Direkt an der Taufstelle stand ein Kilometerstein am Flussufer. Darauf war zu lesen: „0,0 km“. Gerade hier kamen 2 Flüsse zusammen, deshalb begann ganz offensichtlich gerade hier eine neue Kilometerzählung. Für meinen Freund hatte das aber eine ganz andere Bedeutung. Begeistert sagte zu mir: Ich darf wieder ganz bei Null beginnen!

Dass Gott uns reinigt von Sünde und Scham ist auch in der Bibel ein wichtiger Aspekt der Taufe. Petrus betont diesen Zusammenhang ganz direkt: „Die Taufe ist keine körperliche Reinigung, sondern die Bitte an Gott um ein reines Gewissen.“ (1. Petrus 3, 21) Bei der Taufe meines Freundes wurde mir erst so richtig bewusst, was Petrus damit gemeint hat. Seither quält mich die Frage, was uns in meiner evangelischen Kirche alles verloren geht, weil wir die Taufe in eine Zeit verlegt haben, in der wir sie noch nicht bewusst erleben und an die wir uns später nicht mehr erinnern können.

Leider ist dieser Verlust heute nur wenigen Christen bewusst. Besonders als protestantische, vom griechischen Denken geprägte Christen neigen wir dazu, den Wert und die Wichtigkeit von körperlich erlebbaren Ritualen zu unterschätzen. Jesus wusste es besser. Ihm war klar, dass wir ganzheitliche Menschen sind, die Wahrheiten auch dadurch begreifen, dass wir sie körperlich spüren und erleben. „Schmecke und sieh, dass der Herr gut ist!“ (Psalm 34, 9). Die vom hebräischen Denken geprägte Bibel wusste schon immer, wie wichtig das reale Erleben ist, um Dinge tief in unserem Herzen wirklich be-greifen zu können.

Ich habe deshalb Verständnis dafür, dass es Christen und Konfessionen gibt, die aufgrund bestimmter biblischer Aussagen vor Gott und ihrem Gewissen zu dem Schluss kommen, dass eine Taufe von Kindern keine Taufe im biblischen Sinn ist. Wer sich aus dieser Überzeugung heraus trotz Kindertaufe als Erwachsener taufen lässt, ist natürlich kein „Wiedertäufer“, denn die Einmaligkeit des Geschehens wird mit der Ablehnung der Kindertaufe ja nicht in Frage gestellt.

Ich glaube allerdings trotzdem bis heute nicht, dass alle Christen ihre Kindertaufe über Bord werfen müssen. Entscheidend scheint mir zu sein, dass jeder Christ im Brustton der Überzeugung sagen kann: „Ja, ich bin getauft! Ich gehöre Gott! Die Sünde und der „Verkläger der Brüder“ (Offenbarung 12,10) haben kein Anrecht mehr in meinem Leben!“ In Momenten der Scham und der Verunsicherung sollten alle Christen sich fest auf ihre Taufe berufen können. Um sich die Taufe zu vergegenwärtigen gibt es verschiedene Möglichkeiten. Ein mir bekannter Pfarrer hat sogar Tauferinnerungsfeiern im Freibad mit Untertauchen durchgeführt. Ich finde, das ist eine sehr gute Möglichkeit, der eigenen Taufe nachzuspüren und sie durch das körperliche Erleben ganz fest im eigenen Bewusstsein zu verankern. Oft scheut meine Kirche diese Praxis leider noch aus Angst, man könnte so eine Tauferinnerung mit einer Taufe verwechseln. Ich meine: Viel mehr Angst sollten wir davor haben, dass der kostbare Schatz der Taufe weiterhin verschüttet bleibt und dass das Wort „Taufe“ für die meisten Menschen auch in Zukunft kaum mehr ist als ein Synonym für das Verb „benennen“, das man auch bei Schiffen oder Plüschtieren anwenden kann.

Die Krise des Abendmahls

Die Taufe ist und bleibt ein einmaliges Erlebnis. Das ist wichtig, denn es bringt zum Ausdruck, dass Gottes Ja für uns ein für alle Mal fest steht – auch dann, wenn wir wieder einmal Fehler machen und sündigen. Selbst wenn wir untreu sind bleibt er doch treu (2. Timotheus 2, 13)! Damit wir aber auch nach unserer Taufe immer wieder erleben und sogar körperlich spüren können, dass unsere Schuld wirklich bezahlt ist, ist das Abendmahl so wertvoll. Es erinnert uns daran, dass sein Leib an unserer Stelle zerbrochen und sein Blut für uns vergossen wurde, um unsere Schuld zu bezahlen und den Bund zwischen Gott und uns ein für alle Mal zu besiegeln (Matthäus 26, 26-28), so dass wir trotz unserer Fehler Segen und Heil erwarten dürfen.

Die ersten Christen haben täglich das Brot miteinander gebrochen und Abendmahl gefeiert. Wir sollten es auch heute regelmäßig tun. Damit es nicht zur leeren Routine verkommt dürfen wir es immer wieder neu kreativ gestalten. Am wichtigsten aber ist, dass wir uns den Sinn des Abendmahls lebendig vor Augen halten und uns darin immer wieder von Gott helfen lassen, unsere Scham zu überwinden. Auch hier gilt genau wie bei der Beichte: Man braucht nicht unbedingt Profis oder heilige Räumlichkeiten, um ein tiefes und bewegendes Abendmahl zu feiern. Schließlich sind wir im neuen Bund allesamt Priester (1. Petrus 2, 9). Entscheidend ist unsere Dankbarkeit für den hohen Preis, den Jesus für unsere Erlösung bezahlt hat. In Brot und Wein bzw. Saft begegnet uns sichtbar und spürbar seine Vergebung, seine aufopferungsvolle Liebe und seine Gnade. Auf diese ganz besondere Begegnung dürfen wir als Kirche Jesu Christi auf keinen Fall verzichten.

Die Krise des wichtigsten Gebots

Eine Bibelstelle, die mir als Pietist seit jeher in Fleisch und Blut übergegangen war, ist die Frage nach dem wichtigsten Gebot. Schon immer war mir klar: Gott zu lieben ist das Wichtigste. Und unseren Nächsten sollen wir ebenso lieben. Aber war da nicht noch etwas? Jesus hatte dem wichtigsten Gebot nicht nur einen Zwei- sondern einen Dreiklang gegeben: Gott lieben, den Nächsten lieben und – uns selbst lieben. Seltsamerweise haben wir über diesen dritten Teil in meinem christlichen Umfeld praktisch nie gesprochen. Dabei war Jesus das „ebenso wichtig: Liebe deinen Nächsten wie dich selbst.“ (Markus 12, 31).

Das Problem ist: Wenn wir diesen dritten Teil vergessen, funktionieren auch die beiden anderen Teile nicht. Wir können Gott und unsere Mitmenschen nur dann lieben, wenn wir uns selbst geliebt fühlen. Und Gottes heilende Liebe kann unser Herz nicht erreichen, solange wir Gottes liebevollen Gedanken über uns innerlich widersprechen, weil wir uns selbst nicht für liebenswert halten. Geliebt fühlen können wir uns nur, wenn wir Gottes guten Gedanken über uns zustimmen. Und ich habe festgestellt: Das ist oft gar nicht so einfach!

Als Jugendlicher wurde ich über Jahre von meinen Mitschülern wegen meiner Figur gemobbt. Das hat mein Selbstwertgefühl und meine Fähigkeit, mich selbst anzunehmen, stark beschädigt. Mein Verhältnis zu meinem Körper ist seither nie ganz heil geworden. Wenn ich in der Bibel lese, dass ich schön und wunderbar gemacht bin, dann klingt das für mich in der Theorie sehr nett. Aber in meiner Gefühlswelt kommt es nicht wirklich an. Wem glaube ich also? Meinen Gefühlen? Meinen früheren Mitschülern? Oder doch Gottes Wort? Kann ich die Worte Davids wirklich zu meinen eigenen machen? „Ich danke dir, dass du mich so herrlich und ausgezeichnet gemacht hast!“ (Psalm 139, 14) Als ich es zum ersten Mal gewagt habe, diese Worte ganz bewusst laut auszusprechen, fühlte sich das für mich fast ein wenig gruselig an. Ich habe mich gefragt: Was mache ich da eigentlich? Ist das jetzt so ein Art magisches „Positives Denken“? Rede ich mir selber etwas ein? Nein! Diese Wahrheit über mir selbst auszusprechen bedeutet doch einfach nur, Gott in seinem Urteil über mich zuzustimmen und dem Teufel, dem alten Ankläger, sowie allen Menschen, die negative und verurteilende Dinge über mir ausgesprochen haben, eine lange Nase zu drehen.

Worte haben Macht. Gottes Worte sind die Wahrheit. Die Wahrheit macht uns frei. Jedes Mal, wenn wir Gottes Worte aussprechen und ihnen innerlich oder noch besser laut zustimmen, dann erlauben wir Gott wieder ein wenig mehr, uns von Scham und Minderwertigkeit zu heilen und die zerstörerischen Lügen, die Andere in uns hineingepflanzt haben, durch Gottes befreiende Wahrheit zu ersetzen.

Eine scham-lose Kirche

Auf meinem Weg heraus aus Scham-, Schuld- und Minderwertigkeitsgefühlen bin ich noch lange nicht am Ziel. Aber Einiges hat sich schon bewegt. Ich kann mehr daran glauben, dass mein Gott wirklich für mich ist. Dass er mein Gebet hört, auch wenn ich die letzten Tage wieder einmal nicht so diszipliniert war mit meiner stillen Zeit. Dass er mich segnet, auch wenn ich mich wieder einmal nicht so verhalten habe, wie ich es eigentlich sollte. Dass er mit mir ist, auch wenn ich nach wie vor alles andere als ein geistlicher Überflieger bin.

Ich glaube, es ist Zeit, dass wir Davids Geheimnis des reinen Herzens neu entdecken. Es geht nicht um Perfektion. Gleich gar nicht geht es um eine postmoderne Schamlosigkeit, die von der Realität von Schuld und Vergebung überhaupt nichts mehr wissen will und die das Wort Sünde nur noch mit kalorienreichem Essen in Verbindung bringt. Nein, es ist immer noch wahr und muss gerade heute neu gepredigt werden: Wir sind alle allzumal Sünder. Unsere Schuld  trennt uns von Gott und vom ewigen Leben. Auf dem Weg des Glaubens gibt es keine Abkürzung am Abgrund unserer Schuld und Verlorenheit und am Kreuz vorbei.

Aber dieser schlechten Nachricht darf und muss eine tiefe und anhaltende Vergewisserung der Vergebung und Erlösung folgen, die Jesus am Kreuz für uns erworben hat, damit wir mit freiem und reinem Herzen aufatmen und befreit und erlöst leben können. Johannes beschrieb, welche Folgen das hat: „Liebe Freunde, wenn unser Gewissen rein ist, können wir mit Zuversicht und mutig vor Gott treten“ (1. Johannes 3, 21). „Mutig komm ich vor den Thron!“ Dieses wunderschöne Lied singen wir auch in unserer Gemeinschaft immer wieder gerne. Denn tatsächlich ist das ja „der Grund, warum wir feiern: Wir sind befreit, er trug das Urteil. Preis dem Herrn!“

Die Lust am Beten, das Vertrauen in Gottes Gunst und die Kühnheit für mutige Glaubensschritte können in der Kirche Jesu wieder Einzug halten, wenn Gott uns von unserer Scham befreien darf. Nur mit dieser Kühnheit werden wir die Goliats unserer Zeit besiegen können.

Wo sind die Beunruhigten und die Zerbrochenen?

Erinnern Sie sich noch an die Debatte um den Rinderwahnsinn? Ich kannte damals Menschen, die keine Gummibärchen mehr essen wollten aus lauter Angst, sich anzustecken. Das war nicht die einzige Welle der Angst, die durch unser Land rollte. Waldsterben, Ozonloch, Vogel- und Schweinegrippe… Manche Alarmrufe hatten ohne Zweifel ihre Berechtigung und haben teilweise auch zu guten und not-wendenden Konsequenzen geführt. Manche erinnern mich im Nachhinein aber auch an ein Gerichtswort aus Psalm 53:

Angst und Schrecken packt sie, wo es keinen Grund dafür gibt. (Psalm 53, 6)

Auch unter uns Christen gibt es viel Beunruhigung: Altvertraute Gewissheiten scheinen wegzubrechen. Quälende Fragen bringen selbst langjährige Christen in Bedrängnis: Kann man der Bibel noch vertrauen? Ist sie wirklich Gottes Wort? Gibt es da nicht jede Menge Fehler und Widersprüche in der Bibel? Sind nicht viele ihrer Aussagen kulturell veraltet und wissenschaftlich überholt? Ist dieses Buch nicht vor allem eine Sammlung historischer Texte von menschlichen Gotteserfahrungen statt zeitloses Gotteswort? Müssen wir die Botschaft des Evangeliums gar grundlegend überdenken?

Tatsächlich gibt es Passagen in der Bibel, die schwer zu verstehen sind und zumindest auf den ersten Blick widersprüchlich und fehlerhaft wirken. Trotzdem beunruhigt mich das nicht wirklich. Denn die Eigenschaften der Bibel sind insgesamt so einzigartig und spektakulär, dass mein Vertrauen in die göttliche Inspiration dieser Texte durch einzelne Stellen, die ich im Moment nicht verstehe, nicht erschüttert wird. Die These, dass die Bibel allein ein Produkt des menschlichen Geistes sein könnte, halte ich aus vielerlei Gründen für unhaltbar. Menschen können so ein Buch nicht hervorbringen. Es gibt weltweit und historisch gesehen unter den unzähligen Büchern dieser Welt kein einziges Buch, das sich auch nur annähernd mit der Bibel messen könnte. Ich stehe in Ehrfurcht und Staunen vor diesem buchgewordenen Wunder Gottes.

Nein, mich beunruhigen in der Bibel weniger die Stellen, die mir nicht einleuchten. Mich beunruhigen vielmehr die Stellen, die mir einleuchten. Es gibt in der Bibel höchst beunruhigende Botschaften, die sonnenklar und eindeutig sind und die sich zudem quer durch die ganze Bibel ziehen. Und eine dieser Botschaften lautet:

In Bezug auf Gottes Wort gibt es für uns Menschen nur eine einzige angemessene Haltung: Ehrfürchtiges Vertrauen und demütiger Gehorsam.

Der immer wieder unternommene Versuch, das Zweifeln an Gottes Wort geistlich zu verklären, hat in der Bibel keine erkennbare Basis. „Hat Gott wirklich gesagt…?“ (1. Mose 3, 1) Dieser von der teuflischen Schlange gestreute Zweifel hat nicht nur in der Paradiesgeschichte katastrophale Konsequenzen. Als Israel an Gottes Verheißung zweifelte musste es noch einmal 40 Jahre durch die Wüste gehen (4.Mos.14). Wenn Gott spricht und wir Menschen uns verschließen, dann löst das in der Bibel meistens ein Drama aus.

Im Alten wie im Neuen Testament stellt Gottes Reden die Menschen immer vor die Wahl: Hören oder ignorieren. Gehorchen oder ungehorsam sein. Und in der Folge: Segen oder Fluch. Man könnte ein ganzes Buch füllen mit biblischen Beispielen für dieses simple Prinzip, das sich geradezu erschreckend konsequent durch alle Texte zieht.

Da ist es kein Wunder, dass Jesus ausführlich und mit eindringlichen Bildern über die extreme Wichtigkeit sprach, ein Hörer und ein Täter von Gottes Wort zu sein. Die Standfestigkeit unseres Lebenshauses hängt davon ebenso ab wie die  Frage, ob unser Leben Frucht bringt oder verdorrt. König Josia kannte dieses Prinzip offenbar. Als er die Worte der wiederentdeckten Heiligen Schrift hörte, zerriss er seine Kleider, weil ihm die schrecklichen Folgen des Ungehorsams gegenüber Gottes Wort offenkundig bewusst waren. Genau dieser Ausdruck von Ehrfurcht und Erschrecken vor Gottes Worten wird von Gott ausdrücklich gelobt:

„Dein Herz war berührt und du hast vor Gott Buße getan, als du seine Worte über diese Stadt und ihre Einwohner hörtest. Du hast Buße getan, deine Kleider zerrissen und vor mir geweint. Deshalb habe ich dich erhört, spricht der Herr.“ (2. Chronik 34,27).

Gott erwartet Umkehr, wenn sein Wort uns mit unserem Fehlverhalten konfrontiert. Er ist offenkundig nicht bereit, Kompromisse mit unserem Eigensinn einzugehen. Gott gibt uns sein Wort aber auch nicht, damit wir uns damit zu Rechthabern und überlegenen Frömmlern aufspielen können. Josia hatte ja überhaupt keinen Fehler gemacht. Aber er hat sich trotzdem erschüttern lassen. Er hat sich gebeugt und gedemütigt unter die Schuld des Volkes. Diese demütige Identifikation mit den Sünden seiner Gemeinschaft war die Grundlage für Gottes Segen während des ganzen Lebens von Josia. Es ist genau dieser zerbrochene Geist, den wir auch heute wieder brauchen. Gott sagte zu Jesaja:

„Ich achte auf die, die gedemütigt worden sind und einen gebrochenen Geist haben und vor meinem Wort zittern.“ (Jesaja 66,2)

Deshalb müssen wir uns fragen: Wo sind die Menschen in unserem Land, die sich Gottes Sichtweise aus seinem Wort zeigen und sich dadurch zerbrechen lassen über den Zustand ihres Herzens und den Zustand der Kirche Jesu? Wo sind die Menschen, die sich dann nicht von anderen rechthaberisch distanzieren sondern sich mit der ganzen Kirche Jesu identifizieren und sich unter ihre Schuld beugen? Wo sind die Menschen, die dann schließlich ihre Menschenfurcht überwinden und in prophetischer Klarheit Gottes Wort hochhalten und die Kirche zur Umkehr rufen – aus Liebe und nicht aus Rechthaberei?

Der Segen begann in Israel immer dann, wenn Menschen sich von Gottes Wort treffen und zerbrechen ließen. Nachdem der Prophet Nathan König David mit Gottes Wort konfrontiert hatte, schrieb David:

„Das Opfer, das dir gefällt, ist ein zerbrochener Geist. Ein zerknirschtes, reumütiges Herz wirst du, Gott, nicht ablehnen.“ (Psalm 51, 19)

Diesen Menschen mit einem zerbrochenen Herzen hat Gott seine Nähe verheißen:

„Nahe ist der HERR denen, die zerbrochenen Herzens sind, und die zerschlagenen Geistes sind, rettet er.“ (Psalm 34,19)

Und genau bei diesen Menschen nimmt Gott Wohnung:

„Ich wohne an der hohen, heiligen Stätte und bei denen, die einen zerschlagenen und gedemütigten Sinn haben, um die Gedemütigten neu zu beleben, und die zerschlagenen Herzen wieder aufleben zu lassen.“ (Jesaja 57, 15)

Gott, der mitten unter seinem Volk wohnt: Da leuchtet bereits die Verheißung des neuen Jerusalems auf. Einen Vorgeschmack davon bekommen wir, wo wir unseren Stolz und unseren Eigensinn zerbrechen lassen durch Gottes Wort, das wie ein Hammer unser steinernes Herz zerschlägt (Jer.23,29) und durch ein fleischernes ersetzt (Hes.36,26).

Nicht nur die dramatischen Warnungen in den letzten Versen der Bibel (Offb.22,18-19) machen es überdeutlich: Wir sollten tatsächlich nichts so sehr fürchten wie die Gefahr, Gottes Worte zu ignorieren, leichtfertig zu übergehen, zu verdrehen, zu verkürzen oder etwas hinzuzufügen. Aber die Bibel macht auch immer wieder deutlich: Wer Gott und sein Wort fürchtet muss sonst nichts und niemanden mehr fürchten. Der braucht nicht mehr panisch zu werden, wenn Weltuntergangspropheten Angst und Schrecken verbreiten. Himmel und Erde werden zwar vergehen. Aber Gottes lebensspendende Worte bleiben in Ewigkeit (Luk.21,33). An ihnen dürfen und sollen wir (uns) festhalten. Ohne Gottes Wort sind wir dazu verdammt, uns ausschließlich an menschlicher Weisheit zu orientieren. Dann setzt sich der durch, der am lautesten schreit, der die Schaltstellen der Macht besetzt und der die manipulativen Möglichkeiten von Medien und Rhetorik am besten zu nutzen weiß. Aber unter Gottes Wort und Wahrheit dürfen und müssen wir uns alle gemeinsam beugen. Wir müssen uns allesamt verantworten vor dem, dessen Weisheit selbst die beeindruckendste Weisheit dieser Welt als Torheit entlarvt (1.Kor.3,19). Eine gesunde Ehrfurcht vor Gottes Wort ist der beste (und einzige!) Schutz vor unserer menschlichen Neigung, unsere eigene Klugheit absolut zu setzen und auf unseren eigenen Wegen in den Abgrund zu rennen.

Wenn das Weizenkorn nicht stirbt kann es keine Frucht bringen (Joh.12,24). An Gottes Worten seinen Stolz und Eigensinn zerbrechen zu lassen heißt hingegen, die Grundlage zu legen für ein gesegnetes und fruchtbares Leben.

Nicht einschlafen!

Wir Deutschen sind Weltmeister im Warnen: Vor Farbstoffen in Lebensmitteln, vor Weichmachern in Plastikspielzeug, vor giftigen Gasen an der Verkehrskreuzung – und vor Müdigkeit beim Autofahren. In Autos mit Müdigkeitssensor fordert uns eine Kaffeetasse dazu auf, uns wieder fit zu machen, bevor wir in einen lebensgefärhlichen „Sekundenschlaf“ fallen.

Auch in der Bibel gibt es jede Menge Warnungen: Vor Kriegen, Katastrophen und Christenverfolgung zum Beispiel. Wer genauer hinschaut merkt aber, dass der Hauptfokus auf dem folgenden Vierklang liegt:

  1. Jesus kommt wieder!
  2. Es gibt ein endzeitliches Gericht für alle Menschen!
  3. Es gibt eine ewige Verlorenheit!
  4. Die endzeitlichen Ereignisse werden sehr überraschend hereinbrechen!

Diesen Vierklang packt Jesus in die unterschiedlichsten Geschichten und Gleichnisse:

Die Hauptaussage ist immer die gleiche. Sie wird uns gleich 14 mal im Neuen Testament* vorgehalten: Seid wachsam! Werdet nicht müde im Glauben! Wer sich vom Alltag einlullen lässt, wer nicht mehr für Jesus brennt, wer sich nur noch um sich selbst und nicht um Andere kümmert ist in großer Gefahr – so wie bei einem Autofahrer schon ein Sekundenschlaf genügen kann, um irreparable, ewige Schäden anzurichten.

Niemand braucht diese Warnungen so dringend wie wir Christen der westlichen Kirche. Unser Luxus und scheinbaren Sicherheiten geben uns das Gefühl, auch ohne eine enge, lebendige Gottesbeziehung durchs Leben und in den Himmel zu kommen. Das verführt uns, das Beten, das Bibellesen und unsere Berufung schleifen zu lassen. Genau davor warnt uns die Bibel wieder und wieder und wieder.

Warum hört man dann in unseren Kirchen so wenig von diesen Warnungen? Dafür habe ich eigentlich nur eine Erklärung: Wir glauben Jesus nicht mehr so wirklich. Dass er wirklich wiederkommt. Dass unsere irdischen Entscheidungen ewige Konsequenzen haben. Dass es eine Gerichtsverhandlung für jeden Menschen gibt. Dass es einen leid- und qualvollen Ort der ewigen Gottverlassenheit gibt, den Jesus „Hölle“ nennt.

Vielleicht haben wir ja auch Angst, aus der Frohbotschaft des Evangeliums eine Drohbotschaft zu machen, wenn wir von den biblischen Warnungen reden. Aber das ist doch Unsinn: Berechtigte Warnungen sind keine Drohung sondern ein Ausdruck von Liebe! Es wäre unfassbar lieblos, ein Kind nicht vor der heißen Herdplatte zu warnen.

Deshalb sollten wir alle immer mal wieder unseren Glaubens-Müdigkeitssensor aktivieren. Sehr geeignet sind für mich dafür die folgenden 3 Fragen:

  1. Wann habe ich mich das letzte Mal beim Bibellesen oder Beten von Gott ganz persönlich angesprochen gefühlt?
  2. Wann habe ich zum letzten Mal intensiv für einen anderen Menschen gebetet?
  3. Wann habe ich zum letzten Mal mit einem Nichtchristen über Jesus gesprochen?

Wenn mir auf diese Fragen spontan keine Antworten einfallen ist mir das ein deutlicher Hinweis auf akute Müdigkeitserscheinungen im Glauben. Der Punkt ist ja: Ich kann ungeheuer umtriebig sein (vielleicht sogar mit guten geistlichen Dingen) und trotzdem müde werden in meiner Liebe und Leidenschaft für Jesus. Zu den Ephesern sagte Jesus: „Ich weiß alles, was du tust. … Aber ich habe gegen dich einzuwenden, dass ihr mich und euch einander nicht mehr so liebt wie am Anfang!“ Ohne diese Liebe ist alle unsere (geistliche) Geschäftigkeit und Rechtgläubigkeit am Ende wertlos.

Je mehr ich darüber nachdenke merke ich, wie mein geistlicher Müdigkeitssensor wieder einmal Alarm schlägt. Deiner auch? Dann lass uns doch gleich jetzt zu Jesus gehen, um uns neu erfrischen zu lassen in seiner Gegenwart. Lassen wir bei ihm unser Öl nachfüllen (d.h. lassen wir uns neu mit dem Heiligen Geist erfüllen). Lassen wir uns anstecken von seiner Liebe für die Menschen um uns herum. Wuchern wir mit unseren Talenten! Kümmern wir uns um unsere Nächsten! Und stärken wir die, die um uns herum müde geworden sind. Genau dazu hat uns Jesus immer wieder aufgerufen.

* „Seid wachsam“ im NT: Mk 13,9, Mk 13,33, Mk 13,35, Mk 13,37, Mk 14,38, Lk 21,34, Lk 21,36, Apg 20,31, 1Kor 16,13, Eph 6,18, 1Thess 5,6, 1Petr 5,8, 2Petr 3,17, Offb 16,15

Siehe auch:

Advent: Warten auf den explosivsten Tag der Weltgeschichte

O.K. ich gebe es zu: Mit Advent und vorweihnachtlicher Kerzenromantik konnte ich nie viel anfangen. Aber das ändert sich seit mir aufgefallen ist, dass Advent ja nie nur als Einstimmung auf Weihnachten gedacht war. Ein zentraler Aspekt von Advent (=“Ankunft“) war schon immer die Besinnung darauf, dass Jesus wiederkommt!

Dass diesen Aspekt leider kaum jemand auf dem Radar Adventskranzhat ist eigentlich höchst seltsam. Bei den ersten Christen war das nämlich genau umgekehrt: Nirgends lesen wir in der Bibel, dass sie sich großartig mit der Erinnerung an Jesu Geburt beschäftigt hätten. Aber die Erwartung der Wiederkehr Jesu war ein Riesenthema für sie! Das hat ihnen inmitten von Verfolgung Kraft und Hoffnung verliehen. Ihre Leidenschaft und Opferbereitschaft hatte ohne Zweifel viel mit dieser Erwartung zu tun. Die Apostel hatten die Christen damals zwar um Geduld gebeten und in diesem Zusammenhang darauf hingewiesen, dass ein Tag bei Gott durchaus 1000 Jahre dauern kann. Aber gleichzeitig hielt Paulus die Sehnsucht nach Jesu Wiederkehr sogar für ein zentrales Merkmal eines Christen! Offensichtlich ist die Erwartung der Wiederkunft Jesu wichtig für ein gesundes Christsein, weil sie unsere Prioritäten und Perspektive auf die Welt geraderückt. Und angemessen ist die Erwartung des baldigen Kommens Jesu in jedem Fall. Schließlich kann jeder von uns schon heute vor seinem Schöpfer stehen – auch wenn Jesus erst in 1000 Jahren wiederkommen sollte.

Wobei: Noch nie in der Geschichte hatten wir so viel Grund, die baldige Wiederkunft Jesu zu erwarten wie heute! Jesus hat uns ja Mut gemacht, die Zeichen der Zeit zu beachten. Und die haben noch nie eine so klare Sprache gesprochen: Immer öfter hören wir von Katastrophen, Kriegen und Verfolgung. Seit Beginn der Weltmissionsbewegung vor etwa 300 Jahren hat sich das Evangelium in bemerkenswertem Tempo über die ganze Welt verbreitet. Seit 1948 sammelt sich das Volk Israel wieder in seinem Land. Es haben sich also schon unheimlich viele Vorhersagen der Bibel erfüllt, die sich auf die Zeit vor Jesu Wiederkunft beziehen.

Natürlich wird trotzdem kein Mensch je vorhersagen können, wann Jesus wiederkommt. Es gibt auch Bibelstellen, die nahelegen, dass vorher noch manches geschehen muss. So sagt die Bibel z.B., dass alle Völker das Evangelium hören werden. Aber noch immer wurde etwa 25 % der Weltbevölkerung nicht wirklich mit dem Evangelium erreicht. Aber selbst wenn es noch etwas länger dauert – in jedem Fall gilt:

ER WIRD KOMMEN!

Und zwar plötzlich und überraschend, wie ein Dieb in der Nacht, den niemand erwartet. Er wird auf dem Ölberg erscheinen, genau wie er damals in den Himmel gegangen ist. Dann wird er sein ewiges Reich aufrichten. Er wird all den Terroristen, Kriegstreibern, Unterdrückern, Ausbeutern, Vergewaltigern, Räubern, Lügnern und Betrügern machtvoll entgegentreten. Im Gericht wird er endlich der heiß ersehnten Gerechtigkeit zum Sieg verhelfen. Alle, die in seinem Buch geschrieben stehen, wird er bei sich versammeln, ihre Tränen abwischen und ein Fest mit ihnen feiern.

Ölberg

So kostbar die Rückbesinnung auf Jesu Geburt auch ist: Hätten wir angesichts dieser gewaltigen Aussichten nicht allen Grund, ein vorwärts- statt rückwärtsgewandtes Adventsfest zu feiern?

Mein Vorschlag: Vergessen wir den Humbug vom alle Jahre wiederkommenden Christuskind. Er wird EINMAL kommen, und zwar nicht als blondgelocktes Mädel mit Flügel und Krönchen sondern als ehrfurchtsgebietender Herrscher. Nutzen wir den Advent, um uns wie die ersten Christen auf diesen explosivsten Tag der Weltgeschichte zu besinnen. Füllen wir das Öl in unseren Lampen nach, rüsten wir uns für die angekündigten Erschütterungen, die wie Geburtswehen über die Erde kommen und lassen wir uns anstecken mit der Sehnsucht nach Jesu Wiederkehr, die die ganze Schöpfung durchdringt. Und wenn wir die „Ankunfts-Kerzen“ anzünden verbinden wir das am besten mit diesem letzten Gebet der Bibel:

„Komm, Herr Jesus!“

Siehe auch:

Von Aufbrüchen, Todestälern und Triumphen

Vom 26. bis zum 28. Oktober 2018 fand in der Christusgemeinde in Emmendingen die ChristusKonferenz zum Thema „Aufatmen in Gottes Gegenwart“ statt. Die 4 Vorträge der Konferenz sind nun online verfügbar.

In seinem Vortrag „Gottes Präsenz in allen Lebenslagen“ macht Pastor Waldemar Justus anhand von Psalm 23 deutlich: Gottes Gegenwart wird in allen Lebensphasen verheißen: Im Aufbruch, im Todestal und im Triumph! Stephanus konnte sogar während seiner Steinigung die Herrlichkeit Gottes sehen! Wie ist so etwas möglich? Und was bedeutet „Triumph“ für Christen überhaupt? Können Christen denn sicher sein, dass am Ende ihres Weges ein Triumph auf sie wartet?

Als Jesus getauft und mit dem Heiligen Geist erfüllt wurde, sah das wie ein Aufbruch aus – der aber direkt in die Wüste führte! Warum war diese Wüstenzeit notwendig? Und was bedeutet es eigentlich, „voll des Heiligen Geistes“ zu sein? Und wie wird und wie bleibt man eigentlich voll des Heiligen Geistes? Diese Fragen beantwortet Markus Till im Vortrag „Mit Kraft gestärkt durch Gottes Geist“ anhand von Lukas 3, 21 bis 4, 15.

Niemand hat wohl das Thema Leid so gründlich durchbuchstabiert wie Hiob. In seinem 2. Vortrag „Gottes Gegenwart im Leid“ zeigt Markus Till anhand des Buchs Hiob 6 konkrete und praktische Lehren auf, die wir unbedingt beachten müssen, damit Krisen uns nicht hart und bitter sondern reifer machen.

Auch Petrus musste durch ein tiefes Todestal. Aber gerade diese Krise war es, die ihn grundlegend verändert hat. In seinem 3. Vortrag „Nach der Nacht folgt ein neuer Morgen“ geht Markus Till der Frage nach: Wie konnte eigentlich aus dem ehrgeizigen Maulhelden Petrus ein weiser, heldenhafter Kirchenleiter werden? Natürlich hat dabei Pfingsten eine große Rolle gespielt. Aber noch ein anderer Faktor war dafür absolut entscheidend…

Stimmen zur ChristusKonferenz:

„Die tiefgehenden Predigten waren sehr stärkend für meinen eigenen Glauben. Die spürbare Nähe zu Jesus bewegte mich sehr.“

„Die Auslegung von Psalm 23 hat mich stark angesprochen.“

„Obwohl ich die ausgewählten Passagen bereits gut kenne, erstaunten mich die neuen Impulse und Betrachtungswinkel.“

„Mich beeindruckte die warmherzige und freundliche Art von Markus Till. Er spricht eine einfache Sprache und trifft dabei das Herz.“

„Die ChristusKonferenz war intensiv in den biblischen Botschaften und dabei sehr praxisnah.“

„Besonders begleitet mich der letzte Vortrag und die Frage: „Das Kreuz ist die Tür zu Gottes verwandelnder Gnade. Bin ich bereit, meinen Stolz an dieser Demütigung zerbrechen und sterben zu lassen?“

Wissen oder Wahrheit?

„Mein ganzes Leben lang habe ich mich mit der Liebe beschäftigt,“ sagte Tom. „Ich kenne alle relevanten wissenschaftlichen Abhandlungen. Sämtliche Diskussionen dazu habe ich intensiv verfolgt. Für meine sexualwissenschaftlichen Forschungen habe ich mehrere Preise bekommen. Bei diesem Thema macht mir niemand etwas vor. Auch Du nicht, mein Freund.“ Jim schien beeindruckt zu sein. Er nippte kurz an seiner Kaffeetasse und fragte dann: „Sag mal, aber Du bist doch gar nicht verheiratet. Warst Du eigentlich schon mal so richtig verliebt?“ Ein Knistern lag in der Luft. Tom dachte nach. „Na ja, es gab da schon so ein paar Affären. Aber ganz ehrlich: Wirklich verliebt war ich immer nur in die Wissenschaft.“ Jim trank seine Tasse leer, stellte sie ab und schaute Tom direkt in die Augen. „Dann lass Dir sagen, mein Freund: Von Liebe hast Du nun wirklich überhaupt keine Ahnung.“

Kennt man automatisch die Wahrheit, wenn man über alles Bescheid weiß? Was ist Wahrheit eigentlich? Diese Frage hat schon Pilatus bewegt. Und sie ist brandheiß bis heute.

Einige sind ja der Meinung, dass es so etwas wie objektive Wahrheit überhaupt nicht gäbe. Alles sei relativ. Allein der Blickwinkel des Betrachters entscheide darüber, ob etwas für ihn wahr sei oder nicht. Für den Nächsten könne dann aber wieder eine ganz andere Sichtweise wahr sein.

Aber das ist zu kurz gedacht. Denn natürlich kann es am Ende nur 1 objektive Wahrheit geben. Entweder ist die Erde eine Scheibe oder eine Kugel. Entweder ist Elvis tot oder nicht. Das eine schließt das Andere aus. Das gleiche gilt in der Theologie: Entweder ist Jesus leiblich auferstanden oder im Grab verwest. Entweder war sein Tod am Kreuz ein stellvertretendes Sühneopfer oder nicht. Gott ist nicht schizophren.

Christen sind überzeugt: Diese eine Wahrheit ist in der Bibel zu finden. Aber heißt das, dass wir einfach nur die Bibel lesen müssen, um die Wahrheit zu finden?

Tatsächlich hat Jesus betont, dass wir an seinem Wort bleiben müssen, um die freimachende Wahrheit erkennen zu können (Joh.8,31-32). Und Jesus hatte – wie alle Juden – allerhöchsten Respekt vor den heiligen Schriften. Er hat ausdrücklich betont, dass er sie in keinster Weise auflösen will. Kein einziges Satzzeichen wollte er in Frage stellen. Die Schrift war für Jesus in jeder nur denkbaren Art und Weise durch und durch wahr. Deshalb fragte er so oft: „Habt ihr nicht gelesen?“ Selbst im Angesicht Satans hat Jesus mit der Schrift argumentiert. Die moderne Idee, dass wir biblische Aussagen eher als  Meinungsäußerung, Diskussionsbeitrag oder Erfahrungen antiker Menschen mit Gott sehen müssten, statt in ihnen Gottes heiliges Wort mit allerhöchster, unhinterfragbarer Autorität zu sehen, war Jesus ganz offensichtlich vollkommen fremd.

Aber Jesus hat nicht nur über sein Wort gesprochen, wenn es um die Wahrheit ging. In Johannes 16, 13 sagt er: „Wenn aber jener, der Geist der Wahrheit, gekommen ist, wird er euch in die ganze Wahrheit leiten.“ Warum betont Jesus hier so sehr den Heiligen Geist bei der Frage, wie wir Wahrheit finden können? Ganz einfach: Weil Wahrheit nun einmal mehr ist als mit Worten vermittelbares und mit dem Verstand erfassbares Wissen.

Das wird ganz deutlich bei der Antwort Jesu, was eigentlich das wichtigste aller Gebote sei. Seine Antwort ist bezeichnend: Wir sollen Gott lieben in 4 Dimensionen: Mit unserem Verstand, unserem Herzen, unserer Seele und ganzer Kraft.

Das bedeutet: Die Liebe zu Gott, die das Zentrum unseres Christseins sein soll, ist zum einen nicht denkbar ohne unseren Verstand. Ein uninformierter, gefühlsduseliger Glaube trägt nicht. Gott hat uns einen Kopf zum Denken gegeben, zum Studieren, zum Forschen in der Schrift. Wenn wir Gott lieben, werden wir auch seine Gebote lieben, sagte Jesus. Anders gesagt: Dann werden wir jedes Wort Gottes absolut ernst nehmen. Wir werden uns Gottes Worten unterordnen und darauf achten, dass sie uns zurechtbiegen, nicht umgekehrt. Das gehört zur Liebe zu Gott dazu. Aber es ist eben noch nicht die ganze Geschichte.

Ohne Seele und Herz ist die Liebe zu Gott nicht komplett. Liebe hat eine Dimension, die mit Worten allein nicht fassbar ist. Die Breite, Länge, Höhe und Tiefe der alle Erkenntnis übersteigenden Liebe Gottes können wir niemals vollständig durch die theologische Analyse von Bibelstellen erfassen. Wir brauchen dafür das Wirken des Heiligen Geistes. ER ist es, der uns einen Geschmack vermittelt von der majestätischen Heiligkeit Gottes. ER ist es, der uns staunen lässt über die Größe und Allmacht des Schöpfers des Universums. ER ist es, der in uns eine Ahnung weckt von der innigen, geradezu zärtlichen Liebe des himmlischen Vaters, durch die wir zu ihm ganz ohne Scham „Abba“ – Papa sagen können. Ohne diese geistgewirkte Begegnung mit dem allmächtigen, ehrfurchterregenden, heiligen, liebenden, gnädigen und barmherzigen Gott fehlt uns eine entscheidende Dimension der Wahrheit.

Bibelwissen ist für Christen alternativlos. Es kann uns aber auch die falsche Sicherheit vorgaukeln, dass wir damit die Wahrheit bereits im Griff hätten (so wie Tom dachte, mit seinen Forschungspreisen alles über die Liebe zu wissen). Wenn wir uns mit der Bibel in der Hand vom Heiligen Geist (und somit von Gott!) unabhängig machen, dann wird die Bibel sogar zum Götzen. Deshalb warnte uns Paulus ausdrücklich, dass wir uns bloß nicht einbilden sollen, alles zu wissen. Erkenntnis bläht auf, sagte er. Und der Buchstabe tötet. Vielleicht hatte er dabei vor Augen, dass die Pharisäer (wie er selbst ja einer war) großartige Kenner der heiligen Schriften waren und trotzdem Gottes Sohn ans Kreuz gebracht und die Christen verfolgt haben.

Echte, freimachende Wahrheit wächst in uns deshalb nicht nur durch Schriftstudium allein sondern auch durch Hingabe und Gebet, durch das Anschauen seiner Heiligkeit und durch Anbetung seiner abgrundtiefen Liebe. Auch damit bekommen wir die Wahrheit nicht in den Griff. Aber in der engen Verbindung mit IHM dürfen wir hoffen, dass die Wahrheit in Person – Jesus Christus – uns immer mehr in den Griff bekommt.

Wenn in der Begegnung mit Gott geistgewirkte Wahrheit in uns wächst, wenn tief in unserem Innersten eine Ahnung von seiner unermesslichen Liebe und Heiligkeit heranreift, dann lebt unser Glaube nicht mehr nur aus dogmatisch korrekten Gedankengebäuden und der Abgrenzung von Irrlehren sondern vor allem aus der Geborgenheit und Sicherheit einer Liebe, von der uns weder Tod noch Leben noch irgendetwas anderes jemals trennen kann.

Wissen ist gut (kann uns aber auch hochnäsig werden lassen). Wirklich frei macht uns nur die Wahrheit. Um sie zu erkennen brauchen wir die Schrift – und wir sind absolut angewiesen auf das Wirken des Heiligen Geistes.

Siehe auch:

Der mit Gott kämpft

Was uns biblische Namen über Gottes Gnade sagen

„Ich bin der Gott Abrahams, Isaaks und Jakobs“. 9 mal in der Bibel stellt sich Gott mit diesen Worten vor. Was leider nur Wenige wissen: Dahinter steckt eine unglaublich berührende Botschaft! Das wird deutlich, wenn man sich diese 3 Personen und ihre Namen einmal genauer anschaut:

Der Name Abraham bedeutet „Vater vieler Völker“. Das erinnert natürlich an Gottes Verheißung, Abraham unzählige Nachkommen zu schenken. Allerdings hat Abraham diesem Versprechen nicht immer vertraut. Als seine Frau Sara lange kinderlos blieb, schlief er schließlich mit seiner Sklavin Hagar. Daraus ging Ismael hervor und damit auch der von der Bibel vorhergesagte Dauerstreit zwischen den Kindern Saras (den Juden) und den Kindern Hagars (den Arabern). Der Name „Vater vieler Völker“ ist deshalb unweigerlich auch mit Abrahams mangelndem Gottvertrauen und dem daraus entstandenen Konflikt zwischen seinen Nachkommen verknüpft.

Der Name Isaak bedeutet „Gott hat jemand zum Lachen gebracht“. Damit wird auf das ungläubige Gelächter von Abraham und Sara angespielt, als der Engel ihnen verkündete, dass die alte Sara schwanger werden wird. Isaak hat Abraham und Sara also immer daran erinnert, dass ihr Gottvertrauen auch durch schwere Krisen ging.

Im Namen Jakob ist das hebräische Wort für „betrügen“ enthalten. Tatsächlich hat Jakob betrogen, vor allem als er sich mit drastischen Lügen den Segen des Erstgeborenen erschlich. Entsprechend fragte sein Bruder Esau: „Heißt er darum Jakob, weil er mich nun schon zweimal betrogen hat?

Das bedeutet also: Wenn Gott sich als der „Gott Abrahams, Isaaks und Jakobs“ bezeichnet, nennt er sich damit auch der Gott des Vaters (zu) vieler Völker, des Gelächters und des Betrügers! Ist das nicht unfassbar?

Offenbar schämt sich Gott nicht dafür. Das Versagen dieser Menschen, das sich sogar in ihren Namen wiederspiegelt, hält Gott nicht davon ab, sich zu ihnen zu stellen und ihre Namen direkt mit seinem eigenen zu verknüpfen!

Dass Gott sich zu fehlerhaften Menschen stellt lesen wir oft in der Bibel. Die schonungslose Ehrlichkeit, mit der die Bibel sogar die blamabelsten Pleiten der großen biblischen Glaubenshelden schildert, ist verblüffend. Und trotzdem hat Gott alle diese Menschen gesegnet und sogar Geschichte mit ihnen geschrieben!

Und das, obwohl Gott oft mit ihnen zu kämpfen hatte. Das mündete im Falle Jakobs sogar in einen handfesten Ringkampf, der dazu führte, dass Jakob in „Israel“ umbenannt wurde, was u.a. bedeutet: „Der mit Gott kämpft“. Dieser Name ist in der wechselvollen Geschichte Israels Programm geblieben. Und trotz all dieser Kämpfe hat Gott nicht aufgehört, sich selbst als der „Gott Israels“ zu bezeichnen und treu zu diesem Volk zu stehen.

Diese Leute, mit denen Gott Geschichte schrieb, waren also keine jederzeit blindvertrauenden Gehorsamsmaschinen. Das waren Menschen mit Fehlern, mit Schwächen, mit Brüchen, mit Kanten, mit einem eigenen Willen, der nicht immer stromlinienförmig mit Gottes Willen zusammenpasste.

Offensichtlich kann Gott damit umgehen. Denn trotz all dieser Macken ist Gott regelrecht stolz auf diese Menschen und rühmt sie in Hebräer 11 als Glaubenshelden, an denen er Freude hat und „die zu gut für diese Welt waren“. Wow!

Das tröstet mich. Denn auch mit mir hat Gott oft zu kämpfen. Und ich mit ihm, wenn ich ihn mal wieder nicht verstehe. Aber wenn Gott sich so begeistert zu diesen Menschen stellt gibt mir das Zuversicht, dass diese wundervollen Worte auch mir und meinem Namen gelten:

„Aber jetzt, so spricht der HERR, der dich geschaffen, Jakob, und der dich gebildet hat, Israel: Fürchte dich nicht, denn ich habe dich erlöst! Ich habe dich bei deinem Namen gerufen, DU BIST MEIN.“ (Jesaja 43, 1)

Was macht mir Hoffnung für 2018?

Wenn ich ehrlich bin: Gott allein. Menschlich gesehen ist nicht zu erwarten, dass der Sinkflug der Kirche aufzuhalten ist. Aber bei Gott sind alle Dinge möglich.

Es wird nicht gehen durch effizientere Methoden. Es wird nicht gehen durch bessere Kommunikation. Es wird nicht gehen durch schickere Programme. Es wird nicht gehen durch klügere Argumente. Wenn wir ehrlich sind müssen wir zugeben: Die lähmende Macht der Bequemlichkeit, die alle Teile der Kirche erfasst hat, wird die kleinen Siege, die wir mit solchen Mitteln gewinnen können, mehr als verschlucken.

Es wird deshalb nur gehen durch brennende, vom Heiligen Geist entzündete Herzen. Es wird nur gehen durch opferbereite Leidenschaft für Jesus. Was wir brauchen ist nichts weniger als eine Erweckung. Sonst bleiben wir bei weitem zu seicht und zu oberflächlich, um dem Zeitgeist trotzen zu können.

Hoffnung machen mir deshalb die vielen Hände, die sich trotzig glaubend zum Gebet falten und nicht aufhören, Gott zu suchen. Hoffnung machen mir Lehrer und Prediger, die mehr denn je auf die Kraft von Gottes Wort vertrauen und mutig das rettende Evangelium verkünden. Hoffnung machen mir Hirten, die den Menschen auch auf dunkelsten Abwegen nachgehen und sie zum Vater nach Hause lieben. Hoffnung machen mir Gemeinden, in denen etwas von der Herrlichkeit und Freiheit der Familie Gottes sichtbar und spürbar ist.

Hoffnung macht mir vor allem, dass Gott uns ganz gewiss nicht vergessen hat. Im Gegenteil: Ich bin überzeugt, dass er mehr tun wird, als wir je bitten oder auch nur hoffen würden. Es ist ein Vorrecht und ein Abenteuer, mit ihm unterwegs zu sein. Ich freue mich auf ein spannendes Jahr 2018 und wünsche allen Lesern neue, tiefe Begegnungen mit diesem Gott, der uns sagt:

„Ich will dem Durstigen geben von der Quelle des lebendigen Wassers umsonst.“ (Offenbarung 21,6)